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Before The Dawn: Die Last auf Papas Schulter

Nach einer Totalreformation von Line-up und Sound der Band liegt es eigentlich auf der Hand, warum das Album „Rise Of The Phoenix“ heisst. Allerdings gibt es klarerweise doch noch die eine oder andere Frage – und auch diesmal war es gar nicht so einfach, den vielbeschäftigten Band-Mastermind Tuomas Saukkonen zu erwischen, da er an diesem Tag noch zirka ein Dutzend weitere Interviews zu absolvieren hatte…

Hallo Tuomas, erstmal Gratulation zu deiner zweiten „Musiker des Jahres“ Auszeichnung; und weil du da in einem Teaser-Video deiner loyalen Fanbasis dankst – gutes Stichwort, du hast da wirklich bemerkenswerte Fans (siehe Zeichnung) – von woher kam die denn, und hast du sie per e-mail oder „Schneckenpost“ erhalten?
Hallo und danke! 🙂
Ich hab diese Fan-Zeichnung durch unser europäisches Label Nuclear Blast erhalten, bin also nicht 100% sicher, woher sie nun stammt. Ich kriege öfters derartige Post, aber diese hier war wirklich was Besonderes 🙂


Da drängte sich beim Teaser-Video noch eine andere Frage auf – du erwähnst da, dass Rise of the Phoenix „noch epischer schneller heavier“ wird und Bärte extrem schnell wachsen lässt – gab es da schon Beschwerden von weiblichen Fans?
Du meinst, dass sich weibliche Fans über plötzlichen Bartwuchs beschweren? Ich hab da noch keine diesbezüglichen Nachrichten erhalten, und ehrlich gesagt wäre es mir lieber, wenn sich der Zuwachs an Gesichtsbehaarung auf die Männer beschränken würde.

Über die jüngsten Veränderungen in der Band hatten wir ja schon vorher mal unterhalten, aber kannst du uns diesmal die neuen Bandmitglieder etwas detaillierter vorstellen?
Die neuen Mitglieder sind Joonas Kauppinen an den Drums, dem nun gerade eine Knieoperation bevorsteht und wir also Session Drummer für Frühling und Sommer an Bord holen müssen. Joonas ist ein alter Freund von mir und ich war schon immer ein Fan seines Stils zu spielen. Der neue Bassist Pyry Hanski war mal mein Drum-Schüler und irgendwie stellten sich die Weichen so, dass wir gemeinsam in den Live-Line-ups von RoutaSielu und Black Sun Aeon endeten, also war es dann nur noch ein kleiner Schritt, BTD zu unseren „gemeinsamen Hobbies“ hinzuzufügen.

Das muss für Leute, die eure Website besuchen, wieder etwas verwirrend sein – mit dir und Gitarrist Juho Räihä sind es 4 Bandmitglieder, aber nur drei sind auf den Promo-Fotos zu sehen. War das wegen Joonas` Kniegeschichte?
Das war tatsächlich wegen der Knieoperation, die ihn bis Herbst 2012 lahmlegen wird, und dann sehen wir uns die Situation mit ihm nochmal an.

Wird Joonas in die Band zurückkehren können? (Naja, zumindest ist er nicht explodiert, denn bei euch geht’s ja wirklich schon wie bei Spinal Tap zu)
Er wartet noch auf den Operationstermin, also wissen wir das noch nicht.

Wie war denn die Tour mit Insomnium und MyGrain für euch? Das war ja sowas wie eine Feuertaufe für das neue Line-up, gleich nach der Neuformierung schon eine ziemlich grosse Europatour – ist da was lustiges oder absurdes passiert, das du uns erzählen kannst?
Die Tour lief ziemlich gut und war die beste Gelegenheit, das neue Line-up und die neuen Songs zu testen. Wir hatten 4 Songs vom neuen Album mit auf die Setlist genommen und kriegten tolle Reaktionen vom Publikum, das gab uns einen Boost, um nach unserer Rückkehr nach Hause an den Aufnahmen und dem Mix des Albums weiter zu arbeiten. Von der Tour gibt’s keine grossen Geschichten zu erzählen, die engen Zeitpläne lassen da nicht viel Spielraum für legendäre Begebenheiten übrig.

Jetzt zum neuen Album – du hast in einem anderen Interview erwähnt, dass du dich mit dem klaren Gesang zu festgelegt fühltest – wie war das Songwriting diesmal, einfacher, schneller? Was war diesmal am schwierigsten?
Es war wirklich schnell und einfach diesmal und diesmal gab es auch nichts, was ich als schwierig bezeichnen würde. Denn ich konnte ohne Beschränkungen oder Eingrenzungen arbeiten, das war also die mit Abstand einfachste Songwriting-Session mit BTD. Es lag nicht nur am klaren Gesang, dass ich mich eingeschränkt fühlte, sondern auch durch das Drumming, und ich brauchte da einen schnelleren und variableren Drummer, um differenziertere Musik schreiben zu können.

Wie war es denn, mit den Neuen im Studio zu arbeiten? Lief alles zu deiner Zufriedenheit?
Nichts zu Meckern! Ich kannte beide Jungs als Musiker ja schon ganz gut, also erwarteten mich da keine Überraschungen, als wir ins Studio gingen. Wir probten auch gut zusammen und machten Demo-Aufnahmen und Vorproduktionen, also waren wir alle insgesamt gut vorbereitet.

Du bist ja ein bisschen älter als die anderen in der Band – wie ist denn da euer Verhältnis zueinander, bist du wirklich sowas wie der „Papa“ – auch auf persönlicherer Ebene, abgesehen vom Bandbusiness?
Diese Rolle lastet ziemlich schwer auf meinen Schultern, da ich da auch das meiste in Richtung Gigs organisieren und Management mache, und weil ich Straight Edge bin, muss ich mich um die anderen dann auch nach den Konzerten kümmern 🙂

Kannst du uns so einen „typischen Tag mit BTD“ beschreiben (Proben, Gig)?
Wir proben selten, weil ja jedes Bandmitglied in einer anderen Stadt lebt, also gibt es davon nicht viel zu erzählen. Alle Bands haben ziemlich ähnliche „typische Tage“. Die üblichen Konzert-Abläufe mit hinfahren, Soundcheck, Gig etc sind immer dieselben, also gibt es da keinen typischen BTD Tag.

Jetzt zu den Lyrics – das Phoenix-Thema liegt ja auf der Hand, aber gibt es da auch ein zusammenhängendes Konzept, von dem wir wissen sollten? Was steckt da hinter Pitch Black Universe oder Throne of Ice?
Alle Texte sind ziemlich persönlicher Natur, so wie es schon immer der Fall war, aber es gibt da ein gewisses „siegreiches“ Thema, weil wir all diese damaligen Schwierigkeiten hinter uns lassen konnten. PBU und TOC sind beide ziemlich persönliche Statements, die ich da nicht zu detailliert erörtern möchte.

Du hast in der letzten Zeit viele Interviews gegeben, also welche Frage kannst du schon nicht mehr hören und hasst es, sie zu beantworten?
Natürlich hat es da eine Menge Fragen zu den grossen Veränderungen in der Musik und im Line-Up gegeben, aber das ist verständlich und daran gibt’s nichts zu hassen. Es gehört zum Geschäft dazu, dass sich gewisse Sachen wiederholen in solchen Interview-Sessions.

Wie waren die Reaktionen von Fans und Presse zum neuen Album bisher?
Sehr gut. Klar gibt es da Leute, die sehr diese Clean Vocals mochten und nun enttäuscht sind, dass diese wegfielen, aber zur selben Zeit tauchen da neue Fans auf, die den alten und weicheren Stil nicht so mochten. Allgemein gesprochen, hat dieses Album bisher am meisten Interesse hervorgerufen, im positivsten Sinn, seitens Fans und Presse.


Hattest du dir ein bisschen Sorgen gemacht, wie das neue Line-Up/der Sound ankommen würde?
Gar nicht. Es war mir klar, dass es sowohl gutes als auch schlechtes Feedback geben wird, aber das sollte nicht ausschlaggebend sein, wenn man Entscheidungen trifft. Es wird immer Leute geben, denen das gefällt oder eben nicht gefällt, was du machst. Das einzige, was dir Sorgen machen sollte, ist: Ist das was ich mache auch das, was ich wirklich machen will, und macht mir das auch Spass.

Du hast ja immer so viel zu tun – nicht nur als Musiker, sondern auch als Produzent, Stage Manager, Videoregisseur/produzent, du kümmerst dich um Merchandise, organisierst Gigs und Tourneen (klar, hauptsächlich für deine eigenen Bands) – keine Ahnung, wie weit das Gewichtheben noch mitspielt, oder deine Gartenprojekte … wenn nun Geld keine Rolle spielen würde, hättest du da noch einen Traumberuf, den du liebend gerne machen wolltest (kann auch was unrealistisches sein wie Raumschiffpilot)?
In der Lage zu sein, ausschliesslich als Songwriter den Lebensunterhalt zu verdienen. Aber das ist auch kein besonders realistischer Traum heutzutage.

Welchen Job würdest du denn eher an den Nagel hängen, wenn es sich mal mit Zeit/Kräften/Geld nicht mehr ausgeht?
Alles ausser Musik zu schreiben.

Würdest du da auch mal einen Song für den Songcontest schreiben (ich meine nur SCHREIBEN, nicht auch dort auftreten)? 😀
Ich schreibe Musik für mich selbst und sehe mich da gar nicht als Teilnehmer in diesem Songcontest :). Vielleicht könnte ich ja mit einigen coolen Künstlern in Zukunft mal arbeiten, aber ich sehe mich da sicherlich nicht bei solchen Wettbewerben.

A propos Wettbewerb – was hältst du denn von all diesen Contests im TV heutzutage? Idols, Talent Suomi, jetzt auch Voice of Finland und sogar die Show/Coverbands haben einen Contest – siehst du das als Möglichkeit, Talente zu entdecken und Karrieren zu starten, oder toben sich da nur Egomanen (auf der Bühne und in der Jury) aus?
Es ist eine wohlorganisierte Möglichkeit für Labels, um „Rohdiamanten“ ausfindig zu machen, mit denen sich Geld machen lässt. Natürlich gibt es talentierten Künstlern eine Plattform, um bekannt zu werden und eine Karriere zu beginnen, aber ich halte viel mehr von Songwritern, die sich ihre eigene Karriere aufbauen als von jenen Künstlern, die sich damit ihren Lebensunterhalt verdienen, die Songs von anderen zu performen = Entertainer.

Du warst in der Vergangenheit auch schon Juror bei Nachwuchsbewerben – würdest du dich denn in die Jury einer der erwähnten Wettbewerbe setzen, wenn du so ein Angebot kriegtest?
Nö.

Wir plauderten ja schon mal über deine ersten musikalischen Gehversuchen (auf Kochtöpfe trommeln) und dass du mit Gitarre angefangen hast – aber ab wann wurde dir klar, dass du Musiker werden willst? Wo und wann hattest du deinen ersten öffentlichen Auftritt – im Kindergarten an der Triangel? Schulchor? Hast du aus der Zeit ein paar lustige Geschichten, die du mit uns teilen willst?
Als ich mit 8 anfing, Gitarre zu spielen, hab ich sofort damit angefangen, meine eigenen Songs zu schreiben. Ich formierte 8 Jahre danach dann meine erste Band, also ging es bei mir immer eher ums Musikschreiben als darum, in einer Band zu sein oder im Rampenlicht zu stehen. Mehr als alles andere will ich nur Musik machen und spielen. Könnte locker auf alles andere drumherum verzichten – Gigs, Tourneen etc etc

Letzte Frage – wenn ich dich jetzt nochmal gaaaanz lieb und höflich frage, verrätst du dann, was da im Zentrum des BTD Logos dargestellt wird?
Nö 🙂

Hmm… guuut… Hypnose? Voodoo? Eines Tages krieg ich´s raus… irgendwie…
Tuomas, danke fürs Interview, mach’s gut und see you guys on tour!

PS: Hab es später über anderweitige Kanäle rausgekriegt. Die Mitte des Logos sind die künstlerisch verschachtelten Buchstaben B, D und T …

promopic: MikesirenPhoto.com

Klaudia Weber

Rücksichts- und gnadenlose Diktatorin, kniet vor mir! Anders gesagt: Chefredakteurin, Übersetzerin, Webseiten- und Anzeigenverwaltung, also "Mädchen für alles" - - - Schwerstens abhängig von Büchern (so ziemlich alles zwischen Herr der Ringe und Quantenphysik) und Musik, besonders von Metal finnischer Prägung. Weiters Malen, Zeichnen, Film, Theater... also könnt ihr mit einer vielseitigen Website rechnen. Mag.phil., zwei in 5 Jahren parallel abgeschlossene Vollstudien (English & American studies, Medienkommunikation) und stolz darauf, denn als Mädel aus einer Arbeiterfamilie in einem erzkonservativ-katholischen Land ging das nur dank Stipendium und etwas später im Leben als andere....

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