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Rock am Beckenrand

26.08.2023-26.08.2023, Wolfshagen (Harz), Deutschland

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Den Harz kennt man wohl eher als wunderschönes Gebiet zum Wandern und die Natur genießen – dass es aber auch hier tolle kleinere Festivals gibt, wissen die Wenigsten. Eins dieser heimeligen Festivals ist das Rock am Beckenrand, bei dem ohne die freiwilligen Helfer nichts laufen würde.

Wieder einmal ein Festival, was nicht auf Grund von “Profit, Profit, Profit“ geschaffen wurde, sondern weil man so richtig Bock drauf hat .

Wer es sportlich mag, kann hier seinen Morgen stilecht mit Bier-Yoga starten – oder aber nicht-alkoholisch mit Aqua-Aerobic. Auch keine Lust darauf? Dann ab ins kühle Nass, bis Rutsche, Köpper vom Beckenrand oder ganz langweilig mit Leiter. An Erfrischung mangelt es den Besuchern definitiv nicht – und ein effektiver Zeitvertreib ist es noch dazu.

Los ging es dann zur besten Mittagszeit mit DIE DORKS – während es das Wetter es nicht gut mit allen Beteiligten meinte und man es durchaus liebevoll als Schietwetter betiteln konnte, war zumindest das wenige Publikum vor der Poolstage und im Pool bester Laune und hat den Tag zusammen mit der Band wirklich rockig eröffnet.

Weiter ging es dann auf der Hauptbühne mit EMBER SEA – das Wetter unverändert ausbaufähig, die Menge an Fans vor der Bühne ebenso – aber die Stimmung passte. Es wurde gerockt auf der Bühne, und getanzt vor der Bühne und langsam aber sicher bildeten sich die ersten Matschlöcher. Aufgehalten hat das aber niemanden. Eine richtig tolle Stimme, eine wundervolle Ausstrahlung – und definitiv ein zu früher Slot, damit die Show wirklich hundertprozentig wirkt.

Danach wanderte man wieder Richtung Pool – denn ARKADEN standen dort auf der Bühne und ersetzten Maid of Ace, die leider aus privaten Gründen doch nicht auftreten konnten. Egal ob man zu der Zeit im Pool oder davor war, nass wurde man sowieso – und es ist immer toll, wenn eine Band auch keine Angst vor dem kühlen Nass hat. Spaß hatten alle Beteiligten so oder so, alle hatten Bock – und auf einmal war da auch die Sonne wieder da und es schrie nach einer weiteren Abkühlung. Daher ging es für einen Teil der Band einfach via Stage Diving auf dem direkten Weg in den Pool um die dortigen Fans einmal aufzumischen. Bands wie diese brauchen solche Festivals – nah den Fans und für jeden Wahnsinn zu haben.

VENUES rissen dann doch schon fast die Bühne ab – es ist immer wieder faszinierend für mich, wie man so viel Power inne haben kann, und das dann auch auf das Publikum übertragen kann. Leider gilt auch hier: viel zu früh am Tage, und viel zu wenige Leute, aber die, die den Weg hergefunden hatten, hatten Spaß  – und am Ende hat man lieber ein kleines aber gut gelauntes Publikum, als in gelangweilte Gesichter zu schauen. 

OLYMPYA auf der kleinen Stage fallen doch ein wenig aus dem (musikalischem) Raster – die Stimmung ist und bleibt aber einfach gut, den Fans wird eingeheizt und alle machen freudestrahlend mit, wer da ruhig bleiben kann, ist ein absolutes Stimmungs-Kaltblut. Circle Pit im Wasser? Hier ist alles möglich! Und wieso auch nicht, wir sind ja im Freibad!

Weiter ging’s dann mit 100 KILO HERZ – und wunderbarer Pyro. Ich finde es immer schön zu sehen, wenn man sich Bengalos und Ähnliches anlacht, ganz einfach weil es eben nicht die Standard-Pyro ist die man eben so kennt. Brauchen würde die Band aber die Pyro nicht, denn auch ohne machen sie so richtig Stimmung und man könnte sagen, dass es schon fast ein Abriss der Poolstage war. Absolute Partystimmung, und die hatte sich die Band aber auch wahrlich verdient. 

Fast hätten es MONTREAL dank Getriebeschaden ihres Vans nicht einmal in das sonst so verschlafene Wolfshagen geschafft – dank flotter Unterstützung durch die Festivalcrew konnten sie dann aber ihren Weg fortsetzen um dann pünktlich auf der Bühne zu stehen – vor einem gut angewachsenen Publikum und bei trockenem Wetter! Die Band rockte jeden im Publikum, das obligatorische Max Power holt einmal Schnaps am Bierstand gabs erstaunlich früh im Set – aber vielleicht brauchten die Nerven das. Das Publikum gönnte sich auch einiges an Schnaps von dem Träger, der via Crowdsdurfing zurück zur Bühne gebracht wurde. Der Rest des Sets war eine gute Mischung aus Songs, die das Publikum kannte und mitsingen konnte – genau das, was man eben auf einem Publikum bringen muss, um zu überzeugen und auch die Gelegenheitshörer voll abholen zu können.

Der eigentlich Headliner ROYAL REPUBLIC hat dann das schon durch Montreal angeheizte Publikum noch weiter ins Schwitzen gebracht. Wie immer gab die Band volle Kraft voraus, durchatmen? Nicht bei diesen Jungs aus Schweden – eine Band, bei der Balladen ein Fremdwort sind, und die einfach jeden dazu bringt, zu tanzen, zu hüpfen, zu klatschen und einfach noch einmal alles aus sich herauszuholen. Egal wie müde man vom schon langen Festivaltag war, in diesen 90 Minuten war es wie vergessen, denn niemand weiß besser als Royal Republic, wie man die eigene Energie auf das Publikum überträgt .

Der letzte Act des Tages war dann REIS AGAINST THE SPÜLMSCHINE – ein chilliger, aber dennoch definitiv unterhaltsamer und für Party gemachter Abschluss des Abends. Es wurde getanzt, gelacht, noch das letzte Bier des Abends genossen – und das in erstaunlich hoher Menge an Publikum, das sich noch nicht nach ihren Zelten sehnte.

Während der erste Tag durch wechselhaftes Wetter und sehr viel zu Anlass von Oben und Matsch von unten glänzte, startete Tag 2 mit Sonne von oben und noch nicht getrocknetem Matsch von unten.

Den Tag eröffneten THE ANTIPRENEURS auf der Poolstage – die Sonne lachte, und die Band hatte richtig Bock hier zu performen. Und im Vergleich zum gestrigen ersten Act war es wirklich voll, man schaute in durchweg glückliche Gesichter, egal ob auf der Bühne, hinter der Bühne, vor der Bühne oder aber im Pool. Die Sängerin der Band hat eine Energie an den Tag gelegt, die um diese Uhrzeit dann doch nicht selbstverständlich ist auf einem Festival. 

Nicht weniger rockig, und genauso female-fronted ging es dann auch auf der Hauptbühne mit MARCH. Der Bass wummerte, das Schlagzeug treibt einen voran- und die Sängerin der Band machte dem Publikum mit einer Ansage klar, dass es Zeit sei aufzuwachen und mit ihnen so richtig abzurocken. Sympathisch direkt, authentisch und einfach eine Musik, die – wenn vielleicht schon mehr Publikum da gewesen wäre – eine richtige gute Stimmung bekommen hätte.

Die kleine Bühne am Pool bestieg dann im Anschluss die Hamburger Band GET JEALOUS – und leider sah ich dann doch einige ein wenig verwirrte Gesichter, die Musik schien nicht nur auf Gegenliebe zu stoßen. Aber jeder Jeck ist es anders, und es gab genug, denen man ansah, dass sie Spaß hatten der Band zuzuhören und zuzuschauen, und genau das ist das tolle hier – es ist einfach für jeden etwas dabei.

Auch wenn heute nicht Tag der rockenden Frauen ist, gab es wieder eine mitsamt Band auf der Hauptbühne- und zwar mit SETYOURSAILS. eine eher zierliche Frau, aber mit einer Power in der Stimme, die einen umhaute. Der Bewegungsdrang und die Spielfreude der Band färbte sich auch ein wenig auf das immer mehr werdende Publikum ab, es wurde mit genickt, oder aber der Kopf wurde doch schwungvoller bewegt und die Nackenmuskulatur trainiert. Was will man sagen, der Auftritt hat einfach Spaß gemacht – und beim Blick ins Publikum wurde klar, dass ich damit nicht alleine dastand.

Im Anschluss hätte eigentlich die Band Butterwegge spielen sollen – auf Grund eines schweren Schicksalsschlages musste die Band leider passen, und so sprangen HIGHGAIN ein, die manch einer schon von der Wohnzimmerbühne kannte. Wie bei Get Jealous waren nicht alle sich einig wenn es darum geht, ob es zum feiern taugt oder eben nicht. Die Mehrzahl war aber positiv gestimmt und Sonne, Pool und gute Musik genossen. 

Apropos feiern und Party – die stieg nämlich dann bei LIEDFETT, die gut Publikum zogen und mit ihrer ehrlichen Art und ehrlichen Texten das Publikum lautstark zum Mitsingen einlud. Ein bisschen selig vom Alkohol schienen Band und Publikum, und gibt es einen besseren Start als wenn die Band sagt: Leute, es gibt Freibier! Ich bezweifle es, Festivals haben ja durchaus ihre eigenen Regeln, und Alkohol ist immer ein guter Bestandteil davon.

Ja, und was soll man sagen – dann kamen die AWESOME SCAMPIS und die Stimmung auf der Poolstage und drumherum explodierte förmlich. Ich hatte schon Einiges darüber gehört, dass sie wirklich Stimmung machen können. Und halleluja, das haben sie dann auch wahrlich getan. Ein spaßiger Abriss für alle Beteiligte, auch wenn die Bühne nicht für diese Menge an Bandmitgliedern ausgelegt war – ein bisschen mehr Platz hätte der Bewegungsfreiheit der Band durchaus helfen können.

Die ROGERS läuteten dann den Sonnenuntergang ein – aber waren dabei definitiv nicht kitschig. Ihr deutscher Rock ist nicht nur teilweise politisch (angehaucht) und gespickt mit Themen, die leider immer aktuell sind, sondern auch mit Refrains versehen, die man wirklich gut mitsingen oder gröhlen kann (z.B. “Geh mir nicht mehr auf die Eier”). Das Publikum rockt mit, es werden Ballons im Publikum “freigelassen” und schwupps, schon sind alle wieder Spielkinder. Die Band macht eine super Stimmung, eine tolle und abwechslungsreiche Mischung aus etwas nachdenklicheren und vielleicht kritischen Songs und Mitsingen macht die Geschichte zu einem stimmigen Auftritt.

Genau so rockig ging es dann mit ZEBRAHEAD in den Sonnenuntergang – ich kannte die Band nur vom Namen her, und ich muss sagen: verdammt, hätte ich die doch mal vorher angehört! Es war ein bombiges Set, da hatten nicht nur Band und Zuschauer, sondern doch auch Crew und Security ihren Spaß. Besonders die Security, als bei einem der Songs der Aufruf kam, doch so viel Crowdsurfing zu betreiben wie es nur möglich sei – ein Anblick für die Götter, ein Spaß für die Fans und einfach eine rundum gelungene Aktion. Für mich persönlich war es der Headliner des Tages, denn gefühlte wurde da so viel Power verschossen, dass nicht mehr viel gehen konnte.

Das dachte ich zumindest – bis DAS LUMPENPACK als letzte Band des Abends und auch des Festivals dann die Bühne betraten. Einmal mehr ein harter Cut wenn es um die Musik geht – denn wurde ein straffes Trainingsprogramm für die Lachmuskeln direkt inkludiert. Ich war absolut überrascht, was für eine bombastisch gute Laune diese Band innerhalb von Sekunden zauberte, und ich habe jede Sekunde genossen – und ein Blick in die eng stehende und tanzende Menschenmenge sagte mir, dass ich damit nur eine von vielen war. Am Ende ließ es sich der Sänger der Band auch nicht nehmen, einmal zu seinem Crewmitglied in den wieder-eröffneten Pool zum Mitternachtsschwimmen sich tragen zu lassen. Hut ab, ich hätte nicht gedacht, dass er das wirklich so durchzieht!

Wer keine Lust auf ein frostiges Bad im Nass hatte, für den war die Zeit auf dem Festivalgelände dann zu einem Ende gekommen – denn es wurde auf dem Campingplatz weitergefeiert.

Also Leute, wenn ihr Bock habt auf ein kleines Festival, das mit ganz viel Liebe und Herzblut organisiert und durchgeführt wird, richtig sozial und faire Preise hat und coole Bands und eine tolle Umgebung bietet – Tickets kaufen! Ja, das geht jetzt schon für 2024! Und zwar genau HIER!

 

Carina Ullmann

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