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Bruce Springsteen and the E Street Band

31.7.2012, Olympiastadion Helsinki FIN

Was schreibt man, wenn die Worte fehlen? Wie beschreibt man das Unbeschreibliche? Ich bin noch immer genauso erstaunt wie beeindruckt und schüttele jedes Mal, wenn ich darüber nachdenke, ungläubig den Kopf. Jegliche Erwartungen, alle wilden Fantasien, die ich über dieses Konzert hätte haben können, wurden nicht nur erfüllt, sondern übertroffen. Ich weiß wirklich nicht, wie sie das machen, aber Bruce Springsteen and the E Street Band schaffen es immer wieder, mich zu verblüffen und nach diesem Konzert stand ich noch lange mit heruntergeklappter Kinnlade da.

Es war ungefähr 18:15 Uhr, als das Publikum direkt vor der Bühne anfing zu jubeln. Ich schaute hinüber und mochte meinen Augen nicht trauen: Bruce kam mit Gitarre in der Hand auf die Bühne, sagte er wolle eben Hallo sagen. Er sprach über diejenigen, die ihm von Konzert zu Konzert hinterher reisen, bedankte sich dafür und spielte “I´ll work for your Love” für uns. Danach griff er sich ein Schild mit Musikwunsch und meinte “OK, wir versuchen das Mal”. Als ich lesen konnte was darauf stand, dachte ich, ich wäre im Himmel: ´Leap of Faith´ – in einer Millionen Jahre hätte ich nicht geglaubt, das mal live zu hören. Es dauerte eine Weile, bis er es hinkriegte, aber dann war es einfach wundervoll. Es folgt “No Surrender” und ich begann mich zu fragen, wie lange er wohl spielen werde. Ich will mich bestimmt nicht beschweren, aber das hatte ich nun wirklich nicht erwartet. Bruce nahm noch mehr Wünsche an, spielte “For you” und “Blinded by the Light”. Letzteres finge er damit an, dass er sang, er habe dies in einem Bus geschrieben, als er über einem Schönheitssalon lebte und außerdem ein Reim-Wörterbuch benutzt – ziemlich witzig. Nachdem das Lied vorbei war, ging er an der ersten Reihe entlang und schüttelte allen die Hand. Als er die Bühne verlassen hatte, stand ich völlig verdattert da und konnte nur grinsen. Allein diese halbe Stunde war besser als alles, was ich jemals bei einem Springsteen Konzert erlebt hatte – und es war noch nicht einmal das “richtige” Konzert.

Um 19:50 Uhr war die Band dann auf der Bühne, ohne Intro marschierten sie einfach raus. “Dies ist unser letzter Halt in Europa, lasst es uns richtig machen” rief Spingsteen und sie spielten “Rocking all over the World” – ein toller Anfang für eine unglaubliche Show. Es ging weiter mit “Night” und bei “Out in the Street” war die Party schon in vollem Gange. Danach wurde es immer noch besser mit einer sehr gemischten Setlist und vielen erfüllten Musikwünschen. Bei jedem Song den er auswählte, tauschte ich überraschte und ungläubige Blicke mit denen, die neben mir standen. Vielleicht spielte er nicht viele Tourpremieren, aber für mich war es die perfekte Setlist mit vielen Songs, die ich schon lange mal wieder hören wollte. “Loose Ends” war nur der erste davon. Ich war schon so glücklich, wie ich er nur werden konnte, als Bruce auf ein weitere Schild zeigte und Steve van Zandt fragte, ob er meinte, das sei machbar. Danach kamen wir in den Genuss von “Prove it al Night” mit dem ´78er Intro. Der Song an sich ist schon der Hammer, aber so wie damals? Himmlisch.


“Does this Bus stop at 82nd Street” war ein weitere Song, den ich nicht erwartet hatte, viel Spaß und tolle Soli. “Be true” hatte schon immer einen besonderen Platz in meinem Herzen. Es wird an dieser Stelle schon schwierig, die richtigen Worte zu finden. Ich könnte nicht aufhören zu lächeln. Bald ließ sich Bruce ein Schild mit blinkendem Stern und der Aufschrift “Light of Day” geben, bewunderte es kurz, fragte sich, ob überhaupt jemand den Song kenne, der ja auf dieser Tour noch nicht gespielt worden sei und spielte ihn dann trotzdem. Sicher nicht einer meiner Favoriten, aber auf jeden Fall toll. Spätestens da war klar, dass dies eine Party für die Fans war und nicht für die, die nur ab und zu mal zu einem Springsteen Konzert gehen.
“Waiting on a sunny Day” brachte das unvermeidbare “Wir holen irgendein Kind auf die Bühne und lassen es singen”, aber mit dem wunderbaren “Back in your Arms” machte Bruce das wieder wett. Unglücklicherweise war der Sound in dem Moment nicht gerade toll, wurde dann aber wieder besser. Vor den Zugaben verließ die Band kaum die Bühne, spielte fast sofort “We are alive”. Besonders der Chor war großartig. Bei “Dancing in the Dark” durfte eine Frau aus dem Publikum mit Jake tanzen und zwei tanzten mit Bruce. “Tenth avenue freeze-out” fing an und ich dachte, das könnte der letzte Song sein, hoffte aber, danach käme noch was. Der Tribut and Clarence Clemons ist wirklich schön und bewegend und eignet sich gut als Schlusspunkt, aber an diesem Abend wollte ich nicht, dass die Show damit aufhört.

Wie konnte ich nur glauben sie könnten jetzt einfach aufhören? Bruce zeigte auf ein Schild und bat die Crew es ihm zu bringen. Er kommentierte “Wir kennen das nicht, aber wir können es singen” und begann mit “I don´t wanna go home”. Treffender hätte die Auswahl nicht sein können, denn es wollte wirklich niemand nach Hause. Schön würde ich das Duett von Bruce und Steve nicht nennen, aber es war trotzdem großartig, einfach perfekt. “Oh Steve, ich gehe noch nicht, ich habe noch eine Botschaft für die Leute hier” sage Bruce am Ende.

“Higher and Higher” war der nächste Song, den Springsteen auswählte – gute Wahl. Und damit war es noch immer nicht vorbei, den “Twist and Shout” folgte als letzte Zugabe. Kurz vor Schluss rief Bruce “Mir ist gerade gesagt worden, dass und nur zwei Minuten an vier Stunden fehlen!” und find noch eine Reprise an. Ungefähr um zwei Minuten vor Mitternacht war es dann endgültig vorbei und die Band verließ die Bühne nach dem längsten Konzert in ihrer Geschichte. Was für ein Tag! Was für eine Nacht! Wieder einmal haben Bruce Springsteen und die E Street Band bewiesen, dass sie zu den absolut besten Live Acts gehören.

Stefanie Oepen

GastmitarbeiterInnen / guest contributions

Reguläre GastmitarbeiterInnen u.a. Melanie Kircher, Tatjana Tattis Murschel, Grit Kabiersch, Marina Minkler, Maria Levin, Jasmine Frey, Nina Ratavaara, Elvira Visser, John Wisniewski