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Iceland Airwaves 2014

05.11. – 09.11. 2014 Reykjavik, Island

Es gibt eine Menge Dinge, die ich über Iceland Airwaves sagen könnte, und diese Festival ist auch schon auf genau so viele Arten beschrieben worden, aber es ist trotzdem noch schwierig herüberzubringen, wie es sich anfühlt dort zu sein, für fünf Tage (und Nächte) die Luft des Festivals zu atmen und sich einfach treiben zu lassen. Da war natürlich die Musik, jede Menge davon – insgesamt 219 Bands, die neben 13 offiziellen Veranstaltungsorten auch noch unzählige (kostenlose!) Konzerte in Bars, Geschäften und Hostels spielten, aber da war noch so viel mehr.

Interaktive Fotogalerie am Textende


In ganz Reykjavik geht es für eine Woche nur um Airwaves, und obwohl ich gehört habe, es gäbe auch noch „normale Touristen“ in der Stadt, die es tatsächlich fertigbrachten, zum Hotelfrühstück schon wach zu sein, habe ich von diesen seltsamen Menschen nur wenige gesehen. Statt dessen traf ich Menschen, die hektisch von Veranstaltungsort zu Veranstaltungsort liefen, um so viele Bands wie möglich mitzunehmen und solche, die ihre ursprünglichen Pläne längst aufgegeben hatten und einfach da hin gingen, wo es gerade passend erschien. Manche waren schier betrunken von der ganzen Aufregung, andere von Bier, manche versuchten noch, regelmäßig gut zu essen, während andere längst beschlossen hatten, dass Essen, genauso wie Schlaf, bestimmt völlig überbewertet ist. Es gab nur eins, was sie alle gemeinsam hatten: Sobald man sie fragte, wie Airwaves bisher gelaufen sei, bekamen sie diesen erfreuten Glanz in die Augen und erzählten Geschichten über all die unglaublichen Bands, die sie schon gesehen hatten.

Für die Festivalgäste, die tatsächlich noch das „Tourismus-Ding“ durchziehen und mehr als nur Bands sehen wollte, gab es mehr als genug Möglichkeiten, liegen doch einige von Islands spannendsten Naturwundern nicht mal eine Tagesreise entfernt. Alles was es dafür brauchte war, die kostenlosen Konzerte während des Tages dranzugeben und erst Abends zu Konzerten zu gehen, und schon war genug Freiraum für den Besuch eines Geysirs oder Gletschers da. Reykjavik selbst hat auch genug zu bieten und selbst diejenige, die gar nichts geplant hatten, bekamen am Samstagabend direkt über der Stadt noch die Nordlichter zu sehen.


2014 war des 15. Jahr von Iceland Airwaves. Es fing 1999 als Talentshow für ausländische Plattenbosse an und ist seit dem zu einem der interessantesten und am besten bewerteten Vorzeige-Festival für neue Musik geworden. Klar, in jedem Jahr gibt es ein paar große Namen, sowohl aus Island als auch dem Rest der Welt, aber der Fokus liegt darauf, neue Talente vorzustellen. Und glaubt mir: hier lässt sich eine Fülle neuer Talente aus unterschiedlichen Genres entdecken. Die Auswahl muss schwer gewesen sein für die Organisatoren – für jede isländische Band die auftrat (insgesamt 41) wurden 4 abgewiesen (insgesamt 200). Für internationale Bands habe ich keine Zahlen, aber ich hatte den Eindruck, die Auswahl sei gut durchdacht.

Abgesehen von der wunderbaren Musik ging es besonders um Gemeinschaft, Kommunikation und den Aufbau von Beziehungen. Nach einer Weile fallen dir immer wieder dieselben Gesichter auf – sowohl auf der Bühne als auch davor. In Island, besonders in Reykjavik, scheint jeder jeden zu kennen (besonders unter Musikern) und alle spielen in mehr als einer Band. Wenn du also das Gefühl hast, diesen Drummer oder jene Gitarristin vor ein paar Konzerten in einer ganz anderen Band gesehen zu haben, dann hast du wahrscheinlich Recht. Falls du Menschen kennenlernen möchtest, kannst Du mit fast allen reden, die dir über den Weg laufen – fang einfach bei der Musik an und dann geht es schon weiter. Die meisten Menschen siehst du wahrscheinlich nie wieder, aber genau diese Zufälligkeit und das Sammeln von Musiktips fand ich besonders interessant.


Ich bin kein Festivalmensch. Große Open Air Festivals, bei denen auch noch gezeltet wird, sind überhaupt nicht mein Ding, aber ein Festival mit vielen Veranstaltungsorten so wie dieses funktioniert gut für mich. Ich habe eine große Auswahl an Bands gesehen, jede für 30 – 40 Minuten und konnten dann leicht zur nächsten übergehen. Die meisten Veranstaltungsorte waren bequem zu Fuß zu erreichen und das Festival insgesamt war gut organisiert. Natürlich gab es kurzfristige Änderungen der auftretenden Bands und auch lange Schlangen, aber das war zu erwarten und schmälerte den Spaß nicht im Geringsten. Insgesamt habe ich es geschafft, über die fünf Tage 34 verschiedene Bands an 17 Veranstaltungsorten zu sehen, habe über 3000 Fotos gemacht und jede Menge Spaß gehabt.

TAG EINS (5. NOVEMBER)

Als Festivalneuling fühlte ich war ich Anfangs ein wenig überwältigt ob der vielen Möglichkeiten. Bewaffnet mit meinen Armbändern und einem groben Plan, wen ich vielleicht gerne sehen würde, machte ich mich am Mittwochnachmittag auf den Weg, um vor den Konzerten am Abend einige der kostenlosen Konzerte in den Kneipen, Läden und Hotels der Stadt mitzunehmen. So weit, so gut. Als ich nach Mitternacht wieder im Hotel ankam, hatte ich gelernt, dass man bei den kostenlosen Konzerten keine Pünktlichkeit erwarten darf, während die Abendkonzerte genau zeitlich abgestimmt sind und dass es sich bezahlt macht, sich einfach treiben zu lassen

Am ersten Tag sah ich die ebenso erstaunliche wie gefühlvolle Una Stef, hörte verträumte Melodien von Klassart, genoss feien Popmusik von 1860 und ein wunderschön orchestriertes Set von Ásgeir. Ich probierte ein paar elektronische Sounds von Mr. Silla, hörte melancholischen Pop von Lára Rúnars und verliebte mich in die Musik von The Anatomy Of Frank.

VERANSTALTUNGSORT: AURORA REYKJAVIK

Der Tag begann im Aurora Reykjavik, dem Zentrum für Nordlichter, wo ich noch rechtzeitig ankam, um das Ende von Jakobssons Set im Café mitzubekommen. Es waren nur zwei Lieder, nicht viel, um sich ein Urteil zu bilden. Konnte man sich gut anhören, aber ich habe keine Ahnung, welcher Kategorie ich die Band zuordnen soll.


Klassart, die Band für die ich gekommen war, spielte in dem Raum, in dem die Nordlichter im Zeitraffer gezeigt werden. Sie sind eigentlich eine neunköpfige Big Band, spielte aber hier nur als Duo, bestehen aus den Geschwistern Smári Guðmundsson an der Gitarre und Fríða Dís Guðmundsdóttir als Sängerin. Ihre traumhaften Melodien, getragen von Fríðas schöner Stimmen und Smáris feinfühlig gezupfter Gitarre, passten gut zu den auf die Leinwand hinter ihnen projizierten Nordlichtern. Die Musik lud die Zuhörenden ein, die Augen zu schließen und sich für einen Moment tragen zu lassen. Die meisten Texte waren auf Englisch verfasst, aber es gab auch isländische Songs. Sie beschreiben sich selbst als Blues Band, aber ich habe auch Folkelemente in ihrer Musik gehört. Wie dem auch sein, mir hat’s gefallen und war den Weg durch die windigen Straßen wert.

VERANSTALTUNGSORT: BUNK BAR

Eine Bar auf dem Laugavegur (die Haupt Einkaufsstraße von Reykjavik) war mein nächster Halt. Geplant hatte ich, das Konzert um 17:40 zu hören, aber als ich ankam, stimmte der Zeitplan schon nicht mehr und ich kam in den Genuss der letzten Songs von Árný. Ihr Stime gefiel mir gut und ich hätte sie gerne noch einmal gehört, aber dazu kam es nicht. Die Indie Jazz Band Milkhouse waren als nächste dran. Da Jazz nicht unbedingt mein liebstes Genre ist, hatte ich sie nicht eingeplant, aber sie waren eine gute Live Band. Sie spielten eine unterhaltsame Show, die das Publikum zum Mitmachen bewegte, und waren durch ihre venezianischen Masken auch visuell interessant. Alle Bandmitglieder beherrschten ihre Instrumente sehr gut und sie hatte so viel Spaß, dass es ansteckend wirkte.


Singer/Songwriter Una Stef war diejenige, die ich eigentlich hatte sehen wollen und sie hat mich nicht enttäuscht. Sie sang sich die Seele aus dem Leib mit ihrer ganz eigenen Mischung aus Pop und Soul. Schon bald klatschte das Publikum mit und groovte zur Musik. Die Band spielte in reduzierter Besetzung ohne Drummer und mit ihrem Trompeter an der Gitarre. Sie gab an nicht wirklich zu wissen, was sie täten und dass alles etwas improvisiert sei, aber sie rockten. Unas unglaubliche Stimme trug den Auftritt genauso wie das Spiel und der Enthusiasmus der anderen. Sie spielten eine großartige Show, die mich so beeindruckte, dass ich beschloss, sie später noch einmal in voller Besetzung zu sehen.

VERANSTALTUNGSORT: HLEMMUR SQUARE

Weiter ging’s die Straße rauf zum Hotel/Hostel beim zentralen Busbahnhof. DerPlan, war, dort Var zu sehen, eine Band, die ich bereits kannte und mochte, aber statt dessen hörte ich die letzten paar Lieder von The Anatomy Of Frank und wünschte mir sofort, ich hätte ihr komplettes Set gesehen. Die liebenswerte Poprock Band aus den USA spielten ihre Musik auf ruhige Art, aber zogen das Publikum sofort in ihren Bann. Ihre Instrumente reichten von Gitarre und Drums zu den ungewöhnlicheren Banjo, Xylophon und Akkordeon, alles gewürzt mit ein paar guten Geschichten und schönen Harmoniegesängen. Sie waren so gut, dass ich völlig vergaß, welche Band ich eigentlich hatte sehen wollen. Ich beschloss sofort, herauszufinden, ob sie nochmal spielten.

VERANSTALTUNGSORT: HARPA


Die Indie Pop Band 1860 bildete für mich den Anfang der Abendkonzert,e und zum ersten Mal an diesem Tag wurde mir richtig bewusst, wie international das Publikum war, denn dort hörte ich nicht nur Isländisch und Englisch, sondern auch noch mehrere andere Sprachen, und das nur in der ersten Reihe. Die Band spielte eingängige Songs, die uns einluden mitzuwippen, und sie hatten Spaß dabei. Von Anfang an machten sie Witze – wie etwa die Ansagen des Sängers auf Isländisch oder die Vorstellung des Bassisten als „Gunnar, euer Übersetzer“. Es war ein solider Auftritt bestehend aus Pop Songs mit einigen Folk-Rock Elementen, gespielt von einer Band, die während ihres einzigen Auftritts bei Airwaves guter Stimmung war, und einem Publikum, das den Auftritt genoss.

Mr. Silla war einer der Namen, an den ich mich nach dem Lesen eines Artikels in der Reykjavik Grapevine (Islands alternatives, kostenloses englischsprachiges Magazin) erinnerte. Daher beschloss ich, sie mal anzuhören. Sie begann ihre Show alleine, eingetaucht in spärliches blaues Licht. Es passte gut zu den sphärischen Klängen, die sie als Samples benutzte und ihrer sanften Stimme. Später griff sie dann zur Gitarre und wurde von einem Gitarristen begleitet. Das Licht wurde nie wirklich heller und passte zur Musik. Ihre Songs waren reduziert, aber nie langweilig, ihr Laptop spielte elektronische Klänge, die sich mit den live gespielten Gitarren mischten. Zum Ende ihres Auftritts ließ sie die Haare herunter und alles wurde etwas relaxter. Es war ein starker Auftritt, wenn auch nicht unbedingt mein Stil.

Ich wechselte von der Harpa Silfurberg Halle in die Norðurlós Halle für Lara Rúnars. Sie sang sanften, melodischen und melancholischen Indie Pop, der mir gefiel, und wurde dabei von einer vierköpfigen Band unterstützt. Ihre Texte wechselten zwischen Isländisch und Englisch, wobei ausdrucksvolle Bewegungen die oft düsteren Songs unterstrichen. Ich mochte ihren Sound, besonders die Melancholie, und war froh, sie mir angesehen zu haben.


Ásgeir war eindeutig der angesagteste Künstler im Harpa Silfurberg an diesem Abend. Die Halle war mit Fans vollgestopft und einige von ihnen harrten schon seit Beginn des Abends in der ersten Reihe aus. Die erste Überraschung? Die Menschenmenge auf der Bühne. Während des langen Intros gingen sie nacheinander auf die Bühne und es waren viele, unter anderem ei Streichquartett. Das hatte ich nicht erwartet. Besonders nachdem sein erstes Album auch auf Englisch veröffentlicht wurde, ist seine Musik auch außerhalb von Island recht bekannt. Mir gefallen jedoch die isländischen Versionen der Songs besser und ich war froh, dass ich die zu hören bekam. Die Melancholie in seiner Musik kam gut rüber und wurde von den vielen verschiedenen Instrumenten in der Band schön unterstrichen. Ásgeir spielte Gitarre und Keyboards, während seine Stimme viele Gefühle transportierte so dass man sich fragt, worum sich die Songs wohl drehen mögen. Er sang wirklich gut und die Fans jubelten nicht nur lautstartk, einige sangen sogar mit. Es war herrlich.

VERANSTALTUNGSORT: FREDRIKSEN

Mein erster Festival Tag endete in der Bar Fredriksen, wo ich Una Stef noch einmal sah, diesmal mit der kompletten Band. Kurz gesagt: sie rockten! Sie ist nicht nur eine großartige Sängerin, sie hat auch eine unglaubliche Band hinter sich, inklusive einer Bläsergruppe. Sie hatten ganz offensichtlich genau so viel Spaß wie das Publikum. Ich sah Menschen glücklich tanzen, ganz in der Musik versunken. Der insgesamt gefühlvolle Auftritt, Unas starke Stimme und die ungewöhnliche Mischung aus Pop, Soul und R’n’B war perfekt, um mich gefangen zu nehmen und ein breites Lächeln auf mein Gesicht zu zaubern. Ich hatte das Gefühl, danach könne es nicht mehr besser werden, und machte mich direkt im Anschluss auf den Heimweg.

ZUSAMMENFASSUNG
Ich gebe zu ich war überwältigt von der Vielfalt der Musik, den kurzen Auftritten und den unterschiedlichen Stimmungen, Klängen und Beleuchtungen in den Veranstaltungsorten. In meinem Kopf mischte sich alles zu einem verschwommenen Ganzen und ließ bei mir ein glückliches, aber auch leicht verwirrtes Gefühl zurück.

TAG ZWEI (6. NOVEMBER)

Am zweiten Tag hatte ich das Gefühl eine Ahnung davon zu haben, wie das Festival läuft und was ich tat und so plante ich entsprechend – die Idee war, diesmal nicht so viel zwischen den Veranstaltungsorten hin und her zu laufen. Ich machte zwischen den kostenlosen Konzerten und denen am Abend eine längere Pause und hatte Zeit, um Freunde zu treffen. Als ich an dem Abend spät wieder in meine Unterkunft zurückkehrte, hatte ich gelernt, dass es der beste Weg ist, etwas entspannter zu sein und auf jeden Fall nicht den Bands nachzutrauern, die man verpasst hat.

Tag zwei bescherte mir zwei Konzerte der immer wieder wunderbaren Árstíðir, die überraschend coolen Júníus Meyvant und die großartige Stimme von Rachel Sermanni. Ich hörte mir die Singer/Songwriter Marius Ziska und Dísa, rockte mit The Town Heroes und träumte zu den Pop Melodien von Ylja.

VERANSTALTUNGSORT: KEX HOSTEL


Während der ersten vier Tage des Festivals hatte sich KEXP, ein Radiosender aus Seattle, im Kex Hostel niedergelassen und sendete / streamte täglich fünf oder sechs Konzerte. Jedes davon dauerte ungefähr 25 Minuten mit langen Pausen dazwischen. Ich war früh gekommen und doch überrascht, dass sich eine Stunde vor Árstíðirs Auftritt schon so viele Menschen um die Bühne drängten. Alle, die schon früh da waren, bekamen vor dem eigentlichen Konzert noch den Soundcheck mit und bis es los ging, war der Raum gerappelt voll. Die Band spielte hauptsächlich Songs von bald erscheinenden neuen Album „Hvel“, darunter auch die Live Premiere der aktuellen Single „Things You Said“. Ich muss zugeben, dass mir die Drums der Studioaufnahme ein wenig fehlten, aber es war nichts desto trotz eine sehr schöne Version. Das gesamte Set war gut ausgewählt und gekonnt gespielt, diesmal mit Unnur Jónsdóttir am Cello, die wunderbar spielte. Die Zeit verging viel zu schnell und niemand wollte die Band gehen lassen, nachdem die letzten Töne verklungen waren. Der Moderator von KEXP war voll des Lobes und ich kann ihm nur zustimmen: es war ein wunderschönes Set.

Júníus Mayvant und seine Band waren danach dran, eine Folk Pop Band, über die ich schon Gutes gehört hatte. Neun Menschen drängten sich auf der Bühne, inklusive Bläser, Geige, Keyboards, Klavier, Drums, Basss und zwei Gitarren. Ihre Musik nahm mich sofort gefangen, sie hatten sichtlich Spaß daran, auf der Bühne zu stehen und alle von ihnen sind außerdem gute Musiker. Nach der Reaktion des Publikums zu urteilen, ging es allen anderen im Raum genauso und als sie den letzten Song beendet hatten, wurde so viel applaudiert, dass sie sogar eine Zugabe spielen durften. Es war ein gefühlvolles und freudiges Konzert. Sie haben noch kein Album veröffentlicht, aber ich werde sie sicher im Auge behalten.

VERANSTALTUNGSORT: FREDRIKSEN

Nach einer langen Pause, um meine Batterien wieder aufzuladen, begann mein Abend im Fredriksen, wo ich genau so ankam, dass ich noch das Ende von Marius Ziskas Set hören konnte. Ich bedauerte sofort, nicht eher losgegangen zu sein. Der Singer/Songwriter von den Färöer Inseln spielte schöne Melodien und mir gefiel seine Stimme.


Das US Alt Rock Duo The Town Heroes brachten dann den Abend richtig in Schwung. Mit nur Drums und Gitarre hatte ich einen solch hymnischen Sound nicht von ihnen erwartet. Sie spielten und sangen sich die Seele aus dem Leib, steckten ihre gesamte Energie, Kraft und Leidenschaft in die Musik. Der Auftritt war mitreißend und hinterließ bei mir den Wunsch nach mehr. Als sie fertig waren, waren beide Bandmitglieder schweißgebadet, aber sahen so aus, als hätten sie noch viel länger spielen können. Leider liess der enge Zeitplan dies nicht zu. Es war eine Show, die Spaß machte und die willkommenen Gelegenheit zwischen den ruhigeren Gigs des Abends einmal richtig zu rocken.

So ziemlich das Gegenteil was Lautstärke und rockige Songs anging, war dann die Schottische Folk Sängerin Rachel Sermanni, die uns einlud, genau hinzuhören. Ihre schöne klare Stimme war über die komplizierten Melodien auf Gitarre und Klavier immer gut zu hören. Die Musik war ruhig, aber nie zu sehr im Hintergrund, sondern perfekt auf den Gesang abgestimmt. Mir gefielen besonders die ruhigeren Songs, wo Rachel ihre Stimme besonders gut zum Ausdruck bringen konnte. Es war ein beeindruckender Auftritt, der bei mir noch länger nachklang.

VERANSTALTUNGSORT: HARPA


Bald schon war es Zeit, wieder ins Harpa, Reykjaviks Opern.- und Konzerthaus, zu übersiedeln, um dort den Rest des Abends zu verbringen. Diesmal lieb ich in einer der Hallen dort. Ylja war die erste Band, die ich sah. Ihre verträumten Pop Melodien waren genau das Richtige zu diesem Zeitpunkt. Sanft genug, um die ruhige und friedliche Stimmung, in der ich mich gerade befand, nicht zu stören, aber aufregend genug, um meine Aufmerksamkeit zu gewinnen. Faszinierende Klanglandschaften und Welten wurden erschaffen, und ich durchwanderte sie mit weit offenen Ohren.

Singer/Songwriter Dísa wirkte sich danach leider ein wenig als Stimmungsdämpfer aus. Ihre Stimme wird öfter als „engelsgleich“ beschrieben, aber funktionierte für mich so gar nicht. Sie ist sicher eine gute Sängerin, aber ihre Musik ist einfach nicht mein Stil, mit zu vielen „modernen“ Elementen, um noch als Pop durchzugehen und mich anzusprechen. Es war aber gut, um mir bis zu dem Konzert, auf das ich wirklich wartete, die Zeit zu vertreiben.


Zum zweiten Mal an diesem Tag und als letztes Konzert des Abends sah ich noch einmal Árstíðir, diesmal auf einer wesentlich größeren Bühne. Ich bin immer noch nicht sicher, wie das überhaupt möglich war, aber dieses zweite Konzert war sogar noch schöner und beeindruckender, als das erste und das nicht nur, weil es fast doppelt so lang war. Von den ersten Klängen von „Someone Who Cares“ bis zum letzten Ton von „Kill Us“ passte alles zusammen. Die Jungs erschienen entspannter als während des Radio Auftritts und redeten auch etwas mehr. Es war schon nach Mitternacht als sie anfingen, aber falls sie müde waren, dann zeigten sie das nicht. Der Klang und die Beleuchtung waren wunderbar und schafften eine Atmosphäre, in der alles möglich schien. Nachdem ich während der ersten Hälfte des Konzertes noch Fotos gemacht hatte, fand ich mich danach ganz vertieft zuhörend am Bühnenrand wieder. Mein persönliches Highlight war die unglaubliche Version von „Silfurskin“, die mich zu Tränen rührte. Es war das einzige Abendkonzert der Band in diesem Jahr und es war eine Punktlandung.

ZUSAMMENFASSUNG

Tag zwei fühlte sich weniger überwältigend an als der erste, da ich inzwischen wirklich beim Festival angekommen war und mich mit den kurzen Auftritten und vielen Möglichkeiten mehr zu Hause fühlte. Der Tag machte mich neugierig auf den weiteren Verlauf. Meine Erinnerungen sind klarer und ich habe ein besseres Gefühl für jede Band.

 

TAG DREI (7. NOVEMBER)

Mit dem dritten Tag hatte eine gewisse Routine eingesetzt: aufwachen, feststellen, dass ich das Frühstück mal wieder verpass habe, die Fotos vom Vortag durchsehen, einen Zeitplan für den Tag aufstellen und dann auf dem Weg zum ersten Veranstaltungsort oder direkt dort etwas essen. Für mich war es der Tag mit dem grauesten Wetter, dem dunkelsten offiziellen Veranstaltungsort, der bisher besten Stimmung, und außerdem die längste Nacht. Als ich endlich wieder in meinem Hotel ankam, hatte ich gelernt, dass auch die beste Kamera ihre Grenzen hat und das Vertrauen gewonnen, dass fast jede Art von Musik interessant sein kann, wenn man sie live hört.

Am dritten Tag groovte ich zu Elektro-Beats von Kajak und Elektro Pop im Stil der 80er von Berndsen, genoß Singer/Songwriter Greta Svavo Bech, Lindy Vopnfjörð und Pétur Ben, fand The Anatomy Of Frank immer noch grandios und bekam noch einmal Klassart zu hören. Dazu kamen spaßiger Alt Rock mit Rökkuró, noch mehr Eletro Pop von Kiriyama Family und François Pernel an der Harfe.

VERANSTALTUNGSORT: IÐA ZIMSEN

Die erste Anlaufstelle des Tages war ein Café und Buchladen, wo The Anatomy of Frank vor den Regalen spielten. Seit Beginn des Festivals hatten sie schon eine gewisse Anhängerschaft gewonnen und die Gerüchteküche sagte, im Vorjahr sei das nicht anders gewesen. Da sich die Band dessen durchaus bewusst war, erklärten sie, sie hätten vor wenigstens einen unterschiedlichen Song bei den verschiedenen Auftritten zu spielen, um die, die wiederkämen nicht zu langweilen. Alle außer dem Sänger Kyle spielten verschiedenen Instrumente, währen dieser sich als Geschichtenerzähler hervortat. Er ließ uns wissen, dass sie vorhätten, auf jeden Kontinent ein Album aufzunehmen und erzählte Geschichten über Familie und Freunde. Sie strahlten so viel positive Energie aus, dass alle im Publikum während des Konzertes lächelten und mit jedem Lied mehr mitgingen. Als sie schließlich eine Freundin auf die Bühne holten, um mit ihnen zu singen, wurde der Applaus noch lauter. Für den letzten Song teilte Kyle das Publikum in zwei Gruppen auf und brachte uns (nur pantomimisch!) bei, was wir zu singen hätten. Niemand verweigerte sich, und so wurde der Mitsingteil zum großen Finale. Ich kam nicht darüber hinweg, wie glücklich mich die wunderschönen und folkig angehauchten Songs machten. Vielleicht gab es später noch mal die Möglichkeit, diese Band wieder zu sehen.

VERANSTALTUNGSORT: EVRÓPUSTOFA

Moment mal? Ein Konzert im Informationszentrum über die EU? Mit belegten Broten, Kuchen und Getränken? Aber sicher doch! Ich könnte wetten, Airwaves hat schon seltsamere Veranstaltungsorte gehabt. Als ich ankam, spielte gerade der Französische Musiker François Pernel’s. Er spielte fast mythische Songs auf der Harfe, von folkigen Einflüssen bis zu experimentellen Klängen. Nicht unbedingt die Musik, die ich mir sonst so anhöre, aber sein geschicktes Spiel war wirklich ein Genuss.

Singer/Songwriter Petúr Ben kam als nächstes. Er spielte eine gute Mischung aus eigenen Songs und Coverversionen. Seine Musik war ehrlich und direkt, ohne Schnörkel und Verzierungen. Ein typischer Singer/Songwriter, genau so wie ich es mag.

VERANSTALTUNGSORT: THE LAUNDROMAT CAFÉ

Mit einem Platz an der bar war ich im Laundromat Café bereit für Rökkuró. Was ich allerdings nicht erwartet hatte, war plötzlich mittendrin zu sein, als der Basser beschloss, auf der Bar zu spielen. OK, cool, ich bin gerne nah dran und so bekam ich ein paar interessante Fotos. Die Musik? Die war großartig! Schöner, aktueller Indie Rock, der auf alle Besucher mitreißend wirkte. Ihre Songs zeichneten sich durch große Vielfalt aus, manche rockten, andere waren eher sanft. Es war deutlich zu spüren, dass sie ihren Auftritt genossen, sie nahmen das Publikum schnell für sich ein und ließen mich mit dem Wunsch nach mehr zurück.

VERANSTALTUNGSORT: FREDRIKSEN

Der Abend begann wider im Fredriksen mit Sängerin Greta Svavo Bech von den Färöer Inseln, die viele von ihr so angekündigte „sehr deprimierende Songs“ spielte. Sie war alleine auf der Bühne, mit Gitarre, E-Piano und Keyboard, aber als ihre kräftige Stimme den Raum erfüllte wurde klar, dass sie keinerlei Unterstützung brauchte. Ihr Stil ist schwer zu beschreiben, da sie Elemente verschiedener Genres vereint. Ein bisschen Pop hier, etwas Elektro da, ein paar Einflüsse aus der Klassik und andere Klänge, die die Kategorie Singer/Songwriter sprengen. Bei der unterschiedlichen Musik, die sie alleine spielte, fragte ich mich, wie sie sich wohl anhörte, wenn sie noch eine Band oder gar ein Orchester dabei hätte. Es ist bestimmt interessant, sich anzuhören, was sie in Zusammenarbeit mit anderen Musikern aufgenommen hat. Wie dem auch sei, ihr Set gefiel mir sehr gut.

Lindy Vopnfjörð mag einen isländischen Namen haben, ist aber Kanadier. Er unterhielt uns mit seinen Geschichten und seiner Gitarre, sang Songs über das Leben und alltägliche Begebenheiten. Einige der Lieder gefielen mir sofort, andere mochte ich nicht so, aber insgesamt machte er Spaß. Er bewies Sinn für Humor, als er witzelte, wenn wir ihn nach dem Auftritt sprechen wollten, fänden wir ihn in einem Zustand der Überraschung. Er nahm sogar Rücksicht auf seine Wurzeln und mischte einen isländischen Song unter ein Lied über seinen Großvater. Dabei sang ein großer Teil des Publikums mit. Dieser Auftritt hatte Spaß gemacht!

VERANSTALTUNGSORT: HÚRRA


Auf der anderen Straßenseite vor dem Húrra standen lange Schlangen in der Kälte, während es drinnen so voll war, dass es in kürzester Zeit ziemlich warm wurde. Ich kam gerade rechtzeitig, im das Elktro Duo Kajak zu hören, wobei sie viel besser waren, als ich erwartet oder gehofft hatte. Es war nicht nur so, dass ich mir ihre Musik gut anhören konnte, sondern sie gab mir sofort das Gefühl, tanzen zu wollen, und bald schon wiegte ich mich im Takt. Viele andere taten dies auch, manche tanzten sogar fast wie in Trance. Während sie spielten, projizierten sie Landschaftsbilder auf eine Leinwand im Hintergrund und erschufen davor beeindruckende Klanglandschaften. Die Drums in Tribalklänge in ihrer Musik sprach mich auch ohne Worte an und hielten mich gefangen. Es machte auch Spaß, ihre Interaktionen mit den Fans zu beobachten. Einer von ihnen bekam einen Drumstick in die Hand und durfte mittrommeln. Was für ein tolles Konzert!

Einer der bekannteren Künstler des Festivals war Berndsen, der Popmusik der 80er mit elektronischen Elementen wieder aufleben ließ und dabei neu erschuf. Die Musik erinnerte an OMD oder auch Ultravox, um nur ein paar zu nennen. Dieser Gig allein war Schlangestehen absolut wert, und insgesamt pures Glück. Nicht nur das Publikum, sondern auch die Band auf der Bühne bewegte sich im Rhythmus. David Berndsen scheute sich keineswegs davor, dem Publikum sehr nahe zu kommen und kommentierte schon bald „Hat Euch das erschreckt? Macht Euch keine Sorgen, es wird noch schlimmer!“ Es war gleichzeitig unglaublich gut und zum Kaputtlachen, Musik, um sich darin zu verlieren uns alles Schlechte im Leben zu vergessen. Nach einem tollen Finale kamen sie für eine Zugabe zurück. Ein Roadie half Berndsen aus dem T-Shirt und er nahm bei „Gimme Gimme“ ein Bad in der Menge. Nach dem Gig verließ ich das Húrra mit einem glücklichen Grinsen auf dem Gesicht.

VERANSTALTUNGSORT: FREDRIKSEN

Nachdem ich eine Weile ziellos umhergewandert war und im Harpa in ein paar Bands reingehört hatte, beschloss ich, dass es erstmal genug mit Elektropop war, entschied mich gegen FM Belfast und dafür, Klassart mit ihrer kompletten Band zu sehen. Es war genau die richtige Entscheidung für mich. Die verschiedenen Instrumente fügten ganz neue Schichten zur Musik hinzu und sie gefielen mir alle. Am Ende konnte ich mich nicht entscheiden, ob mir die komplette Band oder das Duo besser gefallen hatte. Beide Auftritte waren auf ihre eigene Art ganz wunderbar.


Im Anschluss dann doch wieder elektronischer Pop mit Kiriyama Family. Sie waren die letzten, die ich an diesem Abend sah und obwohl mir die Musik gefiel, fühlte ich mich zu erschöpft, um sie wirklich zu genießen. Der lange Tag wurde spürbar und das teilweise betrunkene Publikum was auch nicht wirklich angenehm. Daher schaffte es die Band nicht wirklich, mich zu beeindrucken, obwohl ich sicher bin, dass sie gut waren. Vielleicht gebe ich ihnen noch einmal eine Chance, aber in jenem Moment war es an der Zeit, nach Hause zu gehen.

ZUSAMMENFASSUNG

Der Tag ließ mich völlig erschöpft, aber glücklich zurück. Ich hatte ein paar Bands gesehen, von denen ich nie erwartet hätte, dass sie mir so gut gefallen würden und zweie, die ich sehr mochte, noch einmal gesehen. Es war die perfekte Musikmischung mit Spaßfaktor

TAG VIER (8.NOVEMBER)

Nachdem ich endlich mal ausgeschlafen hatte und ein kurzer Blick nach draußen auch noch Sonnenschein zeigte, erschien der Tag gleich viel freundlicher als die vergangene Nacht. Die Temperaturen waren zwar unter den Gefrierpunkt gesunken, aber alles sah irgendwie neu und glänzend aus. Es war der perfekte Tag, um sich touristischen Aktivitäten zu widmen, aber da ich schon mehrfach in Island war, hatte ich gar keinen Probleme damit, stattdessen einfach weitere Bands zu sehen. Die Nacht endete früher als geplant und bis dahin hatte ich gelernt, dass nicht alle Empfehlungen auch für mich passen, aber ein volles Haus ein guter Indikator für gute Shows ist.

Am vierten Tag haute mich die Leidenschaft und die Spielfreude, die Mammút und Future Islands auf die Bühne barchten, beinahe aus den Schuhen, fragte mich, warum nur so wenige gekommen waren, um sich die wunderbare Musik von Íkorny anzuhören, genoß die Elektro Pop Band Moving Houses, verließ Slippbarin auf jeden Fall zu früh, nachdem ich mir dort Vio angehört hatte und sah mir The Anatomy of Frank noch einma an. Lange Schlangen bei den kostenlosen Konzerten hielten mich davon ab, noch mehr zu sehen.

VERANSTALTUNGSORT: HITT HÚSIÐ

Der Veranstaltungsort befindet sich im selben Gebäude wie das Postamt, und auf dem Weg hörte ich schon die Musik aus den draußen aufgestellten Lautsprechern schallen. Bis ich dann drin war, war die Band allerdings fertig und ich konnte es mir gemütlich machen und auf die – für mich – einzige deutsche Band des Festivals warten: Moving Houses. Das Duo spielte schönen Pop mit Elektro Einflüssen auf Gitarre, Keyboards und Cello. Nicht nur gefielen mir die Stimmen und die Musik insgesamt, das Cello war der Höhepunkt für mich. Instrumente, die über den Standard von Gitarre, Bass, Drums und Keyboards hinausgehen, machen mich immer glücklich. Die Musik konnte man sich gut anhören, genau der richtige Anfang für diesen Tag. Danach blieb ich, um mir die vielfach empfohlenen Toneron anzuhören, aber sie sprachen mich so gar nicht an und ich ging, bevor sie fertig waren.

VERANSTALTUNGSORT: IÐA LÆkJARGATA

Ein weiterer Tag, ein weiteres Geschäft und wieder war es Zeit, sich in der Musik von The Anatomy of Frank zu verlieren. Sie entschuldigten ihren „Drummer“ (anders gesagt: Gitarristen / Multiinstrumentalist), der nach einer „etwas harten Nacht“ abwesend war, und waren ohne ihn genauso unterhaltsam. Das Publikum bestand diesmal aus weniger Personen, stand um die Jungs herum, die diesmal gleich am Eingang, direkt im Hauptfenster des Ladens spielten. Einige Kunden betraten während des Konzerts den Laden, machen blieben und ein paar schauten auch von draußen zu. Wie dem auch sei, die Musik bewirkte, dass ich die Umgebung sofort vergaß und anfing, zu den wunderschönen Melodien zu träumen. Die Interaktionen der Band mit dem Publikum kam ganz natürlich rüber und ihre kurze „Werbepause“, um ihr Album und ihre T-Shirts anzupreisen, war einfach nur witzig. Die Jungs sind einfach so sympathisch, dass es schwer ist, ihnen zu widerstehen, und darüber hinaus können sie auch noch gute Musik machen.

Daher überraschte es mich nicht, dass mehrere Leute, mich eingeschlossen, mit ihnen zum Hitt Húsið übersiedelten, um dort ihren nächsten Gig zu hören. Bei diesem zweiten Konzert spielten sie einen Song, den ich bisher noch nicht gehört hatte und es machte genau so viel Spaß wie das erste. Die Stimmung war etwas anders, vielleicht ein wenig ernsthafter, weil der Veranstaltungsort sich mehr nach Konzert anfühlte. Es ist jedoch so, dass The Anatomy Of Frank es immer schaffen, das Publikum in ihren Bann zu ziehen, völlig unabhängig davon, wo sie gerade spielen. Auch hier strahlte das Publikum am Ende und sang mit. Ich hoffe, dass ich diese Band bald wieder sehe.

VERANSTALTUNGSORT: SLIPPBARINN

Nach einem flotten Spazierganz zum Hafen, erreichte ich die Bar rechtzeitig für die Nachmittagskonzerte. Die Alternative Rock Band Vio hatte ich erst an diesem Morgen eingeplant, nachdem ich mir ein paar ihrer Songs angehört hatte. Es war ein entspanntes Konzert, bei dem viele Menschen vor der Bühne auf dem Boden saßen und andere einfach an der Bar standen und von dort zuhörten, ohne die Band zu sehen. Die weiche Stimme von Sänger Magnús hat genau das richtige Maß an Rauheit, um die Songs glaubhaft zu machen und die anderen Musiker in der Band sing genauso gut. Es ist gar keine Überraschung, dass den isländischen Nachwuchwettbewerb für Bands nur ein paar Wochen nach ihrer Gründung gewonnen haben. Das Konzert war schön, ich hätte gerne mehr gehört.

Danach machte ich den Fehler, die Bar zu verlassen – die Schlange vor dem Laundromat Café waren zu lang, um Sin Fang sehen, und als ich zur Bar zurückkehrte, um vielleicht Agent Fresco zu erhaschen, war auch dort die Schlange viel zu lang.

VERANSTALTUNGSORT: IÐNO

Das alte Theater am Teich (auch noch auf der Straße der Hoffnung) war ziemlich leer, als ich dort ankam, und bis Íkorni anfingen zu spielen, waren vielleicht 30 Leute dort. Die Musik hätte ein größeres Publikum verdient gehabt und in einem Gespräch, dass viel später stattfand, stimmten wir überein, dass wir eines Tages wahrscheinlich stolz berichten würden, wir seinen dabei gewesen, als sie vor ein paar Leuten spielten. Die Musik war eine interessante Mischung verschiedener Instrumente und Stile, die sich zu einem komplexen Gewirk zusammenfügten. Klassisch mit Streichern und Flöte, Pop mit Gitarre, Bass und Drums, alles verwoben mit zwei schönen Stimmen. Die Songs reichten von sanften, beinahe kitschigen Balladen bis hin zu Country-Melodien und leicht jazzig angehauchten Tönen. Insgesamt gefiel mir diese Vielfalt und ich wechselte zwischen Beobachten der Band, die „einen Menge Spaß“ auf der Bühne hatte, und Betrachten der glücklich tanzenden Fans hin und her. Das war ein guter Start in den Abend.

VERANSTALTUNGSORT: REYKJAVIK ART MUSEUM

Er ging weiter in der für mich bisher größten Halle des Festivals, die schon voll war, als ich zu den letzten Tönen von Introbeats dort ankam. Mammút war eine der wenigen Bands, die ich schon lange vor Beginn des Festivals auf meiner Liste gehabt hatte. Wie sie dorthin gekommen waren, wusste ich nicht mehr, aber die positiven Beschreibungen, die ich während der ersten drei Tage hörte, bestätigte meinen Eindruck, dass man diese Band nicht verpassen sollte. Bei so viel Lob kann es natürlich leicht passieren, dass eine Band dem nicht gerecht wird, aber das war hier nicht der Fall. Sie lieferten eine Schow, die meine Erwartungen deutlich überstieg, rockten den Saal und versüßten mir die Nacht. Ich liebe den Gesang, die Instrumentierung, den Klang, das Licht und den Auftritt insgesamt. Sie spielten mit so viel Energie und Leidenschaft, dass es unmöglich war, sich dem zu entziehen.

Sie bedienten sich bei allem was in der gegenwärtigen Rockmusik gut ist und mischten das zu einem neuen und wieder erkennbaren Sound zusammen. Zusammen erschufen sie komplexe, aber eingängige Melodien, die man immer wieder hören möchte. Mammúts unglaubliche Energie und ihre Spielfreude waren ansteckend. Das Publikum bewegte sich, tanzte und headbangte zur Musik mit glücklichen Lächeln auf den Gesichtern. Diese Band war für mich das Highlight des Abends.

Der Spaß ging mit Future Islands weiter, die sogar die Menschen vorne im Graben zum Tanzen brachten. Mit einer groben Idee davon, wie sich diese US Band anhörte, aber wenig Ahnung, worauf ich mich einließ, war die Entscheidung, an diesem Ort zu bleiben, eher der Bequemlichkeit als genauer Planung zu verdanken. Die Belohnung war ein energiegeladener Auftritt, bei dem Frontmann Samuel T. Herring sich so wild über die Bühne bewegte, dass er damit alle anderen anregte, es ihm gleich zu tun. Im starken Kontrast dazu stand Basser William Cashion beinahe unbeweglich auf der rechten Bühnenseite und spielte gelassen sein Instrument. Zugegeben, ich war so aufs Zuschauen fixiert, dass ich keine Ahnung habe, worum es in ihren Texten ging. Die Musik war aber interessant und vor allem tanzbar und das war in diesem Moment mehr als genug. Das Konzert war ziemlich hypnotisch, machte Spaß und ließ mich zufrieden zurück.

Nach diesem natürlichen Hoch war ich etwas unentschlossen, was ich nun tun sollte, die Bands, die im Harpa spielten, hörten sich interessant an, aber irgendwie fühlte sich das bisher Erlebte so gut an, dass es mir genug erschien, und so beschloss ich, den Abend hier zu beenden und vielleicht noch etwas Schlaf nachzuholen.

ZUSAMMENFASSUNG

Glück war an diesem Tag das vorherrschende Gefühl, und Dankbarkeit für die Möglichkeit, dort sein zu können. Es kommt nicht allzu oft vor, dass ich so viele einnehmende, Spaß machende und einfach gute Musikerinnen und Musiker in so kurzer Zeit zu sehen bekomme, und obwohl es am vierten Tag deutlich wurde, dass ich für jede großartige Band, die ich gesehen hätte, an anderer Stelle fünf großartige Auftritte verpasst hatte, gab es absolut nichts zu bedauern. Bei Airwaves geht es nicht darum, was man alles verpasst, sondern um die Künstler, die einen im Hier und Jetzt bewegen, erstaunen und glücklich machen. Die Schönheit des Ganzen liegt in der Tatsache, dass es bei der generell hohen Qualität der Musik kaum eine falsche Wahl gibt. Wen auch immer man sich ansieht, selbst wenn es ein Genre ist, mit dem man sich normalerweise nicht beschäftigt, solange man unvoreingenommen ist, wird man auf jeden Fall unterhalten. Und falls man doch einmal auf eine Band trifft, mit der man so gar nichts anfangen kann, gibt es nur um die Ecke mehr als genug Alternativen.

 

TAG FÜNF (9. NOVEMBER)

Bevor ich genau wusste wie mir geschah, war der fünfte Tag von Iceland Airwaves da und damit die letzte Chance, vielleicht noch ein paar der Bands zu sehen, die ich bisher verpasst hatte, oder noch Neues zu hören. Es war außerdem Tag des großen Abschlusskonzerts mit The Flaming Lips und The War On Drugs, auf die ich mich schon sehr freute. Nach fünf wunderbaren Tagen würde ich zurück müssen ins wirkliche Leben und zu meinem ganz normalen Job, aber zuerst hatte ich noch vor, diesen letzten Tag bis zum Schluss zu genießen. Als ich endlich wieder mein zeitweiliges Zuhause erreichte, um vor meiner Abreise noch einige wenige Stunden zu schlafen, hatte ich gelernt, dass manche Bands die Lobpreisungen, die sie erhalten, auch tatsächlich verdienen, und dass dir die besten Dinge und die besten Menschen manchmal am letzten Tag begegnen.

Am fünften Tag ließen The Flaming Lips mich lange um Worten ringen, um zu beschreiben, wie großartig sie waren, während The Walking Who mich mit meinen Gefühlen kämpfen ließen. The War On Drugs spielten eine solide Show, Bellstop überraschten mich, Marius Ziska sang bewegende Geschichten und Lucianblomkamp machte genau die richtige Hintergrund Musik für ein verspätetes Mittagessen.

VERANSTALTUNGSORT: KEX HOSTEL

Noch einmal fand ich mich im Kex Hostel wieder, wo es ein bisschen ruhiger geworden war, da die Konzerte am Sonntag nicht live übertragen wurden. Als ich ankam, war es trotzdem voll und ich hörte noch den Rest von Lucianblomkamps Set. Den Australier habe ich dabei nie gesehen, aber was ich hörte gefiel mir. Von den Songs auf Soundcloud hatte ich elektronischere Klänge erwartet, aber das hier was überraschend poppig und gut anzuhören.


Über The Walking Who hatte ich Gutes gehört, aber war trotzdem überrascht, wie gut sie wirklich waren. Die australische Band hatte so viel Energie und machte so viel Spaß, dass ich ihnen noch stundenlang zuhören wollte. Ihr Sound erinnerte mich an The Doors, aber da war noch etwas anderes, etwas das ganz ihr eigenes Ding war. Ich war nicht darauf vorbereitet, so in diese Musik hineinzufallen und noch weniger darauf, emotional Achterbahn zu fahren. Ich kann wirklich nicht erklären warum, aber sie sprachen mich emotional so stark an, dass ich anfing zu weinen. Abgesehen von ihren eigenen coolen Songs spielten sie ein atemberaubendes Cover von Dolly Parton’s „Jolene“. Es war unglaublich!

VERANSTALTUNGSORT: DILLON

Im Dillen sah zunächst alles ruhig aus, bis ich die Treppen zur Bar im zweiten Stock erklommen hatte und dort erst mal stehen bleiben musste, weil der Raum bereits übervoll war. Die Musik war jedoch wirklich schön – Gitarren und zweistimmiger Gesang. Ein Blick auf den Zeitplan über der Bar zeigte mir, dass ich gerade Bellstop hörte. Schon bald verstand ich, warum sich so viele hier versammelt hatten, um sie zu hören. Sie beschreiben ihre Musik als Folk & Roll und das passt genau. Sie erzählten lustige und auch ernstere Geschichten über die Ereignisse in ihrem Leben, manche mit Worten und noch mehr in ihren Liedern. Nach dem Konzert schrieb ich sie sofort auf meine Liste der Bands, die ich nochmal sehen muss.

Als nächster stand der Singer/Songwriter Marius Ziska von den Färöer Inseln noch einmal auf dem Programm. Endlich konnte ich mich auch nach vorne bewegen und die Bühne sehen, aber zum Fotografieren war es trotzdem zu dunkel. Es war toll, sein ganzes Konzert zu sehen mit Geschichten in Englisch und Färöisch, die mich zum Lächeln und zum Weinen brachten. Die Musik unterstrich die Worte, seine Stimme brachte viele Emotionen rüber. Dazwischen machte er Witze mit Band und Publikum, so wurde es nie zu ernst. Die perfekte Musik für einen ruhigen Sonntagnachmittag.

VERANSTALTUNGSORT: VODAFONE HALLE

Das große Abschlusskonzert des Festivals fand in der Vodafone Halle, nur ein wenig außerhalb der Stadtmitte statt, wo das Festival von zwei Alternative Rock Bands aus den US zu Ende gebracht wurde. Während ich The War On Drugs schon gehört hatte, sind The Flaming Lips eine dieser Bands, die ich nie wirklich auf dem Schirm hatte, obwohl ich sie natürlich dem Namen nach kannte und gutes über ihre Konzerte gehört hatte. Airwaves sah ich als eine gute Möglichkeit an, sie endlich einmal anzusehen. Tickets für ihre Show konnten im Vorfeld gekauft oder – für die etwas abenteuerlicher Veranlagten – am Freitagmorgen sozusagen „erstanden“ werden. Wer früh genug kam, bekam eins von 2000 Tickets für das Festival Armband geschenkt. Am Konzertabend war der Einlass zwar etwas verspätet, aber sonst lief alles glatt und es war voll, aber nicht überfüllt. Das Publikum hatte mehr als genug Platz, um sich zu bewegen oder zu tanzen wenn ihnen danach war.


Im Juni hatte ich The War On Drugs gemocht, aber nicht überragend gefunden und war überrascht, dass sie so viel besser und kraftvoller waren, als ich sie in Erinnerung hatte. Der Klang in der Halle war wirklich gut und dies war auch einer der wenigen Veranstaltungsorte, an dem man sich wirklich nicht über das Licht beschweren konnte. Die Band rockte – kein Schnickschnack, keine großen Effekte, einfach nur geradlinige Musik, gut gespielt. Ich mochte die Lieder und ihren Sound, habe sogar ein wenig getanzt, nachdem ich meine Pflicht als Fotografin erfüllt hatte. Sie waren guter Stimmung, genossen das Festival und machten aus ihrem Auftritt das Beste. Das Publikum jubelte ihnen zu und machte es ihnen leicht. Sänger Adam Granduciel redete nicht allzu viel, aber löste eine Menge Jubel aus, als er über The Flaming Lips sprach und witzelte, sie schössen ihn später aus einer Kanone. Die Band gab alles und lieferte ein solides Set ab, das nicht viele Wünsche offen ließ. Sie waren großartig als Vorbereitung auf die Dinge, die dann noch kamen.

Endlich, nach viel Vorbereitung, betraten The Flaming Lips die Bühne und für die nächsten zwei Stunden wünschte ich mir, eine Pausentaste oder wenigstens eine zum Zurückspulen, damit ich auch sicher sein könnte dass ich auch wirklich alles gesehen und gehört hatte, alles mitbekam, was da vor sich ging. Vom ersten Konfettiregen aus zwei Kanonen neben der Bühne bis zum letzten ganz am Ende war es ein Wirbelwind von Lichtern, Farben, Klängen, Kostümen, Ballons, aufblasbaren Puppen und anderen Effekten, und auch die Musik soll dabei natürlich nicht unerwähnt bleiben. Das Publikum machte von der ersten bis zur letzten Reihe Party und die Männer auf der Bühne, allen voran Sänger Wayne Coyne, waren dabei die Vorreiter, die uns anfeuerten. Am Ende dankte er allen dafür, dass sie „so fröhliche Freaks“ waren.

Ich bin mir nicht so ganz sicher, ob ich genug Superlative kennen, diesen unglaublichen Auftritt treffend zu beschreiben. Eine Fotografin, die wie ich zum ersten Mal die Band gesehen hatte, sagte im anschließenden Gespräch, sie habe noch nie eine Band gesehen, die so viel Aufwand in ihre Show stecke, und ich kann dazu nur ergänzen, dass sie ihren Auftritt zu einem Fest für die Sinne machten. Es ging aber nicht nur darum, Requisiten vorzuführen und uns mit Effekten zum Staunen zu bringen, sondern es ging auch darum, das Publikum zu beteiligen. Sie wollten nicht, dass die Zuhörenden nur noch fassungslos schweigen konnte, sie wollten, dass wir schrien, tanzten, mit ihnen interagierten und feierten. Von riesigen Ballons, die immer wieder in die Menge und von dort zurück auf die Bühne geworfen wurden, bis zum viel gehörten „Come on Motherfuckers“ schafften sie es irgendwann, alle Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.

Die Band war mit Kostümen und bunten Perücken bekleidet, manche trugen sogar Make-Up und Coyne trug lange Lametta Fäden an den Ärmeln, die das Gitarre spielen etwas komplizierter machten. Gigantisch aufblasbare Puppen in Form von Sonne, Stern, Außerirdischen, Schmetterlingen und sogar der Weihnachtsmann bevölkerten die Bühne boten sich an zum Anlehnen oder zum Tanzen. Lichter in allen Farben des Regenbogens flackerten über die Leinwand hinter der Band, und spätestens als Coyne die riesigen aus Ballons geformten Worte „Fuck Yeah Iceland“ hochhielt, jubelte wirklich die ganze Halle. Die Ballonbuchstaben wanderten mehrfach durchs Publikum und immer wieder zur Bühne zurück. All diejenigen, die sie halten durften, sahen dabei glücklich und stolz aus.
Die Songs? Es war eine gute Mischung aus Stücken von verschiedenen Alben mit ein paar Coverversionen dazwischen, von ihrem größten Radiohit „She Don’t Use Jelly“ bis hin zum beliebten „Do You Realize???“ und ganz viel dazwischen. Die Musik war bewegend, sanft, stark, meistens fröhlich und insgesamt genauso gigantisch wie die Requisiten. Das Gesamtpaket von dem, was es da zu sehen und zu hören gab, haute mich um, und als ich dachte, es könnte nicht mehr interessanter oder spaßiger werden, bestieg Coyne einen lebensgroßen Ballon und ging darin über’s Publikum. WOW! Die Show endete mit einer großartigen Version des Beatles Songs „Lucy In The Sky With Diamonds“, bevor die Band die Bühne zum letzten Mal verließ. „Unglaublich“ reicht nicht mal ansatzweise aus, um das Erlebte zu beschreiben, „total überwältigend“ kommt der Sache schon näher, reicht aber noch immer nicht. Lasst es mich mal so sagen: Es war ein extrem guter Trip, den ich gerne mitgemacht habe.

Auf dem Weg nach draußen hörte ich einige aufgeregt reden, während andere einfach nur sprachlos waren. Sie suchten ihre Klamotten, ihren Verstand und vielleicht auch ein paar Souvenirs wie eine Hand voll Konfetti oder einen der Buchstabenballons zusammen und stolperten aus der Halle. Fuck Yeah Flaming Lips! Fuck Yeah Iceland! Fuck Yeah Icleand Airwaves! Ich hätte mir ein besseres Ende für dieses Festival nicht vorstellen können und schwebte glücklich nach Hause.

Mehr Fotos von den Bands in der Galerie, Link oben!

ZUSAMMENFASSUNG

„WOW!“ fasst diesen letzten Festivaltag ganz gut zusammen, der mir einige der besten Bands der Woche beschert hatte. The Flaming Lips haben alleine 10 Hirsche verdient und vielleicht sogar mehr, aber insgesamt würde ich den Tag mit 9,5 bewerten. Ich bezweifle dass es viel besser werden kann. Nicht nur war dieses Festival besonders gut gut organisiert und bot großartige Bands, alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren wirklich nett. Egal wo ich hinging, überall fühlte ich mich willkommen. Viel Lob an die Organisierer und alle Helfenden.

Am Anfang dieser Rückschau grübelte ich darüber, wie es sich anfühlte, dieses Festival zu atmen, und beinahe eine Woche später möchte ich das immer noch etwas näher erklären. Ich bin sicher, dass alle Festivalgäste ihren ganz eigenen Weg gefunden haben, Iceland Airwaves zu genießen, und genau darum ging es dabei – das Beste daraus zu machen.

Für mich persönlich lässt sich das alles in folgender Liste zusammenfassen:
– nachts um zwei nach mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht Hause stolpern, viel zu aufgedreht um zu schlafen
– ein kleines bisschen traurig darüber sein, das Konzert der Metalband eines Freundes verpasst zu haben, obwohl ich mit Metal noch nie viel anfangen konnte
– mir in überfüllten Hallen und Bars den Hintern abzuschwitzen, nur um dann draußen zu frieren
– glücklich zu Elektropop zu tanzen, obwohl ich Elektro eigentlich gar nicht mag
– mit Fremden mitten auf der Straße Kuchen zu essen
– sich so in eine Band zu verlieben, dass ich am liebsten alle (13!) ihrer Konzerte gesehen hätte
– müde aufzuwachen, nicht mehr geradeaus denken zu können und sich trotzdem auf den Tag zu freuen
– so emotional überwältigt zu sein, dass mich selbst Songs in Sprachen die ich gar nicht verstehen kann, zum Weinen brachten
und nicht zuletzt so viele Erinnerungen gesammelt zu haben, dass es unmöglich erscheint, sie alle einzuordnen.

Viele fahren jedes Jahr deswegen nach Island, und die, die das Glück haben dort zu leben, gehen jedes Jahr wieder hin, und jetzt verstehe ich endlich warum. Nächstes Jahr werde ich es nicht schaffen, aber ich komme bestimmt wieder. Bis dahin sage ich Auf Wiedersehen Iceland Airwaves und vielen Dank!

Text & Fotos: Stefanie Oepen (Landschaftsfotos: K.Weber)

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Contributors

GastmitarbeiterInnen / guest contributions

Reguläre GastmitarbeiterInnen u.a. Melanie Kircher, Tatjana Tattis Murschel, Grit Kabiersch, Marina Minkler, Maria Levin, Jasmine Frey, Nina Ratavaara, Elvira Visser, John Wisniewski

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