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Down By The Laituri 2014

22-27. 7. 2014, Turku, Finnland

Zum 27. Mal findet in diesem Jahr in Turku das Down by the Laituri Festival statt. Seit 1988 lockt dieses Festival beim Aura Fluss inmitten der Stadt Jung und Alt an. In diesem Jahr zeigt sich das Spektakel in einem anderen Gewand als das Jahr zuvor, das Zelt ist jetzt nicht mehr ein Zirkuszelt, sondern ein überdimensionales Festzelt, welches mehr Platz und vor allem eine bessere Lüftung bietet, und mit einer zweiten Bühne hat man noch mehr Künstler, die ihre Musik zum Besten geben. Ebenfalls neu ist, dass es in diesem Jahr bereits am Dienstag mit einer sehr gut besuchten Stand Up Finlandia Show losgeht. Komiker wie Sami Hedberg, Jape Grönroos und viele mehr versetzten die Besucher mal mehr Mal weniger in Gelächter. Wetter mässig hat es in diesem Jahr super gepasst, das ganze Wochenende Sonnenschein und Temperaturen um 27-33 Grad und das auf einem Platz, der kaum Schatten bietet, aber dank des Flusses weht immer eine leichte Brise.

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Mittwoch 23.7.

Wir finden uns erst am Mittwoch auf dem Gelände ein und lassen es wegen der Hitze – und weil wir uns beide gleich noch vor dem Festival deftig erkältet haben – langsam angehen. Während bereits um 15.00 die Tore geöffnet werden und Bands wie WRUM und Apulanta das Festival auf der Telta Bühne einläuten, spielen auf der Rantalava Gangster of Love, welche bereits im letzten Jahr ihren Blues Rock zum besten gaben. Im Publikum finden sich bereits jetzt die ersten Schnapsnasen, einige davon sind so auffällig, dass sie von der Security nach kurzer Zeit freundlich vom Gelände geführt werden und wohl auch die nächsten Tage nicht mehr zu kommen brauchen. Die Band konzentriert sich derweil auf die Darbietung ihrer Songs und widmet einen davon dem kürzlich verstorbenen Johnny Winter.

Als nächstes steht ein finnisches Phänomen an: Egotrippi – man liebt oder hasst sie, aber wer die Finnen bei einem Konzert sieht weiss, dass sie lieben was sie tun. Mit ihren Hits „Älä koskaan ikinä“ oder „Matkustaja“ gehören sie mit ihren Pop Songs zu den bekanntesten Bands in ganz Finnland. Das Publikum feiert die Band mit dem etwas eigenwilligen Sänger total ab und singt lautstark mit. Ein gelungener Auftakt für uns und darum verzichten wir auf die Schlagerdiva Kaija Koo und kommen morgen wieder zurück für einen langen Tag am Festival.

Donnerstag 24.7.

Wieder pünktlich um 15.00 Uhr öffnen sich die Tore nach einem kurzen Regenschauer, der ein bisschen Abkühlung bringt. Das Festival eröffnet heute Jonna Aaron, der immer noch Solo unterwegs ist und nicht mit seiner Rockband Negative. Mit seinen finnischen Songs, man könnte es Schlager nennen, unter denen sich auch ein paar Cover von berühmten finnischen Evergreens befinden, heizt er den noch nicht allzu zahlreich erschienen Gästen ein. Auch wenn es etwas früh ist und man ihn ruhig später hätte auftreten lassen können, gibt die Band alles und liefert einen schönen Auftritt, der auch sie zufrieden die Bühne verlassen lässt. (Sandy)

Das Donnerstag-Program bei der Flussbühne begann für mich mit härteren Tönen, da Viikate die Bühne eröffneten. Ich bezeichne mich selbst nicht wirklich als Fan, aber ihre Festival Setliste war mir bekannt genug, mit Songs aus ihren älteren Alben, aber auch von ihrem 2014 erschienen Motörhead Cover Album „Panosvyö“, zum Beispiel die Viikate Version von Killed by Death, hier „Kuollut kuin hengetön“. Die melancholischen Lyrics und der dunkle Sound boten auf komische Art und Weise einen Kontrast zum sonnigen, heissen Wetter – Ich fühlte mich fast als ob man das im November hören sollte, wenn es regnet oder in mitten des dunkelsten Winterabends. Oder vielleicht hätte ich mehr an einen kalten Lufthauch von einem schattigen Friedhof denken sollen, obwohl Tropfen von Schweiss mein Rückrad runterliefen…
(Johanna)

Nach Jonne Aaron kommt die nächste finnische Künstlerin Suvi Teräsniska. Die 25 jährige beweist, dass Hartnäckigkeit sich auszahlt, denn ihre Karriere startete sie als Fan von Yö und nach jahrelangem Nachreisen bei dieser Band und Betteln darum, einen Song mit dem Sänger singen zu dürfen, gaben sie ihr diese Chance, und so wurde sie selber zum Star. Mit ihrer zarten Stimme gibt sie meist langsame Songs zum Besten die sehr einfühlsam gesungen sind. Vielleicht nicht ganz passend, um die Stimmung bei dieser Hitze auf dem Höhepunkt zu halten, aber trotzdem eine schöne alternative zur Partystimmung.

Auf der Rantalava widmet sich der Rest des Abends den 90ern. 90er Partys sind in und vor allem im hohen Norden treten Stars wie David Hasselhoff wieder regelmässig auf. Am Down By the Laituri trifft man auf die zwei Schwarzen Künstler die die Eurodance Szene der 90er wohl am meisten geprägt haben, Haddaway und Dr. Alban. Denn Anfang macht der holländische Haddaway, der zuerst mal auf die Bühne kommt und ankündigt, dass er zuerst den Monitor checken müsse, nach langem hin und her und Gequatsche mit dem Publikum geht es dann endlich los mit dem ersten Song, nach welchem er gleich wieder etwas auszusetzten hat. Während seine Gastbackgroundsängerin professionell bleibt und versucht, das Beste aus der Situation zu machen, rastet er total aus und bricht sogar während seines grossen Hits „What is Love“ mitten im Song ab. Die Reaktion war ein fassungsloses Publikum, das auch gleich noch eine Lachnummer dazu erhält. Das Resultat davon war eine genervte Sängerin, ein belustigtes Publikum und ein abgehalfterter 90er Jahre Star, der beim Abgang das Mikrophon auf die Bühne liess.

Sein Kollege aus Schweden Dr Alban machte es ihm mit den Starallüren gleich, zwar ist er weit unkomplizierter, was die Technik und die Musik anbelangte, aber ihm passte dann das Publikum nicht. Ein weiblicher Fan, der immer zu schrie, sollte laut ihm eliminiert werden und vom Gelände verwiesen, weil ihn das beim Performern störte. Ja klar, sonst noch irgendwelche Wünsche? Die Leidtragende ist wieder die gleiche Gastsängerin wie bereits bei Haddaway, die die Launen der Möchtegern Stars ausbaden darf und dabei professionell bleibt und eine gute Leistung abliefert. Hut ab für die junge Schwedin, dass sie die Starallüren dieser beiden Herren ohne Murren überstand. (Sandy)

Nach Viikate war es Zeit wirder zurück ins Schwitzige DBTL Zelt zu gehen. Neljä Ruusua,ein Meilenstein der finnischen Rock Szene, ein Set voller alter Hits von den 90ern (Hunningolla, Juppihippipunkkari, Poplaulajan vapaapäivä…) und 2000’s (Popmuseo, Katkera kuu…). Ilkka Alanko sprang auf der Bühne ziemlich energetisch herum und das Publikum sang mit bei den meisten bekannten songs. Ich tat das auch. Die meisten 90er Songs sind Teil des Soundtracks meiner High School Jahre, also war es wirklich eine kleine nostaligische reise in die Vergangenheit. Perfekt für einen Sommer Festival Gig! (Johanna)

Der Letzte Abschnitt des Donnerstagabends am Aura Flussufer war reserviert für grosse Divas. Die Divet Show und das Konzert von Paula Koivuniemi – beide haben das Publikum gut unterhalten. Die Divet Show ist eine Drag show von einer der Top Drag Queens Finnlands, Marko Vainio. Es war nur eine ca. 30minütige Show, aber man hat währenddessen viele von Finnlands Topentertainern gesehen. Paula Koivuniemi, Jenni Vartiainen, Katri Helena und auch Turkus eigenen Prinz des Pop, Robin. Es gab auch Besuche von internationalen Stars wie Tina Turner, Celine Dion und natürlich, die einzig wahre bärtige Lady, welche den Eurovision Song Contest gewonnen hat, Conchita Wurst. Das Publikum am DBTL war sichtlich unterhalten.

Nachdem die Diva(s) von der Divet Show die Bühne verlassen hatten, war es Zeit für Finnlands führende Entertainerin, nach vorne zu treten Paula Koivuniemis Festival Konzerte sind bereits so etwas wie ein Phänomen. Ihre Karriere erstreckt sich über mehrere Jahrzehnte Finnischer Pop Musik, und obwohl sie mehr als Schlagersängerin begann und es heute noch ist, scheint das Publikum an Rock Festivals sie heutzutage zu lieben. Mir gefällt ihre Musik nicht so sehr, aber ich schätze ihre stahlharte Professionalität und, meine Güte, sie hat eine herausragende Band die mit ihr auftritt! Ihr Gitarrist zum Beispiel ist Tuomas Wäinölä! Das DBTL Zelt war sehr voll gepackt und ich genoss den Big Band Sound von Paulas Band sehr. Liebt sie oder hasst sie, sie ist der wahre Deal, eine echte Finnische Diva. (Johanna)

Freitag 25.7.

Ich bin zeitig beim Festival erschienen, um Poets of the Fall auf der Zeltbühne zu sehen. Da sie so früh spielten (15.45 am Nachmittag), hatten sie vielleicht nicht ein ganz so grosse Zuschauerzahl, als wenn sie später am Abend gespielt hätten. Wie auch immer , der Gig war ein solider PotF Gig. Vielleicht nicht der energiereichste, den ich bisher gesehen habe von ihnen, aber hey, die Temperaturen im Zelt waren sehr wahrscheinlich um die 40C°, ich verurteile niemanden, der es ein bisschen ruhiger angehen lässt. Wir haben Material von all ihren Alben gehört, von ihrem ersten Song Late Goodbye bis zu Songs wie Kamikaze Love von ihrem letzten Album. Ich hatte Spass und freue mich jetzt schon auf ihr kommendes neues Album Jealous Gods, welches Ende 2014 erscheinen wird. (Johanna)

Nach Poets of the Fall heisst es im Zelt dann um 19.10 Augen und Ohren auf für die finnische Männliche Tina Turner, Pete Parkkonen. Mit seinem Riesenafro-Wuschelkopf sieht man zurzeit nichts mehr ausser Haare bei diesem jungen Herrn, der heute nur noch auf Finnisch singt. Nach dem dritten Platz bei den Finnischen Idol 2008 folgten zwei Alben in englischer Sprache, jetzt vier Jahre später musste ein neues Image her, die Haare sind lang, das Album rein Finnisch und der kleine Pete wird langsam zum Mann. Und singt leider kein einziges seiner englischen Lieder mehr. Ich weiss, finnische Fans sind gnadenlos, wenn es darum geht, entweder man singt Englisch oder Finnisch aber nicht beides, eigentlich schade, denn die englischen Songs waren echt gut. Jedenfalls bieten er und seine Jungs eine gute Show, bei der man gerne zusieht. (Sandy)

Mit 20 Minuten Verspätung bekommt das Publikum vor der Rantalava guten deftigen Rock zu Hören. Ahola entern die Bühne, die Band gegründet rund um Sänger J. Ahola, der sich in den letzten Jahren zu einem der gefragtesten Metal Künstler Finnlands gemausert hat, liefern ihren Vintage Rock, wie sie es nennen, mit sehr viel Show und Körper Einsatz. Ohne viele Ansagen werden ihre Songs vom neuen Album „Tug of War“ und „Stoneface“ gespielt. Und für jeden Gitarren Fan im Publikum hält Antti Karhumaa so einige knifflige Gitarrensolos bereit. Ein toller Auftritt, der leider viel zu schnell endet.

Die vier nächsten Herren sind aus der Rockszene nicht mehr wegzudenken, wo sie auftreten, versprühen sie gute Laune und Party Feeling. Die Rede ist von Reckless Love, die Band rund um Sänger Olli Hermann, weiss ganz genau, wie sie das Publikum auf ihre Seite zieht. Für mich immer wieder ein Phänomen, denn diesen Herren schaut und hört man einfach gerne zu. Kein schlechter Auftritt bisher alles hoch professionell, wenn sie so weiter machen, bleiben die noch lange im Business.

Auf diesen Act habe ich mich seid Jahren gefreut, Lauri Tähkä wieder so ein Musiker denn man entweder liebt oder hasst, ich gehört zu ersteren und ich könnte hier gleich ins Schwärmen verfallen, denn der Auftritt beim Down by the Laituri ist einer der besten Gigs, den ich in meinem Leben gesehen habe, und glaubt mir, es waren so einige. Die Power und die Freude, die die ganze Band auf der Bühne versprüht, springt aufs Publikum über und so sieht man einige Paare im Publikum zu den Songs von Tähkä tanzen. Auch wenn sich viel zu viele Leute vor der zu kleinen Bühne tummeln. Der Gesang kommt wie von der Platte, Lauri springt auf das Piano um auch von allen gesehen zu werden und liefert so mache Stunt Einlage während des Gigs und das ganze so publikumsnahe, wie ich es von ihm nicht erwartet hätte, da er doch zu den Erfolgreicheren des Business gehört. Trotzdem ist er sich nicht zu schade, auch mal über die Absperrung zu klettern und mit den Fans Kontakt aufzunehmen. Sympathisch, einwandfreie Ablieferung und sicherlich einen Besuch bei einem weiteren Konzert wert. Einfach super.

Den Abschluss heute Abend machen die berühmtesten Haartollen der Welt, die Leningrad Cowboys Mit ihren Party Songs sorgt die 13 Mann starke Crew für reichlich Stimmung, was nicht zuletzt an den beiden hübschen Tänzerinnen und Sänger Ville Tuomi liegt. Er sorgt klar für viel Stimmung und tänzelt gekonnt über die Bühne. Das Drumkit hinter einem Traktor zu verstecken macht das Bühnenbild perfekt. Eine tolle Show, die man einfach mal gesehen haben muss, und ein perfekter Abschluss für diesen Abend. (Sandy)

In den Clubs rund um die Stadt finden zahlreiche Events statt. Während im Night Club Vegas die Elonkerjuu spielen, die früher mit Lauri Tähkä unterwegs waren, sorgen im Apollo Rock & Roll Sensation mit ihren Coversongs gleich an zwei Abenden hintereinander für Stimmung.

Samstag 26.7.

Heute entschliessen wir uns wieder für einen etwas kürzeren Tag und so komm ich erst auf das Gelände, ehe Lovex spielen. Die Pop/Rock Band aus Tampere schafft es aber leider nicht ganz zu überzeugen. Irgendwie kommt die Stimmung nicht richtig auf, teilweise auch deswegen, weil Sänger Theon immer wieder ein bisschen aus dem Takt gerät und sich zu sehr auf das Acting auf der Bühne konzentriert. Zu schade, denn die Jungs haben grosses Potenzial. Aber an ihrer Bühnenperformance sollten die Herren noch ein bisschen feilen.

Für mich endet der heutige Tag mit Uniklubi, bei denen sich im Line-Up so einiges getan hat. Neuer Drummer und neuer Bassist und auch den Keyboarder habe ich zumindest noch nicht gesehen. Auf jedenfall scheint bei ihnen die Chemie nicht mehr so zu stimmen, die Gitarristen wirken lustlos und Sänger Jussi war auch schon besser drauf, darum ist es für mich im Gegensatz zu gestern eine kleine Enttäuschung. Aber Johanna wird sich am Abend noch den anderen Bands widmen, bleibt zu hoffen, das sie mehr Glück hat. (Sandy)

Am Samstag war einer der grössten Namen auf der Zeltbühne sicherlich The Rasmus. Die Band war in letzter Zeit nicht sehr aktiv, so dass doch einige entusiastische Fans in der ersten Reihe waren und darauf warteten, ihre alten Hits zu hören, die der Band zum internationalem Ruhm verholfen hatten. Lauri Ylönen mag vielleicht keine Federn mehr in seinem Haar tragen (nicht bei diesem Gig, zumindest), aber der Sound ist definitiv bekannt, und gut, mit Hits wie F-F-F-Falling, No Fear, In the Shadows, und Liquid in der Setlist, konnten sie nicht falsch liegen. Keine Risiken wurden eingegangen und die Zuschauer waren zufrieden. Ein sehr angenehmer Gig.
(Johanna)

Fazit: Das Down by the Laituri ist ein wirklich familiäres kleines Festival, das wirklich gut gemacht ist, Kritiken nehmen sie sich zu Herzen und versuchen, die kleinen Sachen zu beheben so schnell es geht. Das Organisatorenteam stellt da wirklich etwas Tolles auf die Beine und es wäre Schade, wenn es nach so langer Zeit verloren ginge. Darum hoffen wir, dass es auch im nächsten Jahr wieder Rakkauden Festivali heisst am Down by the Laituri.

text & photos: Johanna Ahonen / Sandy Mahrer, transl. A.Venho
https://www.flickr.com/photos/stalkermagazinerocks/albums/72157688940513796

Contributors

Sandy Mahrer

Fresh Act Redakteurin, Reportagen, Reviews, Fotos - - - Favorisierte Musikrichtungen? - Hard Rock, Heavy Metal und Pop-Rock, etc. Weniger Death, Black, Grind Core

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