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Steve Harris British Lion

Auch in einer Metal-Metropole wie Helsinki ist ein Montag doch ein etwas heikler Termin, daher bin ich schon gespannt, wie viele es am Wochenbeginn in den Club geschafft haben. Und wie viele tatsächlich die Band bereits kennen und nicht vorwiegend deren Bassisten. Steve Harris´ Nebenprojekt befindet sich bis Ende März auf Europa-Clubtour – ziemlich „back to the roots“ für jemanden, der von Iron Maiden ganz andere Dimensionen (Stadien etc) gewöhnt ist … Der finnische Löwe empfängt den britischen Kollegen etwas frostig, was das Wetter betrifft – mit heftigem Schneetreiben – ein böses Omen?

Nicht was den Publikumszuspruch betrifft, der Club ist tatsächlich voll, jedoch nicht völlig ausverkauft. Die Hoffnung, noch etwas von der Vorband Zico Chain aus London mitzukriegen, erfüllt sich nicht, als ich ankomme, ist schon Umbaumusik zu hören… aber ihr könnt euch hier selbst einen Eindruck bilden: www.zicochain.net

Leider hatte ich keine Fotoerlaubnis, Live-Impressionen findet ihr also nur auf der Website der Band. Auch ein Vorteil – als Steve Harris British Lion überpünktlich um 21h loslegen, kann ich mich voll auf die Musik konzentrieren.
Und die hat es in der Tat in sich: ich würde es mal als klassischen Hardrock mit Grunge, Prog und Stoner-Rock oder sogar Pop-Elementen bezeichnen. Mal fühlst du dich an Alice in Chains, mal an Rainbow erinnert, mal klingt ein Keyboard nach Deep Purple. Oder anders ausgedrückt, – treibende Rhythmen, fette Gitarren und ein toller, charismatischer Sänger, eingängige Melodien und mehrstimmige Refrains, die sofort ins Ohr gehen. Nur selten kommt mal ein Basslauf vor, der was von Maiden hat, oder Maiden-artige Gitarren-Harmonien (z.B. The Burning).

Der Band-Pate benimmt sich auch nicht wie eine „Rampensau“ und hält sich oft bewusst im Hintergrund – es fällt auf, dass er auch in dieser Band jedes Wort der Vocals zu kennen und mitzusingen scheint. Generell wird den Instrumentalisten ausreichend Raum gegeben, jedoch stehen keine Solo-Orgien an.

Eine tolle Truppe hat Steve um sich geschart – Richard Taylor, vocals, David Hawkins, guitar + keys, Grahame Leslie, guitar, und Simon Dawson, drums. Der erste Aufenthalt in Helsinki, dem nördlichsten ihrer Tour, macht allen offensichtlich viel Spass – Richard verrät später auch, dass alles mitgefilmt wird. Das Publikum ist aber ohnehin schon von Anfang an mit dabei, singt kräftig mit und lässt zwischendurch in „British Lion“ Sprechchöre hören – und viele (etwa 50% der Anwesenden) zeigen bei der Frage auf, wer denn das Album besitze… kurz, es wäre ein perfekter Gig geworden, aber …
… mittendrin wirft jemand einen Getränkebecher (oder eine Plastikflasche?) Richtung Bühne, und die trifft Grahame voll am Kopf. Der reagiert auch richtig sauer und schlägt sogar vor: „after the gig we fight it out“ … verstehe ich auch, denn eigentlich sollte das Publikum dem Teenager-Alter und -benehmen lange entwachsen sein… Total unnötige Aktion, der Betreffende soll sich nochmal kräftig schämen (falls ihn Grahame nicht doch nach dem Gig vermöbelt hat).

Die Musik stimmt allerdings alle schnell wieder versöhnlich – wie etwa eine Hymne wie Us Against The World oder Last Chance bzw. Judas, die fast als Powerballaden durchgehen. Kurzer Abgang – aber die Band kommt nochmal für 2 Songs wieder, lässt das Publikum mitsingen – welches dann auch nach offiziellem Ende der Show und den Verbeugungen nicht mit dem Singen aufhören will. Aber leider müssen wir dann doch alle wieder raus ins Schneetreiben…
Fazit: Tolle Band, unabhängig davon, dass da ein gewisser Steve Harris den Bass würgt. Seht sie euch an, wenn sie bei euch auf ihrer Tour Station machen.
Setlist:
This Is My God
Lost Worlds
Karma Killer
Father Lucifer
The Burning
The Chosen Ones
These Are The Hands
Guineas and Crowns
Last Chance
Us Against The World
A World Without Heaven
Do You Want It
Judas
Encores: Let It Roll
Eyes Of The Young

Klaudia Weber

Rücksichts- und gnadenlose Diktatorin, kniet vor mir! Anders gesagt: Chefredakteurin, Übersetzerin, Webseiten- und Anzeigenverwaltung, also "Mädchen für alles" - - - Schwerstens abhängig von Büchern (so ziemlich alles zwischen Herr der Ringe und Quantenphysik) und Musik, besonders von Metal finnischer Prägung. Weiters Malen, Zeichnen, Film, Theater... also könnt ihr mit einer vielseitigen Website rechnen. Mag.phil., zwei in 5 Jahren parallel abgeschlossene Vollstudien (English & American studies, Medienkommunikation) und stolz darauf, denn als Mädel aus einer Arbeiterfamilie in einem erzkonservativ-katholischen Land ging das nur dank Stipendium und etwas später im Leben als andere....