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Ensiferum: “Das Leben dreht sich um Weiterentwicklung”

Ensiferum sind aus der Pagan-Metal Szene nicht mehr wegzudenken und zählen wohl zu den fleissigsten Live-Acts dieses Planeten. Gerade jetzt sind sie wieder quer durch Europa unterwegs (“Bearers Of The Sword Tour 2012” mit Profane Omen und Amoral) ein neues Album namens “Unsung Heroes” im Gepäck – eine gute Gelegenheit, ein Bandmitglied – nämlich Basser Sami – um eine Wortspende zu bitten…


Vor „Unsung Heroes“ hat Ensiferum drei Jahre lang kein Studio gesehen. Habt ihr das vermisst? Wie fühlte es sich an, wieder ein Album aufzunehmen?
Etwas vermisst, ja. Neues Material mit der gesamten Band zu komponieren ist wirklich eine tolle Sache. Wir probieren alle Ideen aus und basteln an den Harmonien und Melodien, und sogar die verrücktesten Ideen fürs Arrangement bekommen ihre Chance. Dieses Line-Up ist seit Jahren zusammen und all die Tourneen und die zwei Alben haben uns zusammengeschweisst, als Band zu arbeiten ist heutzutage also einfach. Die Studiosessions liefen glatt und wir sind alle sehr zufrieden mit dem Ergebnis.

Ich nehme an, ihr habt alle viele neue Ideen. Konnten diese denn auch alle bei „Unsung Heroes“ umgesetzt werden?
Ja und nein, denn wir haben die Songs von Unsung Heroes so abgeschlossen, dass wir hinter jeder einzelnen Note stehen können, aber es gibt einige Songs, die wir nicht fertigstellen konnten, also haben wir schon Material fürs nächste Album. So haben wir schon seit Jahren gearbeitet, und so funktioniert es gut für uns.

„Unsung Heroes“ ist viel abwechslungsreicher als eure vorherigen Alben. Neben dem typischen Ensiferum Sound gibt es auch unterschiedliche musikalische Elemente und Atmosphären, wie ein wenig Melodic Death Metal oder sogar Speed Metal. Wolltet ihr die musikalischen Grenzen der Band öffnen, schon ehe ihr euch ins Studio begeben habt, oder war das ein natürlicher Prozess während den Aufnahmen?
Die neue Songs kamen ganz natürlich zustande, wir denken nicht darüber nach, wie wir dieses oder jenes machen, wir schreiben einfach neue Sachen und wenn es uns gefällt, verwandeln wir diese Ideen in einen Song. Das Leben dreht sich um Weiterntwicklung und es ist selbstverständlich, dass Bands Schritte in andere Richtungen unternehmen. Es macht keinen Sinn, sich auf jedem Album zu wiederholen. Die Ideen fürs nächste Album sind wieder etwas anders als Unsung Heroes.

Für mich ist es vorwiegend die musikalische Bandbreite, die das Album so toll macht, denn es lässt einen verschiedene Stimmungen fühlen. Was sagst du dazu?
Ich würde da zustimmen. Bei Unsung Heroes gibt es keinen Moment, wo der Zuhörer denken sollte “gut, ich hab das schon im Song davor gehört”. Es ist auch eine grosse Herausforderung für den Komponisten und für den Texter, unterschiedliche Stimmungen auszudrücken, die ja ursprünglich die Inspiration für den Song waren. Das ist ein immerwährender Prozess und du lernst immer wieder was dazu.

Einer der Songs nennt sich „Pohjola“. Ist es wichtig für euch, dass ihr euch auf eure Wurzeln bezieht, woher ihr eigentlich kommt?
Nicht wirklich. Es ist nicht so, dass wir unterstreichen müssen, dass wir aus Finnland sind, und obwohl der Song Pohjola in Finnisch ist, glaube ich doch, dass viele Leute ihn geniessen können. Ich schreibe fast alle Texte für Ensiferum und obwohl alle Texte von realen Begebenheiten inspiriert sind, versuche ich, meine Texte eher metaphorisch zu halten, damit sich viele Leute damit identifizieren können.
Ich entdeckte den Text für diesen Song in einem Gedichtbuck, der Text ist ein über 100 Jahre altes finnisches Gedicht (klar, ich musste noch Zeilen hinzufügen). Das war 2006, als wir die ersten Demos dieses Songs aufgenommen hatten, und ich las zu Hause dieses Buch und entdeckte dieses Gedicht. Ich hab dann den Gesang zu Hause aufgenommen (während meine Nachbarn an die Wände klopften, haha) und brachte das mit in den Proberaum für die anderen, sie mochten den Text und den Gesang. Aber es dauerte trotzdem 6 Jahre, den Song fertigzustellen. Wir sind nicht die Schnellsten, ich weiss.


Erzähl uns was über die Themen, die ihr behandelt.
Ich hab hinterher festgestellt, dass sich viele Songs um das Thema Veränderung drehen. Nichts ist stabil, nichts dauert ewig. Es ist nicht gut oder schlecht, so ist die Welt ganz einfach. Ich will hier meine Texte nicht zu sehr erklären, denn bei Kunst ist es immer so, dass jeder Mensch seine eigenen Bedeutungen findet.

Übrigens nennen sich immer mehr Bands „Pagan“ nur wegen einer Geige oder einem Keyboard in ihrem Line-up. Was bedeutet es für dich, eine Pagan-Band zu sein? Ist es eher die Musik, die Texte, die Grundeinstellung der Band …?
Ich kann nicht für meine BandkollegInnen sprechen, denn wir haben alle etwas unterschiedliche Ansichten über das Leben und die Welt. Ich sehe mich selbst nicht als Pagan und ich glaube nicht, dass du das werden kannst, wenn du nur ein paar Folkelemente zu deiner Musik hinzufügst, hah! Für mich ist es total OK was die Leute glauben, so lange mir oder der Welt keiner vorschreibt, was ich zu glauben haben. Wenn der Glaube jemandem Halt gibt und es dadurch bessere Menschen gibt, die sich anderen Menschen gegenüber besser benehmen, dann ist es mir egal, ob sie zu Odin, Satan oder dem Higgs Bosom beten.

Es gibt einige Gäste auf “Unsung Heroes”, wie etwa Mitglieder der Band DIE APOKALYPTISCHEN REITER. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit? Erzähl uns mehr darüber.
Wir hatten schon seit Jahren diese Idee für einen Mittelaltermarkt-Part, und während wir e Passion, Proof, Power komponierten, stellten wir fest, dass wir da einen Part brauchen, der den Hörern eine Verschnaufpause gibt, und der Song war ohnehin überdrüber, also fanden wir die Idee, ein paar deutsch sprechende Leute auf so einem Marktplatz zu haben, ziemlich gut. Glücklicherweise hat unser Management uns mit den Die Apo -Jungs in Verbindung gesetzt, und sie haben Tolles geleistet!

Sprechen wir mal über die Musikindustrie. Wenn ich mich nicht irre, dann lebt ihr alle von der Musik. Das ist ja nun ziemlich schwierig geworden, nur von einer Band zu leben. Obwohl ihr es euch verdient habt, fühlt ihr euch besonders “gesegnet”, verglichen mit anderen MusikerInnen?
Ja, wir sind wirklich priviligiert, VollzeitmusikerInnen zu sein. Es ist finanziell ziemlich schwierig, besonders in Finnland, wo alles so teuer ist und die Steuern so hoch. Einige von uns mussten Jobs annehmen, während wir das neue Album komponierten, denn wir spielten viele Monate lang keine Gigs. Aber schauen wir mal, was die Zukunft bringt, da wir wieder mit dem Touren angefangen haben. Aber im allgemeinen ist es immer schwieriger für MusikerInnen, denn die Plattenverkäufe gingen runter und die Bands touren alle viel mehr, also gibt es ein Überangebot an Gigs. Für uns ist das nicht wirklich ein Problem, denn nach jeder Tour scheinen wir mehr Fans zu haben, aber einige Bands und Promoter machen sich Sorgen über geringeren Publikumszuspruch.


Glaubst du, dass es eine Schande ist, dass heutzutage auch begabte MusikerInnen kaum in der Lage sind, von der Musik leben zu können?
Die Welt ist voller talentierter MusikerInnen. Es läuft nicht so einfach, dass du nur ein Instrument zur Hand nimmst und dann spielst du schon vor ausverkauften Stadien. Du musst mit deiner Musik schon was erzählen wollen. Und dann ist es auch eine Kombination von guten Kontakten, Timing und purem Glück. Die Musik selbst ist eine rein kreative Angelegenheit und sollte von nichts korrumpiert werden, und wenn du nur zu Spielen anfängst, weil du berühmt werden willst, dann hast du da was nicht kapiert. Ich kenne tolle MusikerInnen, die nur zu Hause für sich selbst komponieren, sie sind nicht an Tourneen und dem Business interessiert. Aber wenn du dich da reinbegibst, dann musst du bereit sein, deinen Arsch wund zu arbeiten, Beziehungen zu opfern, unzählige Stunden auf Reisen zu verbringen und zu akzeptieren, dass jeder mehr Geld mit deiner Musik verdient als du oder deine Band. Das mag sich grauenhaft anhören, aber wenn du auf der Bühne stehst und die Menge ausrastet, dann verstehst du auch, dass es das Ganze wert war.

Nun zur letzten Frage: Während der Aufnahmen habt ihr einige Studio-Videos herausgebracht (ziemlich lustige) – und da drängt sich die Frage auf: Is nackich mit einem Bier rumzurennen der Schlüssel zum Erfolg?! 😉
Haha, vielleicht? Schauen wir mal, was die Zukunft bringt.

Danke für Deine Zeit!
Es war mir ein Vergnügen! All the best! 🙂

http://www.ensiferum.com/

Contributors

Marine Crepiat

- nicht mehr aktiv - Reports - Reviews - Photos Passionate and curious by nature, I'm interested in ways through which I can express my opinion and communicate my feelings. Writing, photography, singing, drawing, languages... are the main things I keep myself busy with ! As for music, my favorite genre is music that speaks to me and that conveys a certain atmosphere. It can a be a pop or a metal song, some thrash or death metal tune... so the actual genre doesn't really matter to me.