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Julien-K / The Crying Spell / Nox Interna in Hamburg

Ursprünglich war die Deutschland-Tour der US Elektronik-Rocker Julien-K mit den Vorgruppen Mnemonic und Domenica geplant. Statt dieser traten Nox Interna aus Madrid und The Crying Spell aus Seattle auf und gaben damit dem Stil anstelle von Heavy Rock eine von Gothic und dunklem Ambiente gezeichnete Richtung.

Die Bandbreite des Headliners Julien-K lässt dies durchaus zu, welche ursprünglich ja auch eher dunkel und elektronisch angelegt ist. Die schwarze Szene hatte diese stilistische Neubesetzung der Tournee allerdings nicht erreicht; von diesen ließ sich keiner blicken, obwohl gerade Nox Interna ein Vertreter dieses Genres darstellt.

Die seit 2007 existierende, spanische Band zelebriert geradezu klassischen Gothic-Rock und lieferte eine eindrucksvolle, phantasievolle Show mit visuell theaterhaften Einlagen. Im Zentrum der singende Performancekünstler Richy Nox, der Nox Interna seit zwei Jahren als Soloprojekt betreibt und dieses nur bei Konzerten als Band realisiert. Musikalisch gibt es einige Ähnlichkeit zu den 69 Eyes, den Deathstars oder Sisters Of Mercy; treibender, tanzbarer und recht massiv dargebrachter Düsterrock.

Da Deutschland vergleichsweise über eine recht ausgeprägte Marketingstruktur bezüglich der schwarzen Szene verfügt, bemühte sich Richy Nox mit seinem neuen Album, stärker als zuvor, in diesen Markt vorzustoßen. Insbesondere durch englische Texte, wenngleich etliche Songs in markant spanischer Sprache von seiner ersten Platte gebracht wurden. Das zahlreiche Bemühen der mediterranen Musikernationen, die englische Sprache als Schlüssel zum internationalen Erfolg zu sehen, anstatt sich auf eigenständige, unverwechselbare Musik zu konzentrieren, ist ein eigenartiges Phänomen der verbalen Selbstverbiegung.

NOX INTERNA Website

The Crying Spell ist eine vor vier Jahren gegründete Band aus Seattle, der traditionellen Hochburg des Grunge. Doch The Crying Spell klingen in Liedern wie „Android Lust“ oder „The Dead War“ eher nach The Cure und erstaunlich britisch nach Batcave.

Die meisten Lieder stammten von der 2012 erschienen Platte „Disgraceland“. Der baumlange, blonde Sänger Len Hotrum hatte keine Probleme, das obere Scheinwerfergitter über der kleinen Bühne des Marx mit den Händen zu erreichen. Einen Bassisten suchte man vergeblich, die Songs waren deutlich elektronischer geprägt, wenngleich Gitarrist Eric Snyder erst zurückhaltend, dann zunehmend in Fahrt kommend, sehr gute Saitenarbeit leistete.

Im Lied „Never Before“ wurde ein deutlicher Bezug zu U2 aufgebaut und die Brücke zu der 80er Pop-Wave Musik erweitert, aus der ebenfalls Julien-K ihre Inspirationen schöpfen.

THE CRYING SPELL Website

Auch Julien-K haben eine neue CD „We´re Here With You“ im Gepäck, welche im Unterschied zu ihrem 2009er Debüt leichter, geradliniger und weniger dunkel ausgefallen ist. Bekanntlich sind Ryan Shuck und Amir Derakh keine Neulinge im Geschäft, sondern die ehemaligen Gitarristen der sehr erfolgreichen US Band Orgy.

An den Keyboards werkelte der Underground-Elektroniker Anthony Valcic und schuf den synthetischen Klangboden, in den die Gitarren ihre wavigen Kurven frästen. Man konzentrierte sich fast ausschließlich auf das Songmaterial der neuen Platte. Der moderne Transfer von 80er Jahre Pop-Strukturen in das Zeitgeist-gerechte Soundkleid der aktuellen Computergeneration funktioniert sogar auch im Konzert und nicht nur als ausgefeilter Mix im Album.

Dennoch steht live die Handarbeit im Vordergrund. So perfekt die Songs ausgefeilt sind, ist von Sterilität keine Spur. Insbesondere Ryan Shuck singt, performt, schwitzt und arbeitet und scheint die unmittelbare Nähe zum Publikum in den kleinen Clubs zu mögen und zu suchen.

JULIEN-K Website

Andreas Torneberg

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