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Los Bastardos Finlandeses: “Rockmusik ist was fürs ganze Leben”

Eigentlich hab ich mich schon immer gewundert, warum sich Leute freiwillig als “Bastarde” bezeichnen, sogar offiziell in einem Bandnamen – und endlich hatte ich Gelegenheit, genau das herauszufinden. Vor der Show im On The Rocks nahm sich Los Bastardos Finlandeses Sänger und Bassist El Taff Bastardo (alias Bryn Jones) die Zeit für ein Gespräch, und wie ich herausfinden sollte, muss man da gar nicht so viele Fragen stellen, um viel über Musik von einem gediegenen Rock´n´Roll Veteran zu erfahren …


Als erstes natürlich eine Frage zum neuen Album “Day Of The Dead”– wie waren die Reaktionen bisher?
Bisher lief es echt gut. Wir haben noch nicht so viel von den Leuten gehört, aber die Reaktionen waren soweit sehr positiv. Ich glaube, wir sind ziemlich selbstbewusst, ich finde, wir haben uns weiterentwickelt und der Unterschied ist nun nicht, dass wir viel besser spielen gelernt hätten, sondern die Zeit zusammen – es sind nun 5 Jahre, fast 6, 3 Jahre mit Ben (“El Gringo” Granfelt, lead guitar), es fühlt sich als unser ureigenes Ding an. Die Band ist nun lange genug zusammen, ich glaube, wir haben unsere eigene Identität und genug Vertrauen in das, was wir tun, gefunden. Ich glaube, das ist schon was, dass du es nicht mehr nötig hast, die Erwartungen von Leuten zu erfüllen, sondern plötzlich das Gefühl hast so in etwa “hey -wir sind gut und wir können machen, was wir wollen”. Ich hatte dieses Gefühl bei dieser CD, wo sehr unterschiedliche Songs vertreten sind, mit denen wir alle aber sehr zufrieden sind. Freunde haben schon ihre Meinung kundgetan, und klar gefällt dem einem dieser Song, dem anderen ein anderer. Ist ja immer so, jeder mag ganz andere Sachen, aber das ist OK. Am wichtigsten ist, glaube ich, dass die letzten beiden Alben mehr Rock´n´Roll als Heavy Metal waren. Und wir haben uns gefragt, ob die Leute das stören würde, dass es etwas weniger heavy zugeht – aber das scheint nicht der Fall zu sein, wir sind sehr froh.

Wie man im neuesten Video (Desperado ) sehen kann, hattet ihr viel Spass beim Eisfischen – wie kalt war es denn?
Es war absolut eiskalt! 7 oder 8 Stunden auf dem Eis, auch wenn die Sonne scheint, wird wohl jedem kalt (lacht)! Es war lustig – da gibt es immer wieder was zum Dazulernen, denn im Vergleich zu der Zeit, die wir mit Musikspielen verbringen, investieren wir relativ wenig Zeit in Videodrehen. Es gibt mindestens 3 offizielle Videos, wo wir mit drin sind, und einen oder zwei mit Animation (= “Viva! Los Bastardos!!”) Wir haben “My name is El Muerte” und “Motor Rock Meltdown” gemacht und dann “Acapulco”, der für uns in Finnland sehr viel gebracht hat. Als wir den Video drehten, wurde der Song auf Radio Rock oft gespielt, 4x am Tag. Und als wir uns beim Myötätuulirock Festival (2012) trafen, war ein Punkt erreicht, wo wir merkten “jeder kennt den Text”! Das haben wir dort zum ersten Mal wahrgenommen – Ok, das war ein erster Schritt… Jetzt haben wir also diesen Video für Desperado gemacht, mit Null Budget, durch Gefälligkeiten – dank all den Leuten, die für lau gearbeitet haben (lacht). Aber ich hoffe – naja, mit den Videos wollen wir ein bisschen Humor einbringen. Wir haben kein Budget, wir sind nicht hübsch – also was sollten wir sonst tun? Wenn du Leute zum Lächeln bringen kannst, durch einen guten Song – genau das ist es, was wir machen wollen.

Habt ihr an diesem Tag echt was gefangen?
Nein, nein – ich hoffte, dass wir echt ein bisschen angeln könnten. Aber wenn du einen Video drehst oder was fürs Fernsehen machst, ist es immer so… Die Idee dahinter war “OK gehen wir angeln” und ich dachte “toll, wir haben Spass, trinken was und angeln und fangen vielleicht sogar was”. Aber leider – du kommst ja nie zum Angeln! Du bist dort und machst dich bereit für die Aufnahmen, dann geht es zur nächsten Szene. Ist so ähnlich beim TV – du verbringst den ganzen Tag damit, dass die das Licht und den Sound richtig hinkriegen, und dann hast du 3 Minuten, um den Song zu spielen, das ist alles. Denen ist es egal, ob dir dabei eine Saite gerissen ist oder sonst was daneben ging. “Danke das war´s tschüss” (lacht) “SCHEISSE hallo wir waren den ganzen Tag da” “Jaja schon gut DER NÄCHSTE BITTE”… (lacht)


Nun eine Frage, die du wohl hassen wirst (weil du die schon so oft gehört hast) – wie und warum bist du in Finnland gelandet, und wann genau war das?
Das erste Mal kam ich Ende ´96 nach Finnland, hab dann mit meiner Band aus London 1997 hier Gigs gespielt und bin 1998 hierher gezogen, lebe also seit 15 Jahren hier. Der Grund warum ich hierherkam, war natürlich die alte Geschichte, aus Liebe. Und der Grund, warum ich umgezogen bin – so viele Leute fragen das, denn für einen Musiker scheint von London nach Finnland zu ziehen ja eine Verschlechterung zu sein, Grossstadtlichter und so – Finnland ist einfach eine tolle Rock-Nation! Und ich bin ein Rocker, ich liebe den Blues, ich liebe Country, ich liebe meine akustische Gitarre. Aber für mich war immer eine Verbindung da zwischen akustischer Gitarre und Rock´n´Roll. Sie dir Elvis an, er hatte diese Akustikgitarre, und für mich lief es so ziemlich von Elvis zu den Rolling Stones und CCR. Ich wuchs mit Thin Lizzy, AC/DC und Motörhead auf, es wurde immer härter und lauter. Aber trotzdem war immer diese Gitarre mit dabei, und es spielt keine Rolle ob AC/DC, auch deren Songs spiel ich auf der Akustikgitarre. Und ich spiele Ace of Spades akustisch und es klingt super.
Also kam ich nach Finnland, und alle hier hörten CCR, Lynard Skynard und ZZ Top, und ich fåühlte mich sofort zu Hause. Damals gab es diese Tex Mex Bar namens Cantina West, und dort traten tolle Bands auf wie Stevie Ray Vaughn, und ich war wie im Himmel! In England hatten wir eine tolle Kneipenrockszene, die ich sehr mochte. Ein bisschen das Erbe von Dr. Feelgood, Rhythm´n Blues und dieser tollen harten Energie, das mochte ich und damit wuchs ich auf. Und dann wurde es geschasst, kam aus der Mode, und England konzentrierte sich eher auf das “Neue”, nach der Punkwelle sollte dir besser was Neues einfallen – und daran hatte ich kein Interesse. Mich interessieren eher Second Hand-Läden, wo ich alte B.B. King oder Johnny Cash Alben finden kann – darauf stehe ich. Klar, es ist wahrscheinlicher, dass ich mir ein Jimi Hendrix Bootleg reinziehe als was grade in den Charts läuft. Mich interessiert elektronische Musik nicht – sie berührt mich einfach nicht. Und ich behaupte auch nciht, dass mir alles gefällt, weil es nicht stimmt. Was ich mag, ist in der Tat der alte Rock´n´Roll. Als ich nach Finnland kam, war es wegen einer Frau, ja – aber der Grund zum Umziehen war – klar, auch sie, aber weil die Musikszene MEINE Szene war. Und das hat sich mittlerweile geändert klarerweise, es gibt mehr Tanzclubs, aber diese Wurzeln im Rock´n´Roll werden nicht verschwinden, die sind in den Leuten hier. Wenn du Rockmusik magst, dann ist das was fürs ganze Leben. Du wachst nicht eines Tages auf und beschliesst “Oh, ich mag keine Rockmusik mehr” (lacht). Wenn du diese Musik magst, dann magst du sie und wirst sie immer mögen. Und Olli mag noch immer diese Ramones Platten und Motörhead und AC/DC. (Olli “Don Osmo” Kykkänen, der gerade hereinkam, stimmt zu: “Ja, ich mag die” und verschwindet gleich darauf wieder).

”Ich glaube nicht, dass wir jemals so weit reifen, dass wir uns nicht mehr für Saufen und Mädels interessieren”

Ich glaube, diese Pub Rock Szene ist wieder im Aufschwung.. und fast alle Bands, die du genannt hast, gibt es ja noch immer, auch Iron Maiden, Judas Priest – und die sind noch immer verdammt lebending…
… und sie sind noch immer absolut super! Wenn es nun darum geht, ob dich moderne Musik berührt oder nicht – es geht nicht um die Technologie, denn ich mag auch diesen digitalen Sound nicht. Aber ich finde, was im Mainstream heutzutage einfach fehlt: du kriegst im Radio kaum jene Bands zu hören, die viel auf Tournee sind – eventuell mal was von AC/DC. Aber die Bands, die Jahr für Jahr auf tour sind, deren Musik wird kaum mal im Mainstream gehört. Die Musik dort ist meistens ein Produkt der Plattenfirma: “der kann singen, sieht gut aus OK der kriegt nen Vertrag. Hier, steckt ihn ins Studio” – da schreibt er vielleicht 5 Songs selbst, 5 kommen von anderen Leuten, schon ist eine Platte fertig mit ihm im Mittelpunkt, nettes Foto gemacht – und es verkauft sich. Dann “und tschüss – DER NÄCHSTE BITTE”. Wohingegen Thin Lizzy etwa – die haben 6 Jahre gebraucht nach Whisky in the Jar 1970, sechs Jahre, wo sie nur unterwegs waren, ehe sie dann Jailbreak und The Boys Are Back In Town aufgenommen haben.Und wenn du dir diese Band live angesehen hast, das war – solche Shows kriegst du nicht hin, wenn du nicht 6 Jahre auf Tour verbracht hast! Sowas kannst du nicht einfach ersetzen! Und leider (lacht) interessiert mich sowas nicht mehr, ich hab genug gute Gig gesehen, um mir Shows dieser Sorte anzutun (zieht gelangweiltes Gesicht). Scheiss drauf, sieh dir lieber Michael Monroe an! Der ist einfach unglaublich! Ich gebe lieber mein ganzes Geld dafür aus, denn dieser Kerl wird dich nicht enttäuschen, er wird den Club in Schutt und Asche rocken – und so eine Show will ich mir ansehen. Noch immer. Gestern war ich mir Ben ansehen und diesen Arsch hier (deutet auf Bandkollegen Twist Twist „El Grande Bastardo“ Erkinharju, der gerade reinkam, gleich darauf wieder verschwindet) und der Headliner war Michael Schenker. Ben war super – obwohl ich da klarerweise voreingenommen bin … Es war toll! Also such dir was aus, eine Idols Show, oder Michael Schenker und Ben Granfelt Band – wofür würdest du lieber Geld ausgeben (Gelächter)? Wohl keine Frage…


Naja, ich muss da lange nachdenken – so schnell fällt mir da nichts ein – falls mich jemand fragen sollte nach dem “letzten Schrei” aus Grossbritannien – ich reagier da “HÄÄÄ?”, und mir fielen nur die alten Bands ein, die noch hochaktiv sind, wie Maiden…
Die Band, mit der ich aufgewachsen bin – Black Crowes, sah ich mir zum ersten Mal mit 18 an und habe seither glaub ich jede Tour von denen gesehen, bin so gar weit gereitst, sogar per Flugzeug, um einen Gig zu sehen. Und das mache ich noch immer. Weil sie meiner Meinung nach eine TOLLE Rock´n´Roll Band sind. So viele Jahre auf Tour – und ich wiederhole mich jetzt, aber für mich liegt darin der Unterschied, den eine gute Rock´n´Roll Band ausmacht. Und ich hoffe, dass wir nach 5-6 Jahren auf dem Weg sind, eine sehr gute Rockband zu werden. Wir sind sehr kritisch.

Ich hab euch damals zum ersten Mal gesehen beim Sauna Open Air, mit Dio…
Das war einer unserer ersten Gigs. Das war kurz nach der Bandgründung, vielleicht unser 4. oder 5. Gig.

Das war vom Publikum aus aber gar nicht wahrzunehmen …
Naja, ich glaube, obwohl es einer der ersten Gigs der Band war, haben wir doch offensichtlich ein bisschen Erfahrung (lacht). Leider sind wir nicht mehr jung – Scheisse, wir sind älter geworden (Gelächter)

Andererseits, wenn man ein bisschen gereifter wurde, lässt man sich vielleicht nicht mehr so leicht von Drogen und Groupies ablenken und kann sich eher auf die Musik konzentrieren… (Gelächter)
Ich glaube nicht, dass wir jemals so weit reifen, dass wir uns nicht mehr für Saufen und Mädels interessieren, wenn ich ehrlich sein soll (Gelächter)

Tja, da passt ja eine Frage gut dazu – inwieweit sind denn die Los Bastardos Texte autobiographisch? Wieviel steckt da von der eigenen Person drin?
Tja, das ist so (längere Nachdenkpause) – die meisten Songs haben sowas wie einen autobiographischen Anteil. Aber es gibt viel, das nichts mit mir zu tun hat… weisst du, es ist eine Rock´n´Roll Band und die sollte Spass machen. Und wie ich schon meinte, ich liebe meine Akustikgitarre, ich liebe Neil Young und Bob Dylan. Auf dieser Sänger-Liedermacher Schiene hab ich auch Platten gemacht. Ich spiele gerne Songs anderer Leute, ich schreibe gerne meine eigenen im Stile dieses “blutenden Herzens”. Aber was die Rock´n´Roll Band betrifft, da hört sich das dann auf. Ich will den Leuten einen Kasten Bier geben, einen fetten Joint und… wie gesagt, schau dir Mike Monroe an, auch wenn ich nicht so klinge wie er und nicht TANZEN kann wie er, will ich trotzdem diese energiegeladene Rock´n´Roll Show liefern und diese “Nacht ohne Sorgen”. Vergiss die Beziehungskisten, hab einfach Spass. Ich will, dass alle mit einem Lächeln im Gesicht nach Hause gehen. Das meine ich.
Ich hab viel Respekt für meinen ersten Gitarrenlehrer, der war ein paar Jahre älter als ich und ich ging mit seiner Schwester zur Schule, er war ein Vorbild für mich, und er sagte: “Ich will so eine Band haben, wo du – auch wenn du nur noch 5 Eier in der Tasche hast – diese 5 Eier für ein Ticket ausgibst, um diese Band zu sehen und die tollste Nacht deines Lebens zu haben.” Daran habe ich mich immer erinnert, und das ist ein toller Leitspruch für eine Rock´n´Roll Band.
Heutzutage kannst du ja alles machen. Aber ich ziehe am liebsten eine Party ab, um die Sorgen vergessen zu lassen – 2 Stunden lang, und ein paar Bier…


… und Abdriften in ein Tex-Mex Paralleluniversum, sowas vielleicht.
Yeah, absolut. Eine Art Flucht oder so (lacht). Die Leute fragen uns immer, was wir mit diesem Mexiko-Kram am Hut haben. Naja, eigentlich NICHTS. Abgesehen von… Olli hatte die Idee damals in der Sauna. Olli ist ein Biker, hat eine Harley Davidson, er war damals mit der Band von ihm (deutet auf El Grande Bastardo, der wieder reinkam, bald darauf wieder geht) unterwegs, Peer Günt,und mit Backsliders, einer weiteren Bikerband aus Finnland. Und Olli sass in der Sauna und wollte eine Band zusammenstellen, die sowas wie nen Biker-Gang-Stil hat, alle in schwarzem Leder (Jacke und Hose), sowas wie Motörhead/Ramones – er hatte also eine klare Vorstellung und kam mit dem Namen Los Bastardos an, was ein toller Bandname ist. Der Finlandeses Teil kam deswegen, weil es den Namen Los Bastardos in anderem Zusammenhang schon gab. Er hatte diese Vision. Dieses Spanisch-Mexikanische war niemals mehr als – SPASS! Hey, wir leben in Finnland, wo der Winter 6 Monate dauert, also “schreiben wir Songs über Sonnenschein und wo wir Mädels und Bier im Arm haben.” so einfach ist das! (Gelächter) Genau das, worüber wir vorher gesprochen haben, “die Flucht” (lacht) “phantasieren”, wenn du so willst.

Die musikalische Version eines Tarantino-Films…
Auch wenn wir nichts damit am Hut haben, aber der Soundtrack von From Dusk Til Dawn, oder Stevie Ray Vaughn, ZZ Top – Mädels und Bier! (lacht) Naja, träumen wird man ja noch dürfen!!

Übrigens, was du vorher so erzählt hast, ich kann das SOOOO nachvollziehen, weil in Österreich is die Lage für ein RockerMÄDEL ja noch viel schlimmer gewesen…
Die Leute hier checken das nicht mal so – als ich aufwuchs, hatten wir Radio 1, die einzige Pop-Rock Station, wo es nur eine einzige 2h Show gab am Freitagabend. Naja, jeder, der Musik macht, ist Freitagabend nicht zu Hause, um Radio zu hören. Also kein Rock´n´Roll im Radio, wenn du einschaltest, hörst du nur Pop. Und es war schwer, diese Musik in Grossbritannien hören zu können. Ich will mein Land nun nicht schlecht machen, es war toll dort und tolle Musik wird dort aufgenommen. Aber: die guten Bands sind da draussen, die sich den Arsch abspielen für null Kohle, und im Radio hörst du nur Pop music – das war nicht gut. (lacht) Also war es für mich hier in Finnland, mit all dieser guten Musik im Radio “mir gefällt es hier”. Es hat mir viel bedeutet. Ich hab diese Popmusik wirklich gehasst, die da dauernd gespielt wurde. Ich wurde richtig sauer deswegen. Weil ich Rockmusik so sehr liebe.

”Wir können uns glücklich schätzen”
Und es scheint noch was hier zu geben – jeder hier scheint zu spielen, und das so gut. Ich erinnere mich an die erste tour hier, nicht mit dieser Band, sondern mit jener, in der ich vorher gespielt hab (lacht). Unser Fahrer war vielleicht 18, ging noch zur Schule und fuhr nur unseren Bus. Eines Abends nach nem Gig gab es eine Jam-Session, er kam an und spielte Gitarre, und war Weltklasse. Er war so gut. Der Junge, Nicke, ist 18 und half uns als Roadie, und ich glaube Alexi Laiho von Children Of Bodom ist sein Held. Weisst du, der Standard des Könnens hier in Finnland – und das stimmt – ist einfach hoch, das sind fantastische MusikerInnen, und ich hab keine Ahnung, wie sie es machen, sie scheinen es schon mit der Muttermilch aufzusaugen. Sie scheinen so viel über Musik zu wissen. Meine Frau sagt, dass es die Radiostationen sind, von denen sie ihre Liebe zur Musik gelernt hat. Früher war es Radio City, heute sind es Radio Helsinki oder Radio Rock, sie spielen alle mögliche Musik.
Ich glaube, was sich heutzutage auch verändert ist, dass die finnischen Bands internationaler geworden sind, mit der englischen Sprache. Die Finnen sind sehr stolz auf ihr Land, und heutzutage hast du mehr Möglichkeiten. Als ich in Finnland ankam, hab ich 15 meiner CDs verschickt und 15 Ablehnungen gekriegt, mit “wir machen nichts in englischer Sprache”. Na gut, damals gab es keinen Markt dafür. Aber das ändert sich jetzt.


Ich glaube, nun ist es fast umgekehrt, eher seltsam für eine Metalband, die finnische Sprache zu benutzen… Zurück zu den Musiklegenden, ihr seid ja mit einigen aufgetreten, Lynard Skynard, ZZ-Top (in Helsinki) – habt ihr denn ZZ-Top getroffen?
Neiiin (lacht) leider waren wir Headliner bei einem kleineren Festival am selben Tag – und es war ein toller Gig, für ZZ-Top aufzuwärmen, ein perfekter Gig für uns. Aber leider gleich nach unserem Auftritt mussten wir unser Equipment zusammenpacken, in einen Van und abhauen. Allerdings hat Olli noch Dusty Hill getroffen und ein Foto mit ihm gemacht, ich hätte sie auch gerne getroffen. Das war eine meiner ersten Lieblingsbands. Lynard Skynard war super. Ich kann mich glücklich schätzen, ich bin mit Lynard Skynard, ZZ-Top, Thin Lizzy, Motörhead, Deep Purple und all diesen Bands aufgetreten, allen meinen Helden. Klar haben wir nicht mit Neil Young oder den Rolling Stones gespielt oder so – Ich kann mich dennoch glücklich schätzen. Und klar fühlt man sich auch mit 45 wie ein Kind, das ist das beste, was dir passieren kann, wenn du in einer Band spielst. Echt! Und da kann ich auch für alle anderen sprechen – wir können uns glücklich schätzen (lacht) wir sind eigentlich zu alt dafür, aber wir haben Glück, weil wir in einer guten Band sind, und wir haben immer noch Träume! Und das heisst heutzutage noch was, weisst du!

Zum Beispiel?
Naja – Ich meine, wir sind wohl zu alt dazu, um von der Eroberung der Welt zu träumen, falls sich das zufällig ergibt, wäre es schön… was unser Traum wäre, dass wir von dieser Band unseren Lebensunterhalt bestreiten könnten.

WAS?? Ich dachte, das habt ihr schon geschafft…
Noch nicht… wir haben uns für diese Band in Schulden gestürzt.

Also habt ihr noch normale Jobs oder…
Nein, so schlimm ist es nicht, aber gleichzeitig machen wir noch andere Gigs, wie Ben mit seiner Ben Granfelt Band, wo er seine eigene Musik macht, ich habe mein eigenes ding, und Olli hat eigentlich keine weitere Band, aber er hat ein Aufnahmestudio. Erki spielt in einer AC/DC Tribute Band. So haben wir derzeit alle noch weitere Gigs abgesehen von den Bastardos, um den Kalender aufzufüllen. Also wenn wir den Punkt erreichen könnten, mit dieser Band unseren Lebensunterhalt zu bestreiten – das wäre ein relativ realistischer Traum. Denn das ist etwas innerhalb unserer Reichweite, nachdem wir streben könnten, ohne dass uns die Leute für verrückt erklären (lacht). Wir alle leben davon, Musik zu machen, also ist es nicht so, dass wir uns beschweren, “das Leben ist Scheisse” – nein. Ist es nicht. Wir haben eigentlich viel Glück im Leben. Und wir haben das alles schon seit Jahren durchgezogen – ich bin der jüngste, ich mache das, seit ich 19 war – 26 Jahre.

Da dein Soundcheck gleich losgeht – die letzte Frage, was war der abartigste Gig, den du bisher mit dieser Band erlebt hast?
Ich weiss nicht, ob wir jemals was Abartiges mit dieser Band erlebt haben… und wieder muss ich sagen, ohne nun Finnland zu viel Honig um den Hintern schmieren zu wollen – die Rockkneipen hier sind super organisiert, gutes Equipment, gute TechnikerInnen, die achten auf dich, dass du was zu Essen und Trinken hast und ein Hotel – die machen das einfach toll. Ich versuch was zu finden in der Richtung “jemand hat die Los Bastardos zu einer Hochzeit gebucht” (lacht)
(Erki kommt wieder) ERKI – wir beide haben sogar mal die Hochzeit eines Freundes zerstört (mehr Gelächter), aber nicht mit Los Bastardos… Okay, DEUTSCHLAND! Wir spielten in Deutschland in einem Club, nicht grösser als diese Garderobe (die hat vielleicht 16m2, d.Red.) Die Bühne, da bin ich nicht mal sicher, ob die gross genug war für ein Schlagzeug… die haben sie aus Bierkisten gebaut – und da drängelten sich 60-80 Leute. Das war wohl der seltsamste Gig – wie du dir vorstellen kannst, war es super (lacht).
Erki: HAMELN! Es war in Hameln, der berühmte Rattenfänger-Ort – der kleinste Gig von allen! Es war rappelvoll, und wir haben so leise wie möglich gespielt… lustig, aber zugleich total seltsam…
Bryn:Ich meinte zu den Jungs, wir sollten eines Tages wieder hinfahren und dort einen Video drehen. Ich habe schon Tausende Gigs gespielt, aber das war der kleinste und der seltsamste. Trotzdem super! (lacht)

OK. Danke, dass du dir die Zeit genommen hast!
www.losbastardos.fi

Klaudia Weber

Rücksichts- und gnadenlose Diktatorin, kniet vor mir! Anders gesagt: Chefredakteurin, Übersetzerin, Webseiten- und Anzeigenverwaltung, also "Mädchen für alles" - - - Schwerstens abhängig von Büchern (so ziemlich alles zwischen Herr der Ringe und Quantenphysik) und Musik, besonders von Metal finnischer Prägung. Weiters Malen, Zeichnen, Film, Theater... also könnt ihr mit einer vielseitigen Website rechnen. Mag.phil., zwei in 5 Jahren parallel abgeschlossene Vollstudien (English & American studies, Medienkommunikation) und stolz darauf, denn als Mädel aus einer Arbeiterfamilie in einem erzkonservativ-katholischen Land ging das nur dank Stipendium und etwas später im Leben als andere....