Interviews

Oomph!: Das Geheimnis ist Sex

Talentierte Menschen haben in allem Talent. Die deutsche Band  «Oomph» schafft es mühelos, Gothic und klassisches Orchester zu verbinden. Dass es funktioniert, wurde erfolgreich in Russland, in St.Petersburg und Moskau, höchst erfolgreich unter Beweis gestellt. Am Vorabend des Events in St. Petersburg sprachen wir über dieses grandiose Konzert, das neue Album und vieles mehr. 

Euer Gig heute ist was Besonderes, also warum habt ihr euch entschlossen, mit einem Orchester aufzutreten?

Dero: Das ist eigentlich nicht das erste Mal, wir haben schon ein paar Gigs mit einem klassischen Orchester gespielt. Das war beim “Pop meets Classic” in Braunschweig mit dem Braunschweig Staatsorchester. Dann “Gothic meets Klassic” in Leipzig. Daher fragten wir uns, warum nicht auch in Russland?

War es schwierig, so eine komplizierte Show zu organisieren, beispielsweise ein russisches Orchester auszusuchen? 

Robert: Nein, gar nicht. Eine unserer Bedingungen war, dass das Orchester bereits Erfahrung mit Rockbands hat. Nicht dass sie sich wundern „Oh nein, was machen die Typen hier für nen Krach!“ Dieses Orchester hat schon mit Aria gespielt und wussten, was auf sie zu kommt.

Insider: War es schwierig zu proben durch diese Distanz?

Robert: Nein. Sie sind alle Profimusiker und können Noten lesen wie nix. Also mussten wir nur klarstellen, wie sie die Noten lesen sollten – dass sie etwas „wie Roboter“ spielen sollten oder „samtig“. Daher klappte alles wunderbar.

Gibt es schon Pläne für ein neues Album? 

Dero: Yeah, wir haben es schon aufgenomen, ich denke, es wird im Jänner 2019 rauskommen. Wir müssen allerdings noch das Mastering machen. Klar wird das was völlig Neues! Und diesmal sind wir auch froh, dass wir das Album auch in Russland veröffentlichen können, weil unsere neue Plattenfirma einen Deal mit ‚Soyuz‘ gemacht hat.

Oh, das ist cool! Wir haben gehört, dass ihr das Label gewechselt hat. Ging das denn reibungslos vonstatten?

Dero: Yeah, unser alter Vertrag ist einfach ausgelaufen und wir sahen uns nach neuen Möglichkeiten für die Band um.

Euch gibt es ja schon so lange, was ist das Geheimnis, als Band so lange zusammen zu bleiben? 

Dero: Sex natürlich! Manchmal erklären wir das so, dass wir Konflikte auf die „Bonobo“ Weise * lösen. Wenn es dann mal Ärger gibt, heißt es schnell, „och, vielleicht finden wir eine Lösung, ohne uns zu bekriegen“.

Musstet ihr jemals anderweitige Träume und Ambitionen zugunsten der Band aufgeben? 

Dero: Yeah, du musst zusammenarbeiten. Es gibt hier keinen Bandleader, niemanden, der uns was vorschreibt. Also müssen wir immer Entscheidungen aushandeln.

Alle Musiker halten immer das letzte Album für „das beste, was sie jemals aufgenommen haben“. Was könnt ihr uns dazu sagen?  

Dero: Yeah, das ist völlig natürlich! Warum sollte jemand so viel Arbeit zwei, drei Jahre lang in eine Platte, in ein neues Baby stecken und dann sagen  „Och nöö is eigentlich Scheisse“. Warum sollten wir es dann veröffentlichen, wenn wir nicht daran glauben und fühlen, dass wir wirklich gute Arbeit geleistet haben? Wen es nicht gut genug wäre, dann würden wir es nochmal probieren und nochmal und nochmal, bis wir das Gefühl haben, dass es gut genug ist.

Sicher, aber vielleicht sind sie alle auf ihre Weise was Besonderes. 

Robert: Vielleicht wenn man nach einigen Jahren zurückblickt und sich das Album anhört, dann kannst du entscheiden, ob ein Album besser ist als das was wir vorher machten. Aber wenn du es gerade fertig hast – das ist dann das beste.

Dero: So lange du dich weiterentwickeln willst, dann versuchst du, aus deinen Fehlern zu lernen, und jeder macht Fehler. Nur so wachsen wir als Persönlichkeiten, als Menschen, unsere Musik entwickelt sich und verändert sich auch, also ist das gut. Ich meine, es gibt schon so viele Bands, die genau das machen, was sie schon immer machen, und das ist langweilig. Einerseits wissen sie, dass die Fans konservativ sind und keine Veränderungen haben wollen, aber künstlerisch ist es wie der Tod. Wenn du dich nicht entwickelst, bist du tot – das ist die Tatsache. Yeah, wenn du zurückblickst und denkst „okay, ich war jung, ich hab das eben so gemacht“ und dann ist das wie ein Schnappschuss eines gewissen Moments. Es kann nicht mehr dasselbe sein wie jetzt. Das ist unmöglich. Aber das ist gut, die Entwicklung zu sehen und es wäre enttäuschend zu sehen, dass jedes Album genau gleich klingen würde.

Hebt ihr denn Sachen von früher auf, wie alte Aufnahmen und so? 

Dero: Sicher!
Robert: Viel zu lange her und viel zu viele Drogen. Ich kann mich an nichts erinnern. So ungefähr würde Keith Richards antworten.
Dero: Nein. Das war toll, das waren die Zeiten mit Pioniergeist, denn wir machten so viel autodidaktisch, nach der ‚trial and error‘ Methode. Und das war cool, das ist der Geist der Jugend. Du machst es einfach, du denkst nicht zu viel drüber nach. Yeah, das war toll! Du kannst noch immer diesen Geist spüren. Das war weit davon entfernt, perfekt zu sein, was wir damals machten, aber du spürst den jugendlichen Geist und hoffentlich haben wir jetzt einen weiseren Zugang zur Musik. Es wäre cool, wenn man das raushörte.

Gibt es etwas, das ihr noch nicht gemacht habt als Band und hofft noch zu tun, bevor ihr in Rente geht? 

Robert: Ich würde gerne in Japan und Südamerika touren, was wir derzeit noch nicht tun können. Vielleicht bei unserer nächsten Tour in Russland (welche wohl nächstes Jahr im Herbst stattfindet) können wir weiter nach Osten, nach Vladivostok und dann ist es nicht mehr weit nach Japan. Diesmal wird unser Album auch in Japan erscheinen. Und das wäre einer meiner Träume. Ich war noch nie dort, aber ich glaube, das wäre wie auf einem anderen Planeten, keine Straßenschilder lesen können und so.

Andreas: Einige Träume werden wahr, und wenn wir nach Vladivostok fahren, würde ich das gerne mit der Transsib machen. Einer der Träume, der für mich wahr wurde, ist mit einem Orchester wie diesem zu spielen. Und der nächste ist es, in England aufzutreten, das ist unsere nächste Tour.

Wenn ihr euren Traum-Gig erschaffen könntet, entweder als Teil davon oder als Publikum, welche Bands würden da auftreten? 

Dero: Ich glaube, das sollte so vielseitig wie möglich sein. Vielleicht Slayer, Justin Bieber, ..
Robert: John Lennon, wir reden ja über Träume.
Dero: Wir müssten ihn eben wiederbeleben.
Robert: Im Traum ist ja alles möglich.
Dero: John Lennon, yeah, cool. Frank Sinatra. Was noch? Napalm Death, Pink Floyd, Modern Talking, Scooter. Scorpions.
Andreas: Sollten wir nicht auch eine bekannte russische Band dazutun? Da haben wir die Frage, welche bekannte russische Band wir uns anhören sollten. Ich muss zugeben, dass ich nicht so viele russische Bands kenne. Nur Aria, und ich sehe mir oft Musikvideos an und merke, dass es da eine Menge russischer Künstler gibt.
Robert: Vielleicht Arkona? Sie scheinen weltweit die bekannteste russische Metalband zu sein.
Dero: Und da scheint es einige russische Bands zu geben, die auf der ganzen Welt spielen, für ihre Landsleute, die nun dort leben. Sie touren in den USA, spielen dort aber nur vor russischen Auswanderern.

Mit jedem eurer Alben und jedem Gig versteht ihr eure Fans zu begeistern, und eventuell wollt ihr ihnen was mitteilen, besonders jenen, die euch noch nie live gesehen haben? 

Dero: Wir danken euch so sehr für euren Glauben an uns, eure Geduld, eure Energie, und dass ihr Oomph! die Stange hält und den Oomph!-Virus in eurem Land verbreitet! Vielen Dank!

Vielen Dank für das Interview!

Interview and photos: Julia Andreeva and Varja Murasheva

* gemeint sind wohl Bonobo-Menschenaffen und deren Tendenz, Sex zu haben anstelle sich zu prügeln, d. Red.

GastmitarbeiterInnen / guest contributions

Reguläre GastmitarbeiterInnen u.a. Melanie Kircher, Tatjana Tattis Murschel, Grit Kabiersch, Marina Minkler, Maria Levin, Jasmine Frey, Nina Ratavaara, Elvira Visser, John Wisniewski