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Khroma: Sturmtruppen auf musikalischer Mission

Diese Finnen haben schon lange unsere Aufmerksamkeit erregt, mit ihrer extremen Musik ebenso wie mit ihren Konzerten, die durch ihre Intensität niemanden unberührt lassen. Um mehr über diese Band herauszufinden bzw. über das anstehende Debütalbum, nutzten wir die Chance, Mikko (Merilinna) nach dem beeindruckenden Gig beim Tuskafestival zu treffen, wobei der kurze Interviewtermin mit der Kollegin von Tempelores geteilt wurde. Um den Eindruck zu vervollständigen, solltet ihr also auch deren Website tempelores.com besuchen…


Die klassische Frage zuerst – wer seid ihr, kannst du uns die Band kurz vorstellen?
Ich heisse Mikko und bin der Gitarrist und Keyboarder von Khroma, die anderen sind Maarik (Leppä), der Bassist, Antti ( Honka) der Schlagzeuger, dann Riku (Rinta-Seppälä),, unser Sänger, der auch die meisten elektronischen Sachen macht, und dann sind da noch Janne (Aulavuori) und Joni (Tanskala), die beide Gitarre spielen.

Da ich annehme, dass ihr alle keine Vollzeit-Musiker seid – zumindest nicht mit Khroma – was macht ihr beruflich?
Ich studiere Soziale Wissenschaften an der Universität Helsinki – und ja, wir können von Khroma nicht leben, noch nicht – aber wir sehen es als Lebensart. Es gibt allerdings so ein vages Gefühl, dass sich die Lage gerade eine Winzigkeit verändert…

Wie habt ihr einander kennengelernt und die Band gegründet?
Wir sind alles alte Freunde, wir – also der Bassist Maarik und der Gitarristen Janne und Sänger Riku – kennen einander seit 15 Jahren, und ich habe mit Riku und Janne in einer Band zusammen gespielt, eigentlich sogar zwei Bands, und auch vorher mal mit Maarik. Wir sind alte Freunde. Wir trafen Antti, den Drummer, vor etwa vier Jahren, aber er war immer – also, wir wussten, wer er ist, aber hatten nicht wirklich Kontakt bis vor vier Jahren. Er stammt aus Oulu, einer Stadt oben im Norden, und er spielte auch in Oulu in einer Band, mit welcher wir gemeinsame Auftritte hatten. Und als er dann nach Helsinki zog, nahmen wir Kontakt mit ihm auf und fragten, ob er Lust hat, bei Khroma einzusteigen.

Was hat dich dazu bewogen, Musiker zu werden, wie hat sich das ergeben?
Tja, ich spiele schon seit 20 Jahren Musik, und ich glaube, der Anfang war… naja, ich habe mit Klavierspielen angefangen, als ich 6 Jahre alt war, und als Teenager dachte ich dann, dass es cooler wäre, Gitarre zu spielen (Gelächter). Dann fing ich mit ungefähr 14 mit der Gitarre an, das ist 20 Jahre her – und ich glaube, da war keine besondere Entscheidung dahinter. Es war einfach die Fortsetzung von dem, was ich am Klavier angefangen hatte, und das Klavier war damals wohl die Entscheidung meiner Eltern, als ich 6 war, aber die Musik war eben einfach immer schon da. Also musste ich nichts entscheiden, die Musik war immer mit dabei.

Hattest du auch Musikunterricht an der Schule und hast du auch in einer Schulband gespielt oder sowas?
Nein, ich besuchte eine Schule, die der Musik gegenüber nicht gerade positiv eingestellt war, wir hatten zwar Musikunterricht, aber der drehte sich hauptsächlich um Musiktheorie und die Geschichte der klassischen Musik, und dann ein bisschen Klavier und Singen. Ich hatte keine Schulband. Und ich hatte Klavierunterricht, aber nicht für Gitarre. Das Gitarrespielen hab ich mir selbst beigebracht.

Wie spielt sich den das Songs schreiben ab – gibt es nur einen Komponisten, ist es Teamwork?
Bei Khroma ist es 100% Teamwork. Jemand hat die Idee für ein Thema, oder ein Gitarrenriff, oder eine Basslinie oder einen Elektro-Beat, und wir nehmen diese Idee und bauen daraus Material, das möglichst zusammenhängend ist. Also haben wir alle Songs des kommenden Albums gemeinsam im Team geschrieben, komponiert, produziert – wie auch immer du es nennen willst. Es wäre schwierig auszutüfteln, wer von uns was genau dabei gemacht hat.
Das Album ist jetzt zu 95% fertig, und offensichtlich versuchen wir gerade ein Label oder andere kooperative Leute zu finden, die es herausbringen wollen. Wir haben alles selbst aufgenommen und gemixt. Das Material ist vorhanden, aber wir wissen noch nicht, wann das Album erscheinen wird.
Wie sich in einem Gespräch mit Tempelores herausstellt, arbeitet die Band nicht länger mit Inverse zusammen, welche für die Khroma Single Chariots ja auch nur als Vertrieb agiert hatten.

Du hast erwähnt, dass ihr alles selbst aufgenommen habt – heisst das, ihr probt in einem Studio?
Wir haben ein kleines Studio, wo es einen Proberaum gibt, dann einen kleinen Monitorraum und eine kleine Kabine für den Gesang. Nicht wirklich grossartig, aber wir können unsere Aufnahmen dort selbst machen. Ausser – wir haben die Drums nicht dort aufgenommen, denn wir haben einen Kumpel, der ein Profi-Studio besitzt und der uns mit den Schlagzeugaufnahmen geholfen hat, denn so ein Schlagzeug ist schwieriger aufzunehmen als alle anderen Instrumente, um einen gewissen internationalen Sound zu erhalten. Also beschlossen wir, das Schlagzeug dort aufzunehmen und alle anderen Instrumente und den Gesang in unserem eigenen Studio.

Habt ihr dieses Studio auch selbst gebaut, alle gemeinsam, oder wie?
Nein, wir mieten dieses Studio – die Firma, die es baute, vermietet uns die Räume, also war schon alles fertig, als wir es fanden.

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Das ist ja praktisch! Naja, ihr schreibt die Musik gemeinsam, aber ist nur eine Person verantwortlich für die Texte?
Unser Sänger Riku ist zu 95% für die Texte verantwortlich. Wenn er irgendwie nicht weiterkommt, dann helfen wir ihm, aber das kommt normalerweise nicht vor. Also ist er der Hauptverantwortliche bei Texten.

Gibt es da besondere Themen?
Wir wollen mit den Texten was aussagen, aber Riku hat so eine introvertierte Art, das in Worte zu fassen. Er schreibt in einem Stil, der etwas schwierig zu interpretieren ist, was genau gemeint ist. Aber er hat diese Themen (sozio-ökologische, wie die Tempelores-Kollegin anmerkt) so verpackt, dass man sie zwischen den Zeilen herauslesen muss. Unsere Live-Shows mit dem Videomaterial verdeutlichen diese Themen, aber die Texte sind doch eher introvertiert.

Wer macht denn eure Visuals?
Ein Freund von uns (Teemu, Anm.d.Red.) – er ist kein Bandmitglied, aber ein guter Freund, der uns diese Sachen bastelt. Nicht für jede Show, denn das wäre viel zu aufwendig, besonders wenn wir nur in so kleinen Clubs auftreten. Aber bei einer Gelegenheit wie hier, wo das Venue grösser ist und es genug Platz für die Leinwand gibt, ist er immer mit dabei.

Du hast schon erwähnt, dass ihr alle früher in anderen Bands gespielt habt – welcher Bandname war den so peinlich, dass du den lieber gar nicht mehr erwähnen würdest (Gelächter)?
Bandname? Naja, keine Ahnung… eine hiess Downbound, das ist ja ziemlich cool denke ich, die andere war April. Mit April hatten wir auch einigen Erfolg, wir machten zwei Platten bei Spinefarm Records und gingen auf Tour, wir hatten eine Tour in Deutschland und viele Shows in Finnland. Aber ich glaube nicht, dass der Name so schlecht ist (Gelächter). Antti, unser Drummer, spielte früher bei Murana – das klingt auch irgendwie cool… ich glaube, es gab keinen beschissenen Namen… (Gelächter)

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Was verbirgt sich denn hinter dem Bandnamen Khroma?
Khroma ist Griechisch und bedeutet „das gesamte Lichtspektrum“, glaube ich, was ja auch unserer musikalischen Atmosphäre entspricht. Und es sieht auch geschrieben cool aus, und der Name ist kurz, also kannst du aus dem Logo alle möglichen Visuals machen. Das sind die Gründe, warum wir diesen Namen gewählt haben.

Wer hatte denn die Idee dazu?
Ich glaube, es war Riku.

Tempelores will nun mehr zum neuen Album erfahren, was daran besonders interessant ist:
Wir haben 8 oder 9 Songs drauf, das ist noch nicht entschieden, und die Produktion ist sehr sehr gründlich. Wir fingen schon im Oktober 2012 mit der Vorproduktion an, oder noch früher, im September. Wir wollten alles so gründlich vorbereiten, dass es dann keine offenen Fragen mehr gibt, wenn wir aufnehmen. Das Besondere hier ist, dass es ein sehr produziertes Album ist, worauf ich sehr stolz bin. Früher – nicht so mit Khroma, aber bei den anderen Bands vorher hatten wir eher so eine Rock´n´Roll Weise des Songschreibens, also jemand kommt mit was an und die anderen geben ihre Instrumental-Teile dazu, und dabei kommt ein Rock´n´ Roll Song raus. Aber mit Khroma versuchen wir uns von der Rock oder dem traditionellen R´n´R Sound zu distanzieren, etwas mehr zu produzieren. Also das ist mit Sicherheit was Interessantes.
Die Veröffentlichungen von uns bisher (eine auf der Bandwebseite, die andere die Inverse-Single, Anm.d.Red.) entstanden auf dieselbe Weise, aber sie haben nicht so viel Zeit in Anspruch genommen, diese Veröffentlichungen wurden schneller und eher – wenn man diesen Ausdruck verwenden will – auf R´n´R Art gemacht. Aber nun versuchen wir, einen anderen Level zu erreichen.
Tempelores weist darauf hin, dass das sehr perfektionistisch klingt
Ja, das kann man so sagen (Gelächter). Wir sassen lange Zeit im Studio und dachten über die Details nach, wie man von einem Teil zum anderen die Überleitung schafft, ohne die Atmosphäre zu verändern oder an Intensität einzubüssen. Ja, das hat lange gedauert. Jetzt sind wir fast fertig. Die Aufnahmen werden abgeschlossen, der Mix wird abgeschlossen – spätestens im September, glaube ich. Und danach versuchen wir, die richtigen Kanäle zur Veröffentlichung zu finden (voraussichtlich im Frühling 2014, Anm.d.Red.)

Wie ging es euch bei der Tuska-Show heute? Ihr hattet ja ziemlich viel Publikum…
Das war die grösste Show für Khroma bisher, und ich glaube, es lief gut, zumindest von unserer Warte. Wir haben so viele Elemente, da spielt auch immer die Sorge mit, dass da eine Kleinigkeit, ein technisches Problem, auftritt und zwar nicht alles ruiniert, aber doch alles etwas schwieriger macht. Aber diese Show war gewissermassen perfekt, von unserer Sicht aus. Es gab keine Probleme, das Publikum war fantastisch, und obwohl wir uns in diesem Line-Up an traditionellen Metal- und Rockbands etwas seltsam ausnehmen, glaube ich, dass es auch die Zuschauer genossen haben. Ich bin wirklich sehr sehr zufrieden.

Diese Show wurde ja schon vor einiger Zeit gebucht, und sobald wir hörten, dass wir hier drin (die Tuska Clubstage in einem Gebäude, Anm.d.Red.) spielen und nicht auf einer der Open-Air-Bühnen, fingen wir an, die Visuals zu planen. Denn hier gibt es genug Platz und genug Möglichkeiten für Licht und Videos. Aber wir werden bald in Deutschland unsere erste Open Air Show spielen, ich glaube am letzten Augusttag bei einem kleinen Festival namens “Metal Acker”, welches in Tennenbronn im Schwarzwald, nahe der französischen Grenze, stattfindet (www.metalacker.de). Ich glaube nicht, dass wir da Visuals mitbringen, das wäre zu schwierig zu realisieren, aber wir finden dann raus, wie unsere Musik im Freien funktioniert.

Habt ihr ein Ritual, bevor ihr auf die Bühne geht?
Nicht wirklich, wir umarmen einander und geben uns den “hockey kivet” -Gruss …(demonstriert “Faust-Kontakt“)

Oh, ich weiss was du meinst, aber keine Ahnung, wie die Geste „offiziell“ heisst… vielleicht finde ich es raus… Naja, als ihr noch in euren früheren Bands gespielt habt, was war das beste bzw. das schlechteste Konzert, habt ihr da was Absurdes erlebt?
Eigentlich hab ich da nicht wirklich was auf Lager, eventuell weniger nette Geschichten zum Thema „andere Bands waren Arschlöcher“ (Gelächter) … aber darüber will ich nicht reden…

Naja, ich dachte da eher an Geschichten a la “Spinal Tap”… obwohl Spinal Tap ja eigentlich ein sehr realistischer Film ist…
Ja, das stimmt! Wir haben nichts dergleichen erlebt, wir spielten in kleinen Clubs in Zentral- und Osteuropa, und alles war immer so, wie es sein sollte. Was wir erwarteten, als wir hinfuhren. Sorry, keine absurden Geschichten!

Da habt ihr ja viel Glück gehabt … bei anderen Bands krieg ich auf diese Frage gleich ne ganze Reihe von Geschichten aufgetischt (Gelächter). OK, weil wir gerade von der Clubzsene sprechen, in Finnland ist Metal vor ein paar Jahren ja geradezu explodiert, überall gab´s neue Clubs, besonders in Helsinki. Jetzt hat sich das Ganze wieder reduziert, die Clubs wurden weniger – ist das deiner Ansicht nach nun eine gute oder eine schlechte Entwicklung ?
Zu einem gewissen Zeitpunkt gab es viele Metalclubs in Helsinki, und alle boten Konzerte von Mittwoch bis Samstag, jede Woche. Klar war das gut für die Bands, besonders die jungen Bands hatten Gelegenheit aufzutreten. Und es gibt noch immer genug Clubs, denke ich. Aber man sollte das Gesamtbild betrachten – Anfang des 21. Jahrhunderts waren die Zeiten gut, wirtschaftlich gesehen, und die Clubs schossen aus dem Boden und hatten auch genug Publikum, zumindest wie ich es sehen. Dann kam 2008 – und plötzlich… wir waren mit April gerade auf Tour, ich glaube 25 oder 30 Shows nach der Albumveröffentlichung, und plötzlich hatten wir nirgends Leute. Dabei war die Platte gar nicht soooo schlecht (Gelächter) – und wir hatten ja schon einen Fankreis und so, also wussten wir, es lag nicht an der Band selbst. Die Leute waren plötzlich alle weg.

Aber ich glaube, in den kleinen Clubs hat sich die Situation nicht wirklich verändert, zumindest hier. Jedoch in Zentral-Europe, die kleinen Clubs… klar, wir hatten so einige Gigs mit nur wenig Publikum, aber wir hatten fast immer zwischen 50 und 100, oder 30 bis 70 Leute, wo ein Auftritt auch Sinn macht und wo es – glaub ich – auch für den Club wirtschaftlich Sinn macht. In diesem Sinne wurde die Situation also besser oder es hat sich nichts geändert, weil es ohnehin schon immer so war. Aber du kannst definitiv die Auswirkungen der Wirtschaftskrise erkennen.

Dieselbe Problematik beim Stichwort Internet – einerseits gut für Bands, um sich selbst zu vermarkten, andererseits gibt es nun schon so viele Bands da draussen, dass es schwierig wird aufzufallen…
Yeah (lacht) – über diese Frage denken ja auch die Plattenlabel intensiv nach… für Khroma bedeutet das Internet eine gute Möglichkeit, unser Material herauszubringen. Wir beschlossen gleich zu Beginn, dass wir unsere Sachen selbst machen, so lange es nur möglich ist. Und darüber hinaus. Also für uns war es nur positiv, dass wir einen Kanal hatten, um unsere Musik gratis aufzulegen, wo Leute sich einfach Sachen anhören können, zu Gigs kommen und wir so die Sache ins Rollen bringen. Die Plattenlabel sagen immer, dass du trotz Internet und den gleichen Veröffentlichungs-Chancen für alle trotzdem noch immer ein Label brauchst, für die Promotion und um die Band auf eine andere Ebene zu bringen.

Manchmal denke ich, dass es nur mehr um den Status geht, als wäre eine Band mit Plattenfirma automatisch „besser“ …
Da steckt ein Körnchen Wahrheit drin. Allgemein kannst du sagen, dass je mehr Underground die Musik, desto weniger brauchst du ein Label. Vielleicht sind es am ehesten die Mainstream-Metal-Bands oder der Mainstreamsound, die auf Plattenfirmen wegen Publicity angewiesen sind – und davon spielen ja viele hier bei diesem Festival. Beim Underground-Sound kannst du so gut wie alles selbst machen. Ich sehe Khroma da irgendwo dazwischen, denn mit Khroma wollen wir Electronic Music mit einem Metal-Vibe machen, und in der Electronic Szene machen ja alle KünstlerInnen so gut wie alles selbst.

Vielleicht ist es mit einem Label in der Hinterhand auch leichter, bei einem Festival unterzukommen …
Yeah, oder du brauchst richtig gute ManagerInnen oder BookerInnen, oder eventuell erweckt ein Label automatisch eher die Aufmerksamkeit von Festivalorganisationen. Vielleicht, keine Ahnung. Ich glaube, die gesamte Musikszene, das Musikbusiness, ist in einer Situation, wo jeder Fall absolut einzigartig ist. Manche Bands brauchen definitiv ein Label wegen der Nähe zum Pop, und die Death Metal Bands können sicher alles selbst erledigen. Und viele Bands liegen irgendwo zwischen diesen beiden Extremen.

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Über eine Frage hab ich schon lange nachgedacht – als Österreicherin war Finnland für mich immer ein Metal-Paradies, so viele gute Bands, tolle Musiker, es ist gar nicht möglich für ein Metal-Magazin, NICHT über unzählige finnische Bands zu schreiben – aber warum Finnland? Welche Theorie fällt dir ein?
Die Qualität der finnischen MusikerInnen ist extrem hoch, viel höher als in Osteuropa und vielleicht auch Zentraleuropa. Ausserdem gibt es so viele Einwohner in Zentraleuropa, und klarerweise haben die auch sehr talentierte MusikerInnen, aber im Verhältnis zur Einwohnerzahl haben wir in Finnland wahrscheinlich mehr. Es ist schwierig zu analysieren, woher das kommt. Ein Grund mag sein, dass es so viele kleine Städte gibt, Örtchen, Dörfer, und da passiert wohl nicht viel, also gehen MusikerInnen zur Schule, dann nach Hause und proben. Dasselbe dann jeden Tag. Viele der finnischen Metalbands stammen ja von ausserhalb grösserer Städte, oder zumindest ursprünglich von ausserhalb. Das ist eine Sache. Warum Metal – das hat wohl irgendwie mit der Kälte und der Dunkelheit zu tun, wo Metal am besten den Vibe und die Atmosphäre widerspiegelt. Und natürlich, wenn die Szene ins Rollen kommt und es erfolgreiche Bands gibt, dann verstärkt sich das alles, denn viel mehr junge Leute fangen an, Metal zu spielen statt was anderem. Ich glaube, es liegt an einer Kombination von all dem.

Aus österreichischer Sicht kommt noch dazu, dass Live-Musik hier so „normal“ ist und es so viele Live-Clubs in Finnland gibt – das ist nicht „normal“ in Österreich (ausserhalb der volksdümmlichen bzw Schlagerszene). Und dann wird Metal eigentlich in der Öffentlichkeit akzeptiert, also wenn es genügend Label, Medien und Öffentlichkeit gibt, die nicht gleich IIIIIGITTT brüllt, wenn es um Metal geht, oder wenn zwischen „Hochkultur“ und „allem anderen (besser ignorieren)“ unterschieden wird – das ist nämlich ein Teufelskreis, aus dem Rock/Metalbands nicht rauskommen, nirgendwo auftreten können, keine Unterstützung kriegen… Ich glaube, Finnland hat Metal schlicht akzeptiert, war auch so stolz auf den Erfolg von Lordi – undenkbar für Österreich…
Ich glaube, da spielt auch der Erfolg anderer Bands mit, die um die Jahrtausendwende gross wurden, Children Of Bodom, HIM, Nightwish …

… Stratovarius, Amorphis sogar noch davor …
… und definitiv Amorphis – in Nordamerika waren sie Pioniere des harten Sounds. Wenn diese Musik mehr Aufmerksamkeit erhält, dann bildet sich ein positiver Kreis, der sich dann selbst in Gang hält. Ich glaube, die gesamte Gesellschaft hat die harte Musik als ernsthafte Kultur akzeptiert.

Hat den jemand in eurer Band schon Kinder?
Yeah, einige von uns, aber nicht alle.

Gibt es da sowas wie einen Alptraum – denn im Teenageralter wollen Kids mit der Musik der Eltern ja nichts mehr zu tun haben – dass dann die eigenen Kinder Justin Bieber/Britney Spears Fans werden und ihr dann dauernd dieses Zeug anhören müsst? (Gelächter)
Ich selbst hab zwar keine Kinder, aber ich hab von meinen Bandkollegen gehört, dass das schon geschehen ist…

OH NEIIN! (Gelächter) Naja, FreundInnen von mir ziehen ihre Kinder nun mit Hevisaurus & Co auf, also warten wir mal ab … (Gelächter) Letzte Frage – wenn die Band Figuren – und du kannst es dir aussuchen – entweder von den Simpsons oder aus Star Wars wären – wer wäre nun wer und warum?
OK, ich muss wohl Star Wars nehmen, weil Science Fiction eher unserer Gedankenwellt nahekommt . Ich glaube … ich glaube, wir wären bei den Imperialen Sturmtruppen. Wir wollen uns nicht voneinander unterscheiden, wir sind 5, eigentlich 6 gleichwertige Jungs auf einer gemeinsamen Mission. Also sind wir Stormtroopers.

Obwohl eurer Boss dann Darth Vader wäre (Gelächter)?
Yeah yeah – der hockt dann irgendwo und kontrolliert die Atmosphäre.

So gesehen wäre euer Visuals-Mann dann eigentlich Darth Vader ((Teemu, der schon seit einer Weile neben uns sass, wirkt erschrocken und etwas verwirrt))
Yeah genau (Gelächter)!!

OK danke für dieses Interview
(Mikko auf Deutsch:) DANKESCHÖN!

http://www.khromaband.com/

Khroma - Collapse (Official music video)

Klaudia Weber

Rücksichts- und gnadenlose Diktatorin, kniet vor mir! Anders gesagt: Chefredakteurin, Übersetzerin, Webseiten- und Anzeigenverwaltung, also "Mädchen für alles" - - - Schwerstens abhängig von Büchern (so ziemlich alles zwischen Herr der Ringe und Quantenphysik) und Musik, besonders von Metal finnischer Prägung. Weiters Malen, Zeichnen, Film, Theater... also könnt ihr mit einer vielseitigen Website rechnen. Mag.phil., zwei in 5 Jahren parallel abgeschlossene Vollstudien (English & American studies, Medienkommunikation) und stolz darauf, denn als Mädel aus einer Arbeiterfamilie in einem erzkonservativ-katholischen Land ging das nur dank Stipendium und etwas später im Leben als andere....