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Fields of the Nephilim / Murheenlaakso

22.3.2013 Virgin Oil, Helsinki, FIN

Wenn die Götter des Goth-Rock rufen, dann muss man einfach gehorchen – auch wenn der Gig kurzfristig nochmal um einen Monat verschoben wurde. Das hab ich ja immer an den Briten bewundert – die konsequente Verweigerung gewisser kommerzieller Usancen, und trotzdem scheint die seit Jahren bis Jahrzehnten ergebene Fangemeinde eher zu wachsen als zu schwinden… Leider bedingte diese Haltung auch stets gewisse Schwerigkeiten, an Merchandise in Girlie-Grösse heranzukommen. Und auch an diesem Abend hatte ich Pech – als ich ankam, war der Club bereits gut gefüllt, und die Leute schienen sich sofort mit den raren und daher begehrten Objekten eingedeckt zu haben – denn es war grad noch ein Girlie-Shirt übrig, aber leider zu gross …

Murheenlaakso
kannte ich bisher noch nicht – kein Wunder, handelt es sich doch sozusagen um eine Tribute-Band des legendären finnischen Underground-Rock-Acts Mana Mana, dessen Karriere bereits 1991 endete. Murheenlaakso besteht auch grossteils aus ehemaligen Mitgliedern der Ur-Band – welche in Finnland noch immer Kultstatus geniesst.

Das erklärt auch, warum sich schon vor Konzertbeginn viele AnhängerInnen die besten Plätze vor der Bühne sicherten und später fast jedes Wort bei jedem Song mitsingen konnten. Und warum sowohl der Fan-Altersdurchschnitt und jener der Herren auf der Bühne doch nicht mehr so nahe an der Teenager-Zone lag… Murheenlaakso legten den Schwerpunkt auf zähen Doom, gelegentlich durchsetzt mit etwas flotteren R´n´R Rhythmen, was durch 3 Gitarren besonders massiv zur Geltung kam. Die fiesen finnischen Texte zu Leben, Tod und Unterwelt brachten die zahlreichen Anwesenden auch gleich in die passende düstere Stimmung.

Fields of the Nephilim
hatten zwar auch die frühe Fangemeinde magnetisch angezogen, doch waren auch viele junge Fans und sehr viele Mädels zu sehen – die mir die T-Shirts vor der Nase weggekauft hatten… Als sich pünktlich um Mitternacht der Saal verdunkelte und die ersten Takte von “Shroud” ertönten, schien jede einzelne Person im rappelvollen Club loszujubeln. Und noch lauter, als Mastermind und Zeremonienmeister Carl McCoy – im gewohnten staubigen Cowboyoutfit – die Bühne enterte. Unglaublich, der Mann hat doch schon einige Jahrzehnte auf dem Buckel und sieht nicht viel anders aus als in den 80ern, in den Anfangstagen dieser Band … Leider hatte sich die Menge vor der Bühne dermassen verdichtet, dass Fotoschiessen einem Kamikaze-Unternehmen glich …

Diesmal verzichtete die Truppe (mit Original-Mitglied Tony Pettitt) um Ausnahmekünstler Carl McCoy auf Bühnennebel, sodass ich via Zoom doch ein paar Schnappschüsse schaffte. Allerdings, als meine All-Time-Faves wie “Love Under Will” angestimmt wurden, gab ich dem meditativ-grenzgenialen Erlebnis eines Fields-Auftritts den Vorzug… In der Tat sollte ein Fields-Gig eher mit einem Ritual verglichen werden – sparsamste Beleuchtung, minimale Action, Publikumskontakt gegen Null – dennoch intensive Präsenz, Atmosphäre und Musik, die dich unweigerlich in einen tranceartigen Zustand versetzt. Als dann auch noch “Psychonaut” – der Song hat was von einem Mantra, wenn auch mit Formeln aus dem Necronomicon – und dann der unvermeidliche Klassiker “Moonchild” angestimmt wurden – nun, drücken wir es so aus, wäre ich ein Mann, wären meine Jeans schlagartig um 2 Nummern zu klein geworden…

 
An Carls Stimme – von ultratief-clean bis Growl – war auch diesmal nichts auszusetzen, ebenso makellos die Performance der Band, eine hochpräzise Huldigung von Cthulhu… Nach “Zoon” gab es grad mal ein knappes “Thank You”, und das Set war zu Ende – jedoch die Menge liess nicht locker, und tatsächlich kam die Band nochmal auf die Bühne. Und Carl reagierte auf das Publikum, mit wohlwollenden Gesten zum Mitklatschen – unfassbar… “Last Exit for the Lost” trieb mir fast die Freudentränen in die Augen – mich auch der perfekte Abschluss eines perfekten Gigs.
Cthulhu sei Dank, ich blieb danach noch ein bisschen da – denn, unglaublich, die Band liess sich NOCHMAL von den ausgedehnten, lautstarken Zugabe-Forderungen der Menge hinreissen! Eine echte Überraschung, eine Ehrbezeugung für das finnische Publikum! Mit den aufmunternden Worten ”Relax, just try to sleep – I want to go home” (Vet for the Insane) und erneuten Dankesworten wurde die Fangemeinde dann endgültig in die Winternacht entlassen.

Fazit: Der Gig war in jeder Hinsicht etwas Besonderes und alle, die nicht dabei waren, können sich in den Allerwertesten beissen. Oder das Versäumte Ende April in Norwegen oder Schweden nachholen…

Setlist:
Shroud
Straight into the Light
One More Nightmare
From The Fire
Love Under Will
The Watchman
Preacher Man
Psychonaut
Moonchild
Zoon Part 3
—-
Penetration
Last exit for the lost

Vet for the Insane

Klaudia Weber

Rücksichts- und gnadenlose Diktatorin, kniet vor mir! Anders gesagt: Chefredakteurin, Übersetzerin, Webseiten- und Anzeigenverwaltung, also "Mädchen für alles" - - - Schwerstens abhängig von Büchern (so ziemlich alles zwischen Herr der Ringe und Quantenphysik) und Musik, besonders von Metal finnischer Prägung. Weiters Malen, Zeichnen, Film, Theater... also könnt ihr mit einer vielseitigen Website rechnen. Mag.phil., zwei in 5 Jahren parallel abgeschlossene Vollstudien (English & American studies, Medienkommunikation) und stolz darauf, denn als Mädel aus einer Arbeiterfamilie in einem erzkonservativ-katholischen Land ging das nur dank Stipendium und etwas später im Leben als andere....