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Tribal: Ist Musik als Kunst wirklich nichts mehr wert?

Seit 2004 sorgt die Schweizer Band Tribal für facettenreichen Rock in der Szene. Vor kurzem kam ihre dritte Scheibe „I-Dentity“ auf den Markt; unter den 13 Songs befindet sich auch ein deutschsprachiger „ Die Kraft ist in dir“. Was dahinter steckt, verraten uns Greg (Vocals), Mark (Guitar) und Urs (Bass) hier:

Könnt ihr zu aller erst mal die Band vorstellen, für jene, die euch noch nicht kennen?
Greg: Tribal kommen aus der Schweiz und stehen für abwechslungsreichen Rocksound. Wir sind seit 2004 als Band unterwegs und mittlerweile sind 3 Studioalben erschienen. Den Anfang machte „Cardboard Heroes“ (2005), welches wir noch selbst produziert haben. 2009 kam dann „Corner Of A Circle“, welches um einiges düsterer und eine ganze Ecke härter ausfiel. Es war ein grosser Fortschritt und wurde von Rolf Munkes produziert. Seit Mai diesen Jahres ist nun die dritte Platte „I-Dentity“ erhältlich. Wir haben unseren Stil nochmals um einiges verfeinert. Es ist ein sehr kontrastreiches, verspieltes Album geworden.


In eurer Laufbahn habt ihr reichlich gute Kritiken für eure Scheiben eingeheimst. Wie würdet ihr selber euren Sound bezeichnen, was macht euch als Band aus?
Greg: Unseren Stil würde ich als Modernen Rock mit Gothic und Alternative-Einflüssen beschreiben. Was unsere Alben angeht, ist uns Abwechslung sehr wichtig. Wir mögen es nicht, wenn eine Platte gleichförmig klingt. Brachiale Riffs und verspielte Melodien wechseln sich ab. Bei uns gibt es kein Reissbrett. Alle Songs entstehen aus dem Gefühl heraus.

Eure dritte Scheibe „I-Dentity“ wurde komplett in den Empire Studios in Deutschland eingespielt. Warum fiel eure Wahl gerade auf ein deutsches Studio und nicht auf eines in der Schweiz?
Urs: Nach unserem Geschmack sind die Schweizer Produktionen oft zu geschliffen, ja fast überproduziert. Die Freunde am Experimentieren fehlt meist. Zudem spielt die Kostenfrage auch mit. Studios in der Schweiz, selbst kleinere, sind meist unverschämt teuer.
Greg: Ausserdem ist es wichtig, dass der Produzent auch in menschlicher Hinsicht mit uns harmoniert, und das ist bei Rolf Munkes absolut der Fall. Spass im Studio ist wichtig. Steigert die Kreativität.


Ihr mögt es, Songs zu schreiben die auch etwas aussagen, wie zum Beispiel die jüngste Single „Die Kraft ist in dir“; könnt ihr uns ein bisschen mehr darüber verraten, worum es in diesem Song geht?
Mark: Greg wird bestimmt aus der lyrischen Perspektive was dazu sagen. Der Song sagt auch musikalisch verdammt viel aus, war einer der Grundbausteine, auf welchem wir „I-Dentity“ aufgebaut haben. Er hat eine starke Persönlichkeit und Identität, schafft durch seinen schwebenden und offenen Sound, durch die tief gestimmten, warmen und dunklen Gitarren eine spezielle, wohlige Stimmung, die einen fesselt und in die man sich gut hineinversetzen kann. Obwohl die Instrumente recht low gestimmt sind, wirkt die Nummer sehr leicht, offen und positiv. Schon bei der ersten Note weiss man, wohin die Reise geht. Dabei erscheint dieser Weg völlig natürlich, der ergibt sich wie von selbst durch die sehr ausdrucksstarke Instrumentierung. Es gibt selten Songs, die dermassen schnell auf den Punkt kommen wie „Die Kraft ist in dir“. Wir alle mögen diesen Song sehr!
Greg: Als Kind im Vorschulalter ist man so, wie man eigentlich ist. Voller Neugier, Fantasie und Abenteuerlust. Im Laufe der Zeit verlieren wir diese Dinge in den Wirren des Lebens. und eines Morgens stehen wir dann auf und erkennen uns selbst nicht wieder. Der Song handelt davon, wieder zu dem zu werden, was man war und tief im Inneren immer noch ist. Ich hoffe das werden viele schaffen. Ich selbst bin daran. es zu versuchen.

Warum habt ihr diesen Song gerade auf Deutsch eingesungen? Was ist als Schweizer schwieriger zu bewältigen, das Hochdeutsche oder das Englische?
Mark: Die rein deutsche Version hat sich so ergeben. Greg hatte zuerst für die Nummer einen englischen Chorus, danach wurde die Strophe in Deutsch geschrieben. Eine ähnliche Kombination hatten wir bereits schon im Song „Too many times“, einem Tribal Song der ersten Stunde, der auf „Cardboard Heroes“ erschienen ist. Wir haben gedacht, dass es sich diesmal lohnen würde, eine rein deutsche und englische Version auszuprobieren, einfach deshalb, weil in einer die Strophe auf Deutsch cool klang, in der anderen die Hookline des englischen Textes. Es war ein Versuch, der sich gelohnt hat, denn beide Versionen haben ihren Charme und Berechtigung.
Greg: Die deutsche Version hat uns dann einfach besser gefallen, deshalb ist sie auf dem Album gelandet. Auf Deutsch kommt der textliche Inhalt einfach mehr zum Tragen. Die englische Variante heisst „A Smile On Your Face“ und ist als Bonustrack auf der digitalen Single von „Die Kraft ist in Dir“ erhältlich.
Von der Sprache her war´s für mich kein Problem. Im Gegenteil, es war eine grossartige Erfahrung, mal durchgehend auf Deutsch zu singen. Ich denke, ich habe das auch ganz gut hingekriegt.


Wie sieht denn bei euch im Allgemeinen das Songwriting aus? Macht das nur einer von euch oder ist das Team-Arbeit?
Mark: Es kommt darauf an. Es gibt Songs, die im Bandraum entstehen, andere werden individuell entwickelt. Wir haben nicht ein Erfolgsrezept oder eine einzige bestimmte Vorgehensweise beim Schreiben, lassen uns die Wege offen. Auf der neuen Scheibe überwiegen sicher die Songs, die nicht in der Band entstanden sind, ich selbst war sehr stark an den Arrangements beteiligt, hab vieles aus eigener Hand bestimmt, und das war mit Sicherheit eine neue Situation für die Band und eine Herausforderung für alle. Im positiven Sinne, denn daraus sind letztendlich sehr gute Songs entstanden und alle konnten sich in der Endversion auch einbringen. Der Weg zum Endergebnis war ein für die Band etwas untypischer.

Ihr habt schon einige Konzerte in Deutschland gespielt, aber man kennt euch doch hauptsächlich in der Schweiz. Glaubt ihr das eine Schweizer Band einen schwierigeren Stand hat, in der Musikszene bekannt zu werden?
Greg: Leider ist es trotz grosser Bemühungen noch nicht zu einem Auslandseinsatz gekommen. Es ist nicht einfach heutzutage, die Veranstalter zu überzeugen. Wir hoffen jedoch in naher Zukunft zumindest im deutschsprachigen Ausland live zu spielen.
Ich glaube nicht, dass es eine Band aus der Schweiz da schwerer hat. Die Voraussetzungen sind da für alle gleich. Allgemein gilt: Es ist nicht einfacher geworden. Ich erinnere mich, dass ich um die Jahrtausendwende mit meiner damaligen Band eine tolle Konzertreihe in London hatte. Damals konnten wir ohne Probleme 7 Konzerte buchen.


Was haltet ihr von der Schweizer Rockszene im Allgemeinen? Was könnte sich eurer Meinung nach bessern?
Urs: Leider gibt es zu wenig Rock-Clubs, wo weniger bekannte Band auftreten können und dennoch Stammpublikum da ist. Der Trend, dass für bekannte Bands Unsummen für Tickets ausgegeben wird und dann für Newcomer kein Heller mehr übrig ist, stimmt uns nachdenklich. Ist Musik als Kunst wirklich nichts mehr wert?

Die Musikindustrie geht mehr und mehr kaputt durch Downloads und illegales Musik-Sharing. Was glaubt ihr kann man dagegen tun oder wie könnte man das ändern?
Mark: Das legale Downloading ist eine Realität, die man akzeptieren muss. Ist ein Teil des Business, der sich etabliert hat und mit welchem wir auch gut umgehen können. Bei illegalen haben wir etwas mehr Mühe, da es sich hier einfach um Fairness geht gegenüber Leuten, die ihre Arbeit ernst meinen. Wer holt sich schon gratis Brötchen beim Bäcker oder marschiert in einen Kinosaal, ohne das Ticket zu zahlen? Klar, Schwarzfahrer im Bus gibt es nach wie vor, aber irgendwann lohnt sich das nicht mehr. Bußen sind heute schweineteuer!

Wie sehen eure Pläne für die nächsten Monate aus? Geht ihr auf Promotour?
Mark: Es sind sicher wieder Konzerte angesagt. Wir wollen nach dem intensiven CD Recording wieder live spielen und werden den Fokus unserer Aktivität aufs Booking legen.


OK last but not least, habt ihr noch ein paar letzte Worte an unsere Leser?
Greg: Bleibt weiterhin neugierig und gebt neuen Bands eine Chance. Es gibt so viel gute Musik, die es wert ist, entdeckt zu werden.

Vielen Dank für das Interview und ich wünsche euch alles Gute für die Zukunft.

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Contributors

Sandy Mahrer

Fresh Act Redakteurin, Reportagen, Reviews, Fotos - - - Favorisierte Musikrichtungen? - Hard Rock, Heavy Metal und Pop-Rock, etc. Weniger Death, Black, Grind Core