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Rock Hard Festival 2005

Freitag

Angekommen drängelten sich mindestens genauso viele Leute um den Stand der Kaffee ausschenkte, wie um die Bierstände, denn kalt war´s. Die ersten beiden Bands, Regicide und Sunride hatte ich verpasst und von Abandoned nur die letzten zwei Songs gehört. Sehen konnte ich nicht sehr viel, denn trotz Kälte war es richtig voll vor der kleinen Bühne. Was da an mein Ohr drang war guter alter Bay Area Thrash und angesichts des Publikums waren wohl die Songs die ich verpasst hatte ähnlich und zum warmfeiern gut geeignet.

Girlschool

Nach dem letzten Album war nicht nur ich gespannt wie ein Flitzebogen die Mädels mal live in Aktion zu sehen. Leider hielten sie live nicht was ich mir von ihnen versprochen hatte. Die Performance war recht langweilig und auch musikalisch konnten die Damen mir nur ein „ganz ok“ entlocken. Schlecht waren sie nicht, aber auf ihrem Silberling klang alles nach mehr. (SA)

Samstag

Die Bands, die bis zum frühen Abend spielten hatten eine harte Konkurrenz, denn zeitgleich fanden zwei Fußballspiele (BVB VS. FC Schalke 04 und VFL Bochum VS. VfB Stuttgart) statt, die einige aus der Region hin und her gerissen haben mögen. Glücklicherweise waren nicht alle so Fußball-verrückt wie meine Freunde, die erst gegen Abend eintrudelten, und schon die ersten Bands konnten vor einem zahlreichen Publikum loslegen. (SA)

Communic

Communic, die Prog-Shootingstars aus Norwegen hatten die Ehre, das Spektakel einzuläuten und zur Überraschung aller, war das Amphitheater
schon voll, als die Jungstars loslegten! Viele Leute kannten Communic anscheinend von ihrem tollen Debutalbum bei Nuclear Blast und feierten
die Band würdig ab. Die etwas steife Bühnenshow wich dadurch schnell einem Dauergrinser im Gesicht von Sänger und Gitarrentalent Oddleif
und bei jedem Song blühte die Band mehr auf! Kein Wunder, denn Stücke wie „History Reversed“, „Ocean Bed“ oder der Hit „Conspiracy in Mind“ kamen live genauso perfekt und subtil rüber wie auf CD. Ein Traum! (CT)

Heaven Shall Burn

Nach dem ersten emotionalen Höhenflug mit Communic wurde man wieder auf den Boden der Realität zurückgeholt, denn Heaven Shall Burn knallten uns mit beinhartem Metalcore das eine und andere Brett um die Ohren. Da man den Originalschreihals mit Grippe daheim lassen musste, borgten sich die Jungs mal eben den Maroon Shouter aus. Irgendwie wollte der Funken bei manchen nur nicht so richtig zünden, was wohl auch an der Tatsache lag, dass der Sound von Heaven Shall Burn bei dem Metalcore unerprobten Publikum erst ein wenig Anlaufzeit brauchte. Außerdem waren Ansagen wie „Wir trinken alkoholfreies Bier“ auf einem Metalfestival ebenso fehl am Platz wie ein Veganer in der Metzgerei. Prost! (CT)

acceot15

photos: Diana Nitschke, Samira Alinto, Caroline Traitler

Ensiferum

Längst zu einer Größe ihres Genres geworden und kein Geheimtipp mehr wurde es richtig voll als die Finnen die Bühne in Besitz nahmen. Ensiferum machen Spaß und haben Spaß… genau das vermittelten sie gleich vom ersten Song an. Petri Lindroos Bühnenoutfit warf bei mir die Frage auf, ob der Frontmann eine Wette verloren hatte, denn einen kuhfellfarbenen Cowboyhut sieht man auch nicht alle Tage. Ensiferum-Hits wie Treacherous Gods“, „Hero in a Dream“ und „Lai Lai Hei“ wurden vom Publikum soweit es ging mitgegröhlt und die ersten Mittagsdiver waren auch zu beobachten. Ein rundum gelungener Auftritt! (SA)

The Haunted

Angeheizt von Ensiferum verausgabten sich große Teile des Publikums bei The Haunted dann völlig und stellten die Security vor einige Probleme (die sie aber gut lösten). Thrash in Reinkultur trifft am besten, was die Schweden hier ablieferten. Ein paar kleine Soundprobleme fielen daher gar nicht ins Gewicht. Peter Dolving wütete auf der Bühne dermaßen herum, dass der Rest der Band fast unbeweglich wirkte. Mit viel bissigem Humor und einer guten Show verabschiedeten The Haunted sich nach einer Stunde und räumten das Feld für Samael. (SA)

Samael

An Samael-Konzerte denke ich bis auf wenige Ausnahmen immer mit einem Gewissen Grauen zurück. Nicht, dass die Band jemals eine schlechte Show abgeliefert hätte, doch scheinen die meisten Mischmeister so ihre Probleme mit den zum Großteil synthetisch erzeugten Klängen zu haben. Als das Schweizer Quartett in den Nachmittagsstunden die Bühne am Rhein-Herne-Kanal enterte schwante mir schon wieder böses: Undifferenziertes Trommelgewummer, schwammige Keyboardwände, viel zu lauter Gesang, dafür fanden die Gitarren sicherheitshalber gar nicht statt. Das änderte sich glücklicherweise während der ersten drei Songs, so dass der Rest des einstündigen Sets das Prädikat „herausragend“ verdiente. Trotz etlicher Titel vom neuen „Reign of Light“-Album ließ die Songsauswahl kaum Wünsche offen. Sogar der „Ceremony of Opposites“-Übersong „Baphomet’s Throne“ wurde zum Besten gegeben. Abstriche gab’s lediglich für die aufgrund der Tageszeit nicht vorhandene Dunkelheit, die dem Anlass mehr als angemessen gewesen wäre. (Konz)

Sonata Arctica

Nach der trotz der frühen Tageszeit düsteren Show von Samael war der Kontrast zu Sonata Artica ziemlich krass! Nichtsdestotrotz schafften es Sonata Arctica das Publikum von wunderbar melancholisch auf Partystimmung umzuschwenken. Jani Liimatainen bei dem ausgefallene T-Shirts schon zum Programm gehörten schien eventuellen Gerüchten vorbeugen zu wollen und trug ein plakatives „I love vaginas“-Shirt was Reaktionen von befremdlich bis zu breitestem Grinsen nach sich zog. Spaß machte die Show und zum Ende hin bildete sich im Publikum sogar eine Polonaise… Der mittlerweile etwas abgedroschene Joke bei dem die Band neben einigen Covereinspielern einen „We Want Vodka“-Song zum Besten gaben war für mein Gefühl etwas über das Ziel hinaus, aber das Publikum schien es nicht zu stören. (SA)

Amon Amarth

Als sich die Sonne langsam senkte und das Zwielicht die Bühne erleuchtet, kamen die Wikinger von Amon Amarth auf ihren Drachenboten angesegelt, um das Amphitheater zu Erobern und dabei keine Gefangenen zu machen. OK, ersteres entspricht nicht ganz der Wahrheit, hätte sich allerdings sicherlich gut gemacht. Die Geschichte mit dem brutalen Siegeszug ist dagegen eher untertrieben. Die Fünf Schweden haben offensichtlich im letzten Jahr einen enormen Popularitätsschub erlebt, was nicht nur steigende Verkaufszahlen, sondern auch starkes Publikumswachstum vor der Bühne zur Folge hatte. Dort basngte man sich vor allem zu Songs des aktuellen Outputs ordentlich die Nackenwirbel kaputt. Die Band selbst war verdammt tight eingespielt, poste gut und lies auch sonst keine Wünsche offen. Starke Vorstellung. (Konz)

Children of Bodom

Bei den finnischen Shootingstars war die einzige kleine Fehlbesetzung des Festivals offenkundig: Alexi „Stumpf“ Laiho und seine Kollegen waren definitiv der Headliner des Samstags – und nicht Jon Olivia. Obwohl man während der ersten Songs noch mit technischen Problemen zu kämpfen hatte (offensichtlich hatte Alexis Gitarre noch nicht genügend Wodka intus und versagte regelmäßig den Dienst), gab es für die Menge von den ersten Tönen an kein Halten mehr. Jeder einzelne Song wurde frenetisch abgefeiert und dass die Kinder aus Bochum technisch zu den absoluten Ausnahmekönnern des Genres gehören, bedarf wohl auch keiner weiteren Worte mehr. Mir lag allerdings in Sachen Songauswahl das Augenmerk etwas zu sehr auf den jüngsten Veröffentlichungen. Aber man kann’s halt nicht jedem recht machen. (Konz)

Jon Oliva

Also normalerweise gehöre ich ja nicht zu den Leuten, die sich mit Sätzen wie „Ich hab’s ja vorher gesagt…“ unbeliebt machen, aber es war mir schon immer schleierhaft, wie man den Mountain-King überhaupt als Headliner verpflichten und darüber hinaus noch nach Children Of Bodom auf die Bühne stellen konnte. Und es kam was kommen musste: Die Massen waren nach den Finnen mehr als ausgelaugt und traten entweder den Heimweg an oder lauschten maximal andächtig den musikalischen Darbietungen. Trotz etlicher Savatage-Klassiker ging da außer dem obligatorischen Höflichkeitsapplaus nix mehr. Und dank gefühlter Endlosklimpersoli kam von der Bühne auch nicht gerade viel anheizendes, die letzten Kraftreserven zu mobilisieren. Verschenkt! (Konz)

Sonntag

Wolf

Die schwedischen Wölfe zeichneten sich schon am Vortag durch besoffene Glanzleistungen aus. „You wanna fuck?“ war die subtile Anmache der alten Herren und es war eigentlich ein Wunder, dass sie sich bei so viel Feingefühl keine Ohrfeige einfingen oder nicht einfach Kopfüber in den Kanal geschmissen wurden. A propos Kanal, einer der Wolfsmänner wurde Spätabends noch Backstage gesichtet, wie er mit einigen Promille in den Kanal pinkelte und dabei gefährlich schwankte. Wirklich ein Wunder, dass da keiner unterging! Unter ging allerdings ein wenig die Show am nächsten Tag. Ob das am Restalkohol, am Kater oder am kranken Sänger lag sei dahingestellt, doch eins muss man den Old School Metallern lassen, sie posten sich für die kleine aber feine Meute von Kuttenträgern vor der Bühne den Arsch ab! „this is our worst show but you are the best crowd ever“ bedankte man sich am Ende noch, bevor es wieder auf Bier- und Frauensuche ging. (CT)

Threshold

Threshold, die schon vor zwei Jahren hier waren und durch einen heftigen Regenschauer von der Bühne vertrieben wurden, hatten jetzt die Chance bei schönstem Sonnenschein zu zeigen, was Prog Metal ist! Und das taten sie auch. Es war eine wahre Freude der Band zuzusehen und vor allem Sänger Mac schien jede Sekunde des Auftritts zu
genießen, flitzte über die Bühne, wirbelte sein Mikro durch die Luft, küsste den Boden und stieg auch gern mal auf die Boxen in den Fotograben, um noch näher am Publikum zu sein, ohne dabei auch nur einmal krumme Töne zu erreichen. Mit „Mission Profile“ gelang den Proggern auch ein guter Einstieg und Songs wie „Ground Control“ und
„Pressure“ wurden ebenfalls dankbar vom begeisterten Publikum aufgenommen. Daumen nach oben für diese tolle Performance! (CT)

Pretty Maids

Laaaaannggggweeeiiiiiilllllllliiiiigggg! So war’s. Keine Diskussion. Auch wenn die Pretty Maids aufgrund ihrer Vorreiterstellung sicherlich eher den Sound fabrizieren dürfen, an dem sich derzeit zahllose Epigonen versuchen, hatte die Show wirklich kaum mitreißendes. Die Songs bewirkten nur selten mehr als ein müdes Fußtippen, die Bühnenshow wirkte wenig spontan. Immerhin hatte man mit „Back to Back“ und „Future World“ zwei durchaus gefällige Hits im Set, die den Auftritt davor bewahrte, im völligen Desaster zu enden. (Konz)

Overkill

Ich habe ja mit Overkill schon immer so meine Probleme gehabt. Musikalisch gehen die Amis seit jeher mehr als völlig in Ordnung doch zerrt der fiepsige Gesang von Bobby Blitz doch immer umgehend am Nervenkostüm. Da man sich auch jetzt keine neuen Stimmbänder zugelegt hatte, konnte auch der Auftritt beim Rock Hard Festival nicht völlig überzeugen. Daran änderte auch das agile Stageacting, der fette Sound und das perfekte Zusammenspiel nichts. Sorry! (Konz)

Sentenced

Normalerweise stehe ich weiß Gott nicht auf Düster-Rock, verkommt so was doch gerade live eher in leicht gitarrengestütztes Pop-Geseier mit schwülstigem Gesang. Doch bei dem, was Sentenced am Sonntagabend als Co-Headliner auf die Bretter zauberten war schon beeindruckend. So mancher Kutteträger in meiner Umgebung wischte sich ungläubig die Augen und Ohren und raunte dem Nebenmann so etwas wie: „Meine Fresse, die gehen ja richtig nach vorn.“ Richtig, denn ungleich HIM oder anderen Musikfernsehen-Weichspülern lag hier die Betonung eindeutig auf „Rock“. Man besann sich offensichtlich auf seine Metal-Wurzeln, mischte das ganze mit ordentlich Hooklines und Bewegungsfreude und fertig ist ein weiterer Höhepunkt des Festivals. Schade, dass sie die Finnen nach dem Festivalsommer in die ewigen Jagdgründe verabschieden werden. Davon hätte ich (und sicherlich die meisten Anwesenden) noch gerne mehr gesehen. (Konz)

Accept

Nicht schon wieder ´ne Reunion wird sich neben mir vielleicht auch manch anderer Gedacht haben. Doch die wiedervereinigten Teutonenurgesteine straften spätestens nach zugegeben recht lauem Anfang mit dem frenetisch abgefeierten „Metal Heart“ jeden Zweifler Lügen. Von keiner noch so angesehen Altcombo habe ich eine so was von fetten Sound gehört (alleine Wolf Hoffmann’s Gitarre hätte Berge versetzen können) und mit Hits wie „I’m a Rebel“, „Breaker“, „Princess of the Dawn“ und dem obligatorischen „Balls to the Wall“ im Gepäck konnte sowieso nichts anbrennen. Beim Blick ins Publikum wurde dabei schnell klar, welche Ausnahmestellung Accept auch nach 25 Jahren noch haben: Wirklich JEDER, vom alten Hardrocker bis zum jugendlichen Schwarzmetaller, sang JEDE Silbe voller Inbrunst mit. Beeindruckend! Leider war nach über zwei Stunden schon Schluss. Wenn’s nach den meisten Anwesenden gegangen wäre, hätten die Udo und Co. Noch gerne ein paar Stunden weitermachen können. (Konz)

Wir wünschen dem Rock Hard für das nächste Jahr wärmeres Wetter, ebenso viel Spaß und auf ein Neues in 2006!

Sebastian „Konz“ Konopka (Konz)
Caroline Traitler (CT)
Samira Alinto (SA)

Contributors

Samira Alinto

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