ArchivFestivals / EventsLive

Hammer of Doom VIII

15.-16.11.2013 Posthalle Würzburg, GER
Im letzten Jahr schon hatte ich mir vorgenommen, das Hammer of Doom in Würzburg zu besuchen, das sich in den letzten Jahren immer wieder durch ein starkes Billing ausgzeichnet hat. Da ich in 2012 just an dem Wochenende Bereitschaftsdienst hatte, musste ich meine HOD Premiere auf 2013 verschieben. Was kann ich sagen; es hat sich von vorn bis hinten rentiert! Nicht ein wirklich schwacher Act war dabei, selbstverständlich sprechen wir hier über ein Festival, das in erster Linie Fans einer hmmm, ja Nischenszene anspricht. Wie in einigen Jahren davor, hat man auch dieses Jahr den Freitag unter ein bestimmtes Motto gestellt. In den letzten beiden Jahren war das die Epic Metal Night.

In diesem Jahr steht der Freitag unter dem Retro Rock Stern. bei dem die Classic Hard Rocker Scorpion Child den Anfang machen dürfen. Vor der Bühne ist erwartungsgemäß noch nicht besonders viel los, der in der gleichen Halle angegliederte Metal Markt lockt dagegen schon einige Vinylsammler an. Die Texaner ziehen ihr Programm durchaus respektabel durch, ist dieser Auftritt doch der Abschluss der Tour als Anheizer für Orchid und Blues Pills.

Blues Pills gehen in jedem Fall als Abräumer des Tages durch, vermutlich auch als beste Band des diesjährigen Festivals. Das Zusammenspiel der äußerst ansehnlichen Sängerin Elin und dem gitarrezaubernden knapp 18 Jahre alten Dorian Sorriaux kann man ohne Übertreibung als virtous bezeichnen. Die Stimme, die aus dem zierlichen Persönchen herauskommt, ist schierer Wahnsinn und hat einerseits das Reibeisen von Janice Joplin sowie andererseits das kraftvolle Volumen von Adele. Titel wie Devil Man, Little Sun und Astraplane werden vom Publikum jedenfalles kollektiv kopfnickend, lächelnd und teilweise mit geschlossenen Augen honoriert.

Von Ashbury habe ich bis dato wenig bis gar nichts gehört. Zwei Alben haben die – na, Jungs sind das keine mehr, eher mittlerweile fast betagte Männer – aus Arizona veröffentlicht. Eines davon bereits 1983! Ashbury erinnern jedenfalls stark an Jethro Tull,einerseits durch die Stimme von Sänger Rob Davis, aber auch was die folkig-proggige Seite angeht. Ashbury sind jedenfalls beim Publikum nicht unbekannt, da sind doch einige dabei die die Texte recht sicher mitsingen. Sehr melodischer 70er AOR-Rock. Sehr sympathisch, kommt meiner Meinung nach aber nicht an Ian Anderson und Co. heran.

Bereits kurz vorher sammeln sich vor der Bühne gefühlte eineinhalb Personen mehr als bei Ashbury oder Blues Pills. Orchid steigen mit Heretic in ihren Set ein reißen ihr Publikum vom ersten Moment an mit. Als nächstes folgt mit the Mouths of Madness der Titelsong des im Frühjahr veröffentlichten zweiten Albums. Soundtechnisch geht das alles durchaus i.O., allerdings finde ich es etwas schade, dass Theo recht statisch wirkt und zum Teil als würde er sich hinterm Mikro verstecken, auch die recht langen Pausen bremsen irgendwie. Der Auftritt atmet jedenfalls, wie soll es auch anders sein, pures Black Sabbath Flair. Die Riffs der Kalifornier sind ohnehin über jeden Zweifel erhaben, allerdings fällt die Gleichförmigkeit der einzelnen Titel etwas auf, was dem Publikum aber reichlich egal ist. Die feiern Orchid standesgemäß ab und Theo bedankt sich diverse Male bei den Doomstern für Kommen und Support. Im Vorfeld wurde berichtet, dass man bei diesem vorletzten Aufttritt ihrer Tour einige Titel spielen würde, die bisher nicht berücksichtigt wurden. Soweit ich weiß, sollten das Masters of it all und Down into the Earth sein. Jedenfalls ist nach knapp eineinhalb Stunden schon wieder Schicht und Sänger Theo verteilt noch die übriggebliebenen Drinks von der Bühne. Als Zugabe gibts dann allerdings noch Wizard of War, bei dem die Halle Kopf steht, soweit man sowas bei Doomstern überhaupt sagen kann, sowie Saviour of the Blind vom selben Album.

Der Samstag beginnt mit einem ordentlichen Kater, der nur für mich musiziert; nach einem verspäteten Früstück und Unterhaltungen mit diversen Metallern, die ebenfalls auf dem Weg in die Posthalle sind, mach ich mich erstmal über den Metalmarkt her. Wheel beginnen…und überzeugen bereits nach den ersten beiden Stücken. Die vier Dortmunder Epic Doomer legen mit Titeln wie the Mills of God, Icarus und Lillith einen hammergeilen Auftritt hin, die sehr emotional gespielten Stücke erinnern in einigen Momenten an Solitude Aeturnus, allerdings ist der Gesang recht hoch und etwas speziell, allein schon aus diesem Grund wird die Musik von Wheel nicht jedermanns Sache sein.

Below sind aus Schweden und können posen, was das Zeug hält. Echt! Gäbe es einen Preis für gelungenes Stageacting, so würden die fünf gleich mehrere Preise dafür einheimsen. Nicht minder schlecht ist allerdings auch die Mucke, recht nah an Candlemass, allerdings weniger Doom als vielmehr deren Powermetal Schlagseite. Im nächsten Jahr wird das Below Debütalbum erscheinen, man darf gespannt sein. Dafür dass die Jungs bisher nur ein Demo veröffentlicht haben, scheinen sie Selbstbewusstsein mit dem ganz großen Löffel genascht zu haben. Zum Ende des Sets wird noch ein formidables Cover von Black Sabbaths Headless Cross dargeboten. Hört man auch nicht alle Tage.

Age of Taurus rocken danach die Posthalle ebenfalls nicht zu knapp, wo ich die allerdings einordnen soll, weiß ich gar nicht so richtig. Die wildern bei St. Vitus und Trouble genauso wie im Epik Doom, und auch Postrockelemente scheinen öfter mal durch. Auffällig ist jedenfalls der dichte Breitwandsound, den Age of Taurus da auf Bühne erzeugen, ebenso auffällig ist der Zack Wylde Lookalike, der sich da am linken Bühnenrand einen an der Sechseitigen abrödelt. Sehr unterhaltsam jedenfalls.

Nach einer schon fast frech kurzen Umbaupause, grade mal Zeit zum Pinkeln und Rauchen, geht es in der Halle schon mit Altar of Oblivion aus Dänemark weiter. Ich kenne die Band zwar noch nicht allzu lange, war jedoch sehr schnell von deren traditionellen Doom, der recht oft am Power Metal kratzt angetan. Allerdings sollte es ganz anders kommen, ich würde nicht soweit gehen und behaupten, der komplette Auftritt war Mist. Musikalisch war die Band durchaus in der Lage, ihr Publikum mitzureißen, die Stimme von Mik Mentor hat aber so ziemlich alles versaut. Bei keinem Titel konnte der Mann den Ton wirklich halten. Titel, die wirklich toll auf Konserve sind, konnte man sich wegen des ständigen Wackelns in der Stimme kaum anhören. Schade drum.

Beelzefuzz – schon der Name läßt einen schaudernd an Bongripper und dergleichen denken, aber im Gegenteil. Beelzefuzz sind eine sehr unterhaltsame Combo mit einem sehr originellen Sänger der das Publikum quasi im Alleingang unterhält, da vom Basser kaum eine Bewegung zu sehen ist. Man kann von Beelzefuzz durchaus als Überaschung des Tages sprechen, das Trio sieht auf der HOD Bühne zwar etwas verloren aus und das fehlende Stageacting ist ebenfalls etwas auffällig, allerdings kommt die Musik des Maryland Trios so locker flockig und leicht daher, man muss die einfach mögen. Beelzefuzz haben in diesem Jahr in Debüt Album veröffentlicht und Titel wie Reborn, Hypnotize und All that Feeling Returns machen live richtig Laune, ich werd auf jeden Fall die Augen nach denen aufhalten.

Nach diesem personell doch eher minimalistischen Auftritt fahren Year of the Goat so richtig schweres Geschütz auf. Auf der Bühne wird es nun richtig eng, neben einem Mellotron stehen außerdem vier Mann mit Gitarren auf der Bühne. Einer singt, aber der zählt für zwei – also platzmäßig. Außerdem bringen Year of the Goat noch zwei Backgroundsänger mit, die in Mönchskutten gewandet auf der rechten Bühnenseite Platz nehmen und sich den kompletten Auftritt lang nicht bewegen. Mit dem Titelstück des letzten Albums, startet man gleich mal ordentlich durch und zeigt dem Doomvolk, was Retrorock so alles kann. Und zwar so einiges; die drei Gitarren bringen eine absolut hochgradige musikalische, fast hypnotische Dichte auf die Bühne, von der man eigentlich nur begeistert sein kann. An der Setlist gibt es ebensowenig auszusetzen: Spirits of Fire, Circle of Serpents, Voice of the Dragon und Of Darkness von der EP. Ein grandioser Auftritt, der sich einwandfrei in dieses Klasse Festival einfügt und vom Publikum richtig abgefeiert wird.

Endlich habe ich die Gelegenheit Procession live zu sehen. Obwohl man es nach einem Auftritt wie dem von Year of the Goat durchaus schwer hat, die Fackel des Doom auf der Höhe weiterbrennen zu lassen, fällt dies den Exil Chilenen so gar nicht schwer. Mit Conjurer vom aktuellen Album wird die Epic Doom Messe eingleitet, die Doomster vor der Bühne singen jeden Ton mit, die Bühne weitgehend in dunkelrotes Licht getaucht. Eine einzigartige Stimmung! So schnell wie jetzt sollte keine Stunde auf dem HOD mehr vergehen. Felipe Kutzbach witzelt noch etwas mit dem Publikum, sie haben für To Reap the Heavens apart Album ihre Schwänze und ihre Seeln verkauft – nun es hat sich rentiert. Mit dem Titelsong To Reap the Heavens apart geht es in die zweite Runde. Nun, ich kann es nur schwer beschreiben, ihr solltet dabeigewesen sein. Ich stand zum Teil mit offenem Mund da und war ziemlich baff ob der schwermütigen Energie, die Procession da auf der Bühne freisetzten und gleichzeitig eine Spielfreude an den Tag legten, die ihresgleichen sucht. Es folgten dann noch Like a Plague upon the Earth von der The Cult of Disease EP , sowie Death and Judgement und Chants of the Nameless vom Destroyers of the Faith Album. Hammergeiler Überauftritt, ich hab mich dann erst mal mit Procession Vinyl eingedeckt soweit noch etwas zu haben war, und hab mir das von Felipe signieren lassen.

Die Ausstrahlung von Jessica Thoth, der Namensgeberin von Jex Thoth, is schon sehr speziell. Nicht dass so wie vor anderen Bands des Abends Rufe nach der jeweiligen Combo ertönen. Nichts! Stille. Fast schon etwas ehrfürchtig, auch zwischen den Titeln wird es weitgehend so still sein, dass man eine Stecknadel zu Boden fallen hören könnte. Applaus wird es erst zum der Jex Thoth Show geben. Als es dann anfängt, vor der Bühne nach Räucherware zu riechen, ist klar dass sie sich grade in Stimmung bringt, und dann wabert sie auch schon in ihrer Wolke aus Patchouli und Riechholz auf die Bühne und begeistert mit ureigenen psychedelischen Gestik. Die Setlist verspricht mit The Places you walk, To bury, Into a sleep, Separated at Birth und weiteren musikalisch, ätherischischen Versuchungen ein echtes Erlebnis zu werden, und gerade das Zusammenspiel mit der eben erwähnten Gestik ergibt eine Aura, die nicht von dieser Welt zu sein scheint. Was mir bei der Frontfrau immer wieder auffällt ist, dass sie nur ganz selten mal wirklich ihr hübsches Gesicht zeigt, aber das nur am Rande. Nach einem etwas gelangweilt wirkendem Auftritt im Stuttgarter Keller Club vor einem halben Jahr kann man nach diesem Gig durchaus sagen, dass Jex Thoth zu den echten Gewinnern des Hammer of Doom 2013 gehören.

Äußerst entspannt erwartet das Publikum jetzt bei einer ausnahmsweise einige Minuten länger dauernden Umbaupuse den Headliner des HOD 2013. Allerdings merkt man bereits bevor While Heaven wept die Bühne betreten, dass es davor etwas leerer wird. Scheinbar sehen doch so einige Jex Thoth als den eigentlichen Headliner an. Nunja, diejenigen sollten so einiges verpassen. While Heaven wept setzen eine so selbstversändliche Vitousität und ein Maximum an Emotionen bei diesem ca. zweistündigen Auftritt frei, was im Verlauf des Sets einige Leute im Publikum zu Tränen rühren sollte. Viele tauchten bei WHW dermaßen tief in die Musik ein, dass sie scheinbar überhaupt nicht mehr ansprechbar waren. Einziger Wermutstropfen bei dieser Show ist, dass sie in so einigen Momenten daran grenzt, langatmig zu werden und nicht wirklich zum Punkt zu kommen, außerdem spielen WHW an diesem Abend lt. Gitarrist und Gründer Tom Phillips das Götterstück Thus with a kiss I die zum letzten Mal – Sehr schade. Die Setlist ist durch und durch gespickt mit Titeln, die einem von einer Gänsehaut zur nächsten befördern, als das sind Sorrorw of the Angels, Vast Oceans Lachrymose, The furthest Shore, Of Empires forlorn, Soulsadness und das abschließende Vessel, das, wie viele andere Titel vorher auch, vom Publikum inbrünstig mitgesungen werden.

Eins ist sicher, das Hammer of Doom wird in meinem Terminkalender als in Granit gehauenen unverrückbaren Termin seinen Platz finden. Ja, so ein geiles kleines und intimes Festival! Durch die selbstgesetzten stilistischen Grenzen tritt die Einheit des Publikums und dieses „Du bist wie ich, aber wir sind nicht wie alle anderen“ Gefühl noch viel mehr in den Vordergrund als bei stilistisch sehr breit aufgestellten großen Festivals. Die Preise für Getränke und Essen auf dem Hammer of Doom 2013 waren zwar nicht gerade überteuert, günstig geht allerdings doch anders. (z.B. 3,20 € für 0,4l Pils, 3,70 € für 0,5l Weizenbier, 4,50 € – 6,00 € für ein Cocktail, 2,50 € für einen Hot Dog, 3,00 € für einen Fleischkäseweck).

photos: Björn Schmiterlöw

13HOD_002 SC

Björn Schmiterlöw

bjorn@stalker-magazine.rocks - - - Reportagen, Reviews, Fotos - - - Favorisierte Musikrichtungen? - - - alles was mit Rock und Metal zu tun hat. Es ist einfacher aufzulisten was ich nicht mag und das sind die Stile mit "Core" drin. (von Ausnahmen abgesehen) - - - Favorisierte Bands: Iron Maiden, Black Sabbath, Deep Purple, Judas Priest, Motörhead, Slayer, Anthrax, In Flames, Kreator, Exodus, Candlemass, Carcass, Reverend Bizarre, Ahab, Orne, Down, Grand Magus, Atlantean Kodex - - - Sonstige Interessen: lesen, Kino, irgendwann mal nen Marathon schaffen.