Before The Dawn – 7 Todsünden von Tuomas und Lars
Den Song “Faithless” widmeten sie den Todsünden, und ein anderer heißt „Wrath“ (am neuen “Deadlight”-Album), also müssen Tuomas “Demon” Saukkonen und Lars „Eliminator“ Eikind von Before The Dawn doch echte Experten sein, die ernsthaft und philosophisch tiefschürfend über dieses Thema diskutieren können. Oder etwa nicht? Nunja, immerhin erfahrt ihr hier, warum bei ihnen sechs Todsünden völlig ausreichten, welche geheime Lust Tuomas hegt, und warum es gefährlich ist, Lars im Supermarkt zu begegnen…
Neid
Lars: Ich glaube nicht, dass uns viele Leute beneiden, obwohl… das kommt vor.. Ich glaube, viele beneiden den Erfolg, den wir damit haben, dass wir sowas Simples machen, worum uns doch wirklich keiner beneiden müsste… und, äh, das war jetzt nur Schrott…
Tuomas: Ich glaube, viele Leute beneiden uns ein wenig, weil sie nicht das Gesamtbild kennen, sie sehen uns auf der Bühne, lesen Interviews, sahen uns im Fernsehen oder hörten „Deadsong“ im Radio und glauben daher, dass wir mehr Erfolg haben, als es eigentlich der Fall ist. Sie glauben, dass uns die Leute das Geld nachschmeissen und wir schon Mercedes S Klasse fahren oder sowas, was nicht der Wahrheit entspricht, und sie sehen nicht die viele Arbeit, die dahinter steckt, also beneiden sie uns aus dem falschen Grund. Es gibt auch welche, die uns beneiden und unfreundliche Anmerkungen im Gästebuch hinterlassen, besonders auf mich bezogen… und ich bin ein wenig auf die Glückspilze neidisch, die im Lotto gewinnen, keinen Tag in ihrem Leben mehr arbeiten müssen und sich darauf konzentrieren können, was sie wirklich tun wollen. Ich wäre so froh, wenn ich nur Musik machen könnte und nicht auch nebenbei arbeiten müsste…
Lars: Mein Neid betrifft all die Leute, die im Prinzip dasselbe machen wie ich, aber nur 10 x mehr Geld damit machen. Ich bin seit fast 20 Jahren Musiker, ich sehe Leute, die ich seit meiner Kindheit kenne, sogar einer meiner Gitarrenschüler – die machen nun MILLIONEN, und ich sitz hier und muss mir Geld borgen…
Faulheit
Lars: Ich bin ja eigentlich ein Workaholic, ich kann keine Sekunde still sitzen, gleich am frühen Morgen nach dem Aufstehen muss ich was tun, und das ist – absolut nichts! Ich checke meine E-mail, lese was im Internet – ich mach nichts. Ich übe nie, weder Gitarre spielen noch singen, ich geh einfach ins Studio oder auf die Bühne… ich glaube also, ich bin der Weltmeister bei „faul sein – und ungestraft davonkommen“!
Tuomas: Ich bin wohl das Gegenteil von faul, was schon ein wenig zum Problem wurde. Ich wäre gerne faul, wenn es ginge… aber es gibt Dinge, die ich erreichen will, also ist dazu keine Zeit. Ich glaube, ich beneide faule Leute, denn sie wissen, wie man sich entspannt, und ich kanns nicht. Ich hab meine Ziele und bin entschlossen, hart daran zu arbeiten, dass ich sie erreiche. Aber sobald ich Millionär bin, hab ich dieses riesige Sofa, wo ich den ganzen Tag rumliege!
Völlerei
Lars: Ich esse in meinem Leben nicht so viel… aber bin wohl Weltmeister im Trinken… es gibt da so mysteriöse Kommentare in diversen Foren, dass ich zu viel trinke, wenn ich auf der Bühne stehe. Ja, ich trinke viel, denn ich will meinen Spaß haben, aber ich bin kein Alkoholiker. Absolut nicht.
Tuomas: Ich muss trinken, sonst sterbe ich, nur ist da kein Alkohol drin. Aber ich liebe Essen, viel davon und gutes Essen, da geb ich viel Geld dafür aus.
Lust
Lars: Ich glaube, ich habe so allgemein eine fast perverse Lust aufs Leben, ich meine, auf der Bühne stehen und für tausende Leute spielen, Sex, mir die Hucke vollsaufen – all das, was so fucking cool ist und normale Leute nicht machen können, weil sie zur Arbeit müssen. Ich habe diese Lust und Begierde auf alles, was überdrüber cool ist, und hey, ICH MACHE ES!
Tuomas: Geht mir ungefähr gleich, aber wir beide haben eine andere Art, unsere Lust zu verarbeiten. Natürlich gibt’s da ja noch sexuelle Gefühle, aber jetzt nicht füreinander …(Kichern im Hintergrund) logischerweise… (mehr Gekicher) obwohl… wegen deinem Saufen bist du ja so oft ohnmächtig – da hätte ich ja die Möglichkeit, meine Lust zu befriedigen (Gelächter) Aber ich kann mich ja beherrschen… (schallendes Gelächter)
Ich glaube, ich habe dieselbe Lebenslust, so im allgemeinen, ich will leben und die Dinge tun, die ich tun will, weil ich ja wohl nicht ewig lebe, also…
Zorn
Lars: Ich bin kein gewalttätiger Mensch, ich war in ein paar Raufereien verwickelt, aber ich bin niemand, der hasst… ich bin vielleicht mal sauer, aber zwei Sekunden später wieder gut drauf. Ich hab keinen Zorn oder Hass in mir. Ich tobe mich bei den Sachen aus, die ich gerne mache, also ist Zorn und Lust für mich dasselbe, eben wie man es ausdrückt.
Was mich echt ankotzt (Stimme im Hintergrund: „Wenn das Bier alle ist!“) – ausser, wenn das Bier alle ist – wenn Tiere gequält werden, da zuck ich echt aus.
Im Alltagsleben sind das auch alte Leute, die sich in der Schlange an der Supermarktkasse vor dich reinschmuggeln, nur weil sie alt sind. Da könnt ich sie alle töten. (Gelächter im Hintergrund) Diese alten Leute. Ich meine, die sterben eh bald, also who gives a fuck. (mehr Gelächter) Aber ich bin mir nicht sicher, ob man das wirklich Zorn nennen kann. Ich bin ein fröhlicher Zeitgenosse. Hey, I´m not a fighter, I´m a lover.
Tuomas: Du bist also ein Lover, der das Bedürfnis hat, alte Leute im Supermarkt zu killen… (Gelächter) also als un-fröhlicher Zeitgenosse bringst du gleich alle alte Leute um, wenn du in den Supermarkt reinkommst, damit sich nur ja keiner vordrängelt (noch mehr Gelächter)
Lars: Wir alle haben unsere Leichen im Keller liegen. (Gekicher)
Tuomas: Wir alle werden irgendwann mal wütend. Aber ich glaube nicht, dass mein Zorn größer ist – oder war – als der von Lars im Supermarkt… ich war im Studio ziemlich sauer, denn die gesamte Situation war stressig, der Drummer baute Scheiße, ich war sehr frustriert und müde und zornig, ich musste die Drums selbst einspielen, und wir verloren fünf Studiotage, und das, wo wir eh nicht so viel Zeit hatten – daher auch der Song „Wrath“. Aber ich glaube nicht, dass ich Zorn in mir habe, obwohl ich manchmal wütend werde. Ich hab mir große Ziele gesteckt, und wenn du sie erreichen willst, geht manchmal was daneben. Wenn du viel tust, sind auch die Chancen höher, dass was schiefgeht, und dann bin ich frustriert. Aber auf mich selbst wütend zu sein ist jedoch Zeitverschwendung, denn es gibt dafür genügend andere Leute – FALLS ich mal wütend sein muss.
Gier
Lars: Ich kann nie genug kriegen, von allem. Wie bereits gesagt, ich hab diese verrückte Lust nach Leben, ich will alles… als ich den Sponsorvertrag mit Dean Guitars kriegte, wollte ich diese bestimmte Bassgitarre einfach haben, ohne mir vorher zu überlegen, wo ich das Geld dafür herkriege. Ich wollte sie einfach haben, das ist doch sowas wie Gier. Bin ich geldgierig? Nein. Eher bei dem, was ich machen, Job, Musik. Ich will der coolste Musiker sein, der jemals diese Erde wandelte. Bin ich ja auch… ich rede nur noch Schrott… ich hab darauf keine gute Antwort.
Tuomas: Ich bin wohl nicht gierig, was Materialistisches betrifft, aber ich will Dinge erreichen. Ich will zum Beispiel 10 Alben herausbringen, ehe ich 30 bin. Und das ist sowas wie Gier, und ich stecke viel Arbeit da rein, nur damit Dinge vorwärtsgehen, ich warte nicht nur einfach drauf… aber ich bin mir nicht sicher, ob das was mit Gier zu tun hat…
Lars: Das ist doch eher Lust. Ich glaube, Lust und Gier sind in etwa dasselbe.
Tuomas: Ja, aber da gibt es doch Unterschiede… ich habe Lust bei dem, was ich mache, darum will ich ja nur Musik machen… aber das ist doch nicht… also, ich bin nicht gierig.
Eitelkeit
Lars: Naja, ich sehe mich nicht als eitel. Wenn du meinen Schrank gesehen hättest und meine Klamotten… ich hab es gern bequem, ich schere mich nicht darum, ob meine Klamotten Scheiße aussehen, ob meine Haare in alle fucking möglichen Richtungen wegstehen… die einzige Eitelkeit ist – ich versuche verzweifelt, ich selbst zu sein, und schaffe es nicht. Denn immer wenn ich ich selbst sein will, ist es eher wie eine Person zu spielen, die ich sein will, denn ich hab keine Ahnung, wer ich eigentlich bin. Und das ist eine Art von Eitelkeit, jemand sein zu wollen, der man nicht ist, manchmal.
Tuomas: Du hast das Problem erkannt, das hilft bei der Heilung. (Gekicher im Hintergrund)
Lars: Nicht ich hab das Problem erkannt, sondern meine Freundin, die mir sagte „Schmeiß diese Klamotten auf den Müll, schmeiß das weg, und zieh das nicht an, tu das nicht.“
Tuomas: Dafür gibt es einen Ausdruck, der nichts mit Eitelkeit zu tun hat: „Unter dem Pantoffel stehen“ (Gelächter im Hintergrund)
Lars: Nein nein nein, ich bin kein Pantoffelheld. (mehr Gelächter) Ich glaube, ich brauche in meinem Leben einen Modeberater.
Tuomas: The fabulous five … (Gelächter) *)
Lars: Meine Eitelkeit ist sowas von unter Wahrnehmbarkeitsgrenze, kaum vorhanden. Aber… ICH MAG – FARBEN (Gelächter) Als ich mir diesen Yamaha Bass kaufte, dachte ich „Hey, der ist grün, und golden – NETT!“ Das ist meine Art von Eitelkeit, alle haben schwarze Instrumente, aber hey, ich habe eine grüne-und-goldene Bassgitarre. Ich bin so fucking cool.
Tuomas: Ich würde sagen, dass ich überhaupt nicht eitel bin.
Lars: Du hast Tattoos, ist das nicht Eitelkeit?
Tuomas: Ich hab die Tattoos nicht, damit ich besser oder cool aussehe, da steckt eine tiefere Bedeutung dahinter. Ich glaube nicht, dass das Eitelkeit ist, das ist SELBSTENTFALTUNG! Ich liebe mich selbst, auf gesunde Art, wir alle nehmen uns doch selbst wichtig, wir alle haben unsere Bedürfnisse und wollen… uns selbst… zufriedenstellen (Gekicher im Hintergrund)… was … nun… etwas… seltsam klingt… wenn ich das so ausdrücke… (Gelächter)
Manchmal mag ich ein Foto von mir nicht – wenn ich brülle mit weit offenem Mund, da kannst du ne Wassermelone reinwerfen, ohne meine Zähne zu treffen.. ich glaube, da seh ich ziemlich dämlich aus, und das ist nicht Eitelkeit, das ist Realität. Oder, Lars, glaubst du, ich sehe cool aus mit dem Mund weit offen?
Lars: Äh… das ist nicht SEXY. (Gelächter) Aber das ist eben, was du so machst, du brüllst, mit offenem Mund…
Lars: Manchmal meckere ich über Fotos, aber ich glaube, das macht jeder, wenn du glaubst, dass du da dämlich aussiehst. Natürlich ist mir der künstlerische Ausdruck wichtiger als wie ich dabei aussehe… andernfalls würde ich eine Menge anders machen…
*) bezieht sich auf eine auch in Finnland beliebte amerikanische TV-Serie „Queer Eye for the Straight Guy“, wo fünf homosexuelle Experten in Sachen Mode, Essen und Wohnkultur einem Heterosexuellen ein totales Makeover verpassen
Autor: Klaudia Weber, photos: K. Weber
Datum: 2007-08-03