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Shade Empire: (Schi)sprung an die Spitze

Wenn Kuopio erwähnt wird, ist eine Assoziation unvermeidlich – diese Schisprung-Arena… Aber nicht nur Sportler aus diesem finnischen Örtchen ziehen die Aufmerksamkeit auf sich. Shade Empire schafften das mit ihrem neuen Album “Zero Nexus”, das sofort in die Spitzenplätze der Charts einstieg. Klar, dass sie vom Fleck weg für die Sommerfestivals Nummirock und Tuska gebucht wurden. Und es war auch ein Festival, Jalometalli, wo STALKER die Band vor ihrem Auftritt traf und mit ihnen über den Zero Nexus und – logo – Schispringen plauderte….

Bitte stellt euch und die Bandmitglieder doch mal vor; was sind eure lustigsten oder nervigsten Eigenschaften?
Juha: Ich bin Juha, der Gitarrist.
Eero: Ich bin der Bassist Eero.
Juha: Ich glaube, wir sind alle recht lustige Typen, irgendwie.
Eero: Auf `ne bestimmte Weise.
Juha: Und dann gibts noch ein paar faule Säcke (lacht) Unser Sänger macht gern die unterschiedlichsten Leute nach.
Eero: Er ist total talentiert und sollte damit echt zum Fernsehen gehen.

Das wäre vielleicht ganz interessant für das nächste Musikvideo? (Gelächter)
Juha: Das ist eigentlich ne ziemlich gute Idee.

Von wem stammt die Idee zu eurem letzten Video “9 In 1”?
Juha: Ari Reinikainen, der bei dem Video die Regie führte, hatte die Idee und wir haben auch noch unseren Senf dazu gegeben, was man alles machen könnte und so hat sich das alles entwickelt. Wir haben gleich zwei Videos am gleichen Ort gedreht, das nächste Video wird’s auch bald zu sehen geben.
Eero: Wir sind sehr glücklich mit dem Ergebnis. .

Eure neue CD ist auch gleich auf Platz 15 in die Charts eingestiegen – war das ne große Überraschung für euch?
Eero: Dass wir die Charts entern, war keine Überraschung, natürlich hatten wir gehofft, dass sie sich besser platzieren würde als unsere letzte Platte, die es bis auf Platz 25 geschafft hat.
Juha: Wir wären auch damit zufrieden gewesen, wenn es nur ein wenig besser gewesen wäre als Platz 25, aber dann war die Platte gleich 10 Plätze besser als unser vorheriges Album “Intoxicate O.S.”
Eero: Natürlich sind wir mehr als zufrieden mit dieser Platzierung.

Es scheint so, dass eurer Stilmix geradezu für finnische Metalfans gemacht ist. Ihr selbst nennt es „Hybridmetal“, für mich klingt es sehr nach Black Metal und auch die Vocals klingen sehr nach Dimmu Borgir’s Shagrath. Könnt ihr da zustimmen?
Juha: Hmm, das haben wir schon oft gehört, besonders bei unserem ersten Album.
Eero: Wir wurden mit Dimmu Borgir verglichen
Juha: und Hybridmetal wurde von Journalisten aufgebracht, aber ich denke, es kommt unserer Musik schon sehr nahe. Es ist eine Mischung eines sehr großen Musikbereiches, nicht nur Metal.

Wie ist es dazu gekommen, woher kommt es?
Juha: Es ist ganz natürlich so gekommen, wenn Journalisten uns mit Dimmu Borgir vergleichen, dann setzen wir uns ja nicht hin und denken „jetzt müssen wir was ganz anderes machen als Dimmu“…
Eero: Es hat sich einfach so entwickelt
Juha: Yeah
Eero: Wir bewegen uns, denke ich, immer weiter weg von Black Metal.

Aber eure Wurzeln habt ihr im Black Metal? ?
Juha: Keine Ahnung, es ist doch so, wenn wir zum Beispiel nen anderen Sänger hätten, dann wäre es gar nicht so sehr Black Metal. Wir haben unserer Musik nie irgendwelche Grenzen gesetzt, wir sind offen für alles. Wenn es cool klingt, müssen wir es machen. Das ist die Hauptsache.

Deshalb habt ihr also dieses Saxophon… (Gelächter)
Juha: Es ist ja nicht so, dass wir zu viele Pornos geschaut hätten und deshalb nen Saxophon benutzen. Es klingt nur einfach ziemlich cool. Die Idee war schon so pervers, als wir nur anfingen, darüber nachzudenken und so mussten wir es einfach auch auf dem Album mit einbringen.
Eero: Bei unserer Musik, sei es Hybridmetal oder sonst irgend ein Stil, geht es hauptsächlich darum, für jede bekloppte Idee offen zu sein, wie eben dieses Saxophon. Wenn irgendjemand so eine Idee hat, dann ist es schon Grund genug, es auszuprobieren.
Juha:Yeah, und im Prinzip mögen die meisten von uns Jazz oder auch andere Musikrichtungen. Wir hören nicht nur Metal. Eigentlich, ist Metal, bei dem was wir hören, das Unwichtigste, denke ich.

Ihr habt also alle einen sehr breiten Musikgeschmack, habt ihr denn auch alle einen unterschiedlichen Hintergrund, wie zum Beispiel andere Bands? Da ihr Finnen seid, wie viele Nebenprojekte hat jedes Bandmitglied?
Juha: Hmm, unser Drummer hat noch eine andere Band und unser Sänger ist bei Ajattara (Bass und Hintergrundgesang, Anm. d. Red.)
Eero: Für alle anderen ist Shade Empire die einzige Band.

Seid ihr alle aus Kuopio?
Juha und Eero: Ja

Wie ist es da so (lacht)
Juha: Du warst noch nie in Kuopio? Verdammt noch mal, schon so lange in Finnland und noch nie in Kuopio gewesen???
Eero: Es ist der genialste Ort in Finnland und du warst noch nie da – WARUM??? (Gelächter)

Nuuuuuun ja – ich hab die Skisprungarena im Fernsehen gesehen und vielleicht kann ich ja noch was von dieser neuen Fernsehsendung „Paskareissu“ (Übersetzung „Scheißreise“, der Moderator macht sich über Reisesendungen lustig und präsentiert die seltsamsten, hässlichsten und langweiligsten Orte in Finnland, Anm. d. Red.) lernen.
Juha: In Kuopio gibt’s ne ganze Menge an Metalbands, wie Turmion Kätilöt, Deathchain und all die sind in Finnland schon ziemlich bekannt
Eero: Ich denke, dass es zwischen den Bands ne gute Stimmung gibt, wir sind alle befreundet

Im Vergleich zu der Szene in Helsinki, wie ist es in Kuopio? Gibt’s da viele Metalbars und Liveclubs?
Juha: Ich kenn die Szene in Helsinki nur, von dem was ich lese und höre, also kann ich dazu nicht viel sagen. Henry’s Pub in Kuopio ist nen recht netter Ort für Gigs.
Eero: In Kuopio sollte es mehr Leute geben, die Sachen organisieren, das ist der Hauptgrund, warum es nicht so ein großer Veranstaltungsort ist, wie das Tavastia oder so
Juha: Diese Szene Sache, es ist Tatsache, dass, wenn wir in Helsinki wären, dann wäre es viel einfacher Kontakte zu knüpfen. Man trinkt einfach mit irgendeinem Kerl in ner Bar und das könnte dann der Chef von Spinefarm, BMG oder so was sein und dann freundet man sich an – so was ist in Kuopio unvorstellbar (Gelächter)

Habt ihr euch als Kinder denn auch am Skispringen versucht?
Eero: Ich war als Kind beim Skisprungtraining, ich bin allerdings nicht richtig von der Schanze gesprungen, aber ich war mal beim Training.
Juha: Da, wo wir herkommen, gibt’s so nen kleineren Hügel, dort bin ich als Kind mal gesprungen. Kennst du Ari-Pekka Nikkola?

Ja, ein berühmter finnischer Skispringer (er hat seine Karriere vor 10 Jahren beendet, Anm. d. Red.)
Juha: Er ist jetzt der Cheftrainer der Slovenen und er ist auch nen Arbeitskollege meines Vaters (Gelächter). Ich hab ihn schon mehrmals getroffen…

Wie sieht’s mit Matti Nykänen aus (ein weiterer ehemaliger finnischer Skisprungheld, derzeit eine eher zwielichtige Mediengestalt mit einer „Karriere“, die unter anderem Gefängnisaufenthalte, Pornofilme und ein eigenes Bandprojekt beinhaltet, Anm. d. Red.) ?
Eero: Matti hat dieses Jahr die Veteranen-Weltmeisterschaften (im Skisprung) gewonnen!
Juha: Ich hab grad ne Doku über ihn im Fernsehen gesehen, „Matti’s Neuanfang“. Es ist ne totale Schande…armer Kerl…
Eero: Ja, heutzutage…aber er war ein großartiger Skispringer.
Juha: Wahrscheinlich der beste Skispringer überhaupt, aber trotzdem…na, du weißt schon

Vor kurzem hab ich mit Freunden darüber diskutiert, dass es so was wie Starrummel in Finnland gar nicht gibt und wir haben lange überlegt, wer so was wie ein finnischer Prominenter sein könnte und die einzige Person, die uns einfiel war…
(alle gleichzeitig): ….Matti Nykänen (Gelächter)
Juha: Ich denke ganz genau so.
Eero: Jede Woche ist er auf irgendeinem Titelbild.
Juha: Und die Leute, die zu einem von Mattis Gigs gehen, gehen auch nur, um zu sehen, ob er betrunken ist und ob er schief singt…
Eero: Normalerweise singt er Playback
Juha: Es fesselt die Leute immer noch
Eero: und bei seinen Gigs sind immer viele Leute…
Juha: Ja, das ist unglaublich – er singt so schlecht, trifft keinen Ton
Eero: die Musik ist fürchterlich
Juha: und trotzdem sind die Gigs immer ausverkauft…einfach unglaublich. Das gilt natürlich nur für Finnland. Oder Deutschland (Gelächter)

Ich kenne auch ein paar Beispiele aus Österreich… aber darüber will ich jetzt nicht reden (Gelächter). Ich denke, in jedem Land gibt’s ein ähnliches Phänomen… man denke nur an den Grand Prix d’Eurovision…
Eero: Matti war nicht beim Grand Prix…

NOCH nicht!!! (Gelächter)
Juha: Ja, dann bekäme er auch eine Menge Fans in Mitteleuropa. Wäre besser als Teräsbetoni.
Eero:Oder Lordi (Gelächter)
Juha: Stellt euch nur vor, Matti ist so erfolgreich wie Lordi, er gewinnt den Grand Prix und tourt um die ganze Welt…

OH NEEEIIIIN! Apropos Grand Prix – würdet ihr dort spielen?
Juha& Eero:Neeeeee!!!
Eero: Der Grand Prix ist nicht für diese Art von Musik…
Juha: Aber wenn uns jemand fragt – warum nicht? Wir würden es definitiv machen!

Vielleicht sollten wir nun zum Zero Nexus Album zurückkehren – welches Konzept steckt dahinter, worum geht es in den Texten, und wer schrieb die?
Eero: Harju, unser Sänger, schreibt die Texte
Juha: Die Hauptsache beim Zero Nexus ist, dass es neun Leute gibt…
Eero: und sie führen ihre eigenen Aufgaben aus, ohne voneinander zu wissen, und ihre Geschichten werden im Zero Nexus Song zusammengefasst, dem letzten Track, und der Zero Nexus öffnet sich.
Juha: Diese neun Leute haben dasselbe Ziel, also…
Eero: das Ende der Welt
Juha: den Zero Nexus zu öffnen. Aber sie wissen nicht, dass sie alle am selben Ziel arbeiten, und sie kennen sich nicht…

Durch den Video erhältst du den Eindruck, dass es was mit Planeten zu tun hat, da gibt es eine Planetenkarte oder so…
Juha: Yeah, und die Story geht im nächsten Video weiter, wird etwas klarer und wird eher… naja… stilvoller als der erste.

Also gibt es ein Konzept, die Songs sind miteinander verbunden?
Eero: Ich glaube nicht, dass es daran hindert, die Songs individuell anzuhören. Jeder Song erzählt eine Geschichte, und im letzten werden diese verbunden.
Juha: Yeah, Song 8 “Ecstasy Of Black Light” ist der Höhepunkt, der Zero Nexus wird geöffnet, und ihm letzten Song wird alles verbunden, in Rückblenden

Warum seid ihr vom italienischen Label Avantgarde weg zum finnischen Dynamic Arts?
Juha: Naja, Dynamic Arts waren schon damals an unserem Demo interessiert, ehe wir zu Avantgarde gingen fürs erste Album. Avantgarde haben auch gute Arbeit geleistet, was das Veröffentlichen des Albums betrifft – und das war es dann eigentlich schon.
Eero: Es ist schwierig zu kommunizieren, nur über E-Mail, warten auf ne Antwort
Juha: Dann waren Dynamic Arts interessiert, sie sind im Untergrund viel aktiver. Die Labels haben das untereinander ausgehandelt, tauschten Papiere – das wars.

Eure Pläne in naher Zukunft?
Juha: Wir spielen bei einigen finnischen Festivals
Eero: Eine Europatour wäre toll, hoffentlich klappt das. Wir wissen noch immer nicht genau, wann die CD ausserhalb von Finnland veröffentlicht wird, da wird noch verhandelt.

Zum Abschluss, eine abgefahrene Tourstory, euer schlimmster Gig?
Eero: Schwierig
Juha: Eigentlich haben wir noch keine wirklich üblen Gigs gehabt – wir haben da wohl Glück, lasst uns auf Holz klopfen (lacht)

Ihr habt letztes Jahr bei der PopKomm in Deutschland gespielt, passierte da was, ein Konflikt der Kulturen?
Eero: Yeah, wir erwischten den falschen Bus, fuhren drei Stunden rum “Wo zum Teufel sind wir?”
Juha: So ein Londoner Bus, und wir fuhren stundenlang im Kreis (lacht)
Eero: Wir stiegen irgendwo ein, da wir unser Hotel finden wollten
Juha: Unser Label Manager war schuld
Eero: ”Ich weiss wo wir sind, ich war schon mal hier” (lacht)
Juha: Grosse Worte, yeah. “Ich weiss wo´s langgeht” (lacht), und wir waren auch total besoffen, wahrscheinlich einer der Gründe, warum wir uns so verirrten… aber die PopKomm war eine tolle Erfahrung, und es war lustig. Wir sind ja noch nicht so bekannt, und dann hörten wir, dass da ein Typ aus einer anderen Ecke Deutschlands 600 km angereist war, um uns zu sehen, er stand dann in der ersten Reihe, sang alle Songs mit – und das zu erleben war einfach toll.

Danke fürs Interview!

Klaudia Weber

Rücksichts- und gnadenlose Diktatorin, kniet vor mir! Anders gesagt: Chefredakteurin, Übersetzerin, Webseiten- und Anzeigenverwaltung, also "Mädchen für alles" - - - Schwerstens abhängig von Büchern (so ziemlich alles zwischen Herr der Ringe und Quantenphysik) und Musik, besonders von Metal finnischer Prägung. Weiters Malen, Zeichnen, Film, Theater... also könnt ihr mit einer vielseitigen Website rechnen. Mag.phil., zwei in 5 Jahren parallel abgeschlossene Vollstudien (English & American studies, Medienkommunikation) und stolz darauf, denn als Mädel aus einer Arbeiterfamilie in einem erzkonservativ-katholischen Land ging das nur dank Stipendium und etwas später im Leben als andere....