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YOU GOT STALKED: Hellhounds-Tour 2009 – Tiamat, The 69 Eyes, Ava Inferi, Strommoussheld, Stoneman

STALKER hat es dank einiger MitarbeiterInnen wieder einmal geschafft, einem hochkarätigen Tourpaket auf seiner Reise durch mehrere europäische Länder auf den Fersen zu bleiben…

Interaktive Fotogalerie am Textende!

Die Europatour der Gothic-Metal-Legende TIAMAT begann problematisch: ursprünglich waren auch die Bands Novembre und Scream Silence mit im Boot, es kam aber zu irgendwelchen organisatorischen Schwierigkeiten, so dass nun The 69 Eyes und Ava Inferi die Schweden auf ihrer Tour durch 19 Städte begleiten. Hamburg ist die erste Station.


Den Anfang machte die den meisten bis dato wohl eher unbekannte, vor drei Jahren vom ehemaligen MAYHEM-Gitarristen Rune„Blasphemer“ Eriksen in Portugal gegründete Band Ava Inferi. Doch mit starker Stimme schien die Portugiesin Carmen Simões Rituale zu beschwören und lockte das Publikum vor die Bühne. Es war wirklich beeindruckend, was an Einfallsreichtum von der sonst eher ruhig in dicken Nebelwolken versinkenden Band geboten wurde. Doch die Aufgabe als Opener war undankbar, denn die meisten Besucher hatte es wegen der nachfolgenden Band hergezogen, und das war nun mal ein ganz anderes Publikum, dem die raffinierten, portugiesisch-norwegischen Kompositionen nicht so lag. Die waren gekommen wegen der Rock `n´Roll-Show von THE 69 EYES aus Helsinki.


Nach kurzer Umbauphase gaben die im üblichen Post-80er-Lederlook auftretenden The 69 Eyes gleich Vollgas und plötzlich war die Halle voll. Frontmann Jyrki 69 präsentierte seine Mischung aus abgerissenem Andrew Eldrich und Finster-Elvis, und Jussi 69 an den Drums schien sich in einer frenetischen Dauerekstase zu verlieren. Auf der Bühne kam tüchtig Bewegung auf, natürlich mit allen Hits wie „Brandon Lee“, „Gothic Girl“ oder „Dance d´Amour“. Das Publikum kriegte, wonach es verlangte: eine Stunde Glamour-Action-Show. „We are the Helsinki-Vampires!“ betonte Jyrki 69 mehrere Male. Dann wurde es wieder ruhiger.


TIAMAT kam auf die Bühne, die schwedische Band des nach Griechenland umgezogenen Johan Edlund, und eröffnete mit einem Song aus ihrer neuen Platte „Amanethes“. Doch seltsam: das Publikum war deutlich geschrumpft und hatte sich auch verändert. Verschwunden waren die Gothic-Teenies und die Jungs mit Eyeliner. Johan Edlund selbst erschien in schlichten Strassenklamotten, kein Latex oder Körperbemalung, wie es früher schon vorkam. Nur auf seiner Brust blinkte das umgekehrte Kreuz, ebenso befand sich das Zeichen seines dem Satan zugekehrten Glaubens in Form einer riesigen, aufflammenden Scheinwerfer-Kreuz-Konstruktion hinten in der Bühne. Tiamat tat sich schwer nach der zwar oberflächlichen, aber brachialen Bühnenshow der 69 Eyes. Johan beschwörte, versenkte sich zwischen losbrechendem Metall immer wieder in ruhige, melancholische Klänge. Doch das schien einigen nicht genug zu sein, die wohl gern Stücke aus dem erfolgreichsten Album „Wildhoney“ gehört hätten, aus dem erst ganz zum Schluß eine Zugabe in Form von „Gaia“ erfolgte. Für mich war das ein gelungenes Konzert, schnörkellos, ehrlich, ohne große Effekte oder Gesten. Am Ende gelang es Johan, die Fans auf seine Seite zu ziehen, die nach seinen Händen griffen, und er gab sich als Gegenteil einer dunklen, unnahbaren, gotischen Ikone. (AT)

KRAKAU, Studio, 14.2.2009:
Das schöne und spannende Krakau grüßte mit jeder Menge Schnee. Aber die Konzerte waren alles andere als eisig, sondern gingen heiß ab. Spannend: für mich insbesondere deswegen, dieselben Bands an einem anderen Ort zu erleben – eine andere Stadt in einem anderen Land, vier Tage nach dem Hellhounds Fest in Hamburg und nachdem die Bands schon die Stationen Berlin, Leipzig und Warschau hinter sich hatten. War es anders als in Hamburg? Oh, ja, es war sehr anders!


Zunächst mal wurde der Abend von einer weiteren Band eröffnet: StrommoussHeld aus Polen. Diesen Bandnamen kann man sich nicht auf Anhieb merken, und Maels Strommö, der Sänger und Gitarrist, erklärte mir, der Name würde ein Geheimnis in sich bergen so wie die Musik: nicht einfach und offen und leicht, sondern eher etwas zum erforschen. Obwohl die Gruppe für die meisten unbekannt war, wurde sie von Anfang an herzlich vom Publikum begrüßt. Sie starteten auf die Minute (nicht wie in Hamburg mit einer Stunde Verzögerung). Es war ein Comeback der Band, nachdem sie vor fünf Jahren einen gloriosen Start hatten mit zwei CD-Produktionen, einer Menge Konzerte (u.a. auf Tour mit Samael) und viel Aufmerksamkeit in der Presse. Dieses Jahr soll ein neues Album veröffentlicht werden. Die Presse nennt die Musik “Dark Industrial Metal“. Was immer das sein soll – der Sound ist schwer und stark, unterstützt von zwei Elektronikern an Computer-Terminals auf der Bühne. StrommoussHeld nutzt die Chance, mit zwei Konzerten in Warschau und Krakau bei dieser Tournee mit dabei zu sein. Die Musik ist nicht leicht verdaulich, aber der Live-Auftritt rockt und geht gut ab. Ich bin gespannt auf die neue CD.


Danach war wieder die portugiesisch-norwegische Band Ava Inferi am Start – mit erheblich weniger Nebelräucherwerk als in Hamburg, so dass man diesmal auch den übrigen Teil der Band wahrnehmen konnte, nicht nur die Sängerin Carmen Simões. Also keine Chance für Gitarrist und Bandgründer Rune Eriksen, sich bescheiden im Hintergrund zu verstecken. Anders als in Hamburg, wo die meisten Besucher skeptisch den Auftritt dieser neuen Gruppe abwarteten, wurde sie hier vom Publikum gleich warm empfangen. Von Song zu Song steigerte sich die Begeisterung, und Carmen tanzte und warf Kusshände in die Menge. Könnte bei so freundlicher Aufnahme sein, dass dies in Zukunft nicht das letzte Konzert der Band in Polen bleibt…


Und dann The 69 Eyes – wie in Hamburg war die Halle plötzlich voll. An der Bühne ging es richtig zur Sache: die Girlies schrien und attackierten die Securities, die Fotografen mussten den Graben vor der Bühne verlassen. Das gefiel den 69 Eyes und sie boten wieder ihren Rock `n´goth-Zirkus mit ihrem verrückten Drummer und denselben Stücken wie in Hamburg. Also, selbst wenn man nicht so auf diese Musik stehen sollte – als Live-Act sind diese Jungs schon sehr spaßig. Jeder von ihnen spielt eine spezielle Rolle mit individuellem Charakter in diesem Theater, und die Show ist cool.


Nun, zum Schluss, der Headliner: Tiamat .
Und hier kommen wir zum größten Unterschied zu Hamburg – jetzt sah die Halle richtig ausverkauft aus. Laute Chöre brüllten „Tiamat, Tiamat!“ noch in der Umbauphase der Bühne. Die Schweinwerfer-Kreuz-Konstruktion wurde wieder aufgestellt. Und als Tiamat auftraten, brach das Publikum in tosenden Jubel aus. Purer Enthusiasmus, ein echtes Highlight. Hitze. Ich sprach nach dem Konzert kurz mit Johan Edlund, der bestätigte: „Ja, es war sehr schwierig in Hamburg, aber die Fans hier in Krakau und ebenso in Warschau sind wunderbar.“ Es ist ja klar, dass es für eine Band bei so einem Publikum auch viel mehr Spaß macht. Das wurde von Tiamat durch ein intensives, tolles Konzert mit viel Emotionalität beantwortet. Auf dieser Tour spielt übrigens der neue Gitarrist Johan Niemann, nachdem sich Thomas Wyreson Ende letzten Jahres aus familiären Gründen von Tiamat verabschiedet hatte. Aber danach war nicht viel Zeit: schnell zurück in den Nightliner und weiter zum nächsten Gig nach Prag. (AT)

PRATTELN, Z 7, 21.02.2009
Dank Grippe ging das alte Jahr genau so langweilig zu Ende wie das neue anfing. Doch wieder genesen, kann ich meine einzige Sucht, die nach Live Musik und noch mehr Musik und überhaupt nur Musik, endlich wieder stillen. Klar wird da auch die CD Sammlung – natürlich nur Original Scheiben und nicht diese selbst gebrannten, herunter geladenen Scheissdinger – immer größer. Lieber verzichte ich auf sonst irgendwas und kaufe ein paar neue Tonträger. Also ihr da draußen, falls ihr noch immer keine guten Vorsätze fürs Neue Jahr habt: unterstützt eure Bands und fangt wieder an, wie wild ihre CDs zu kaufen! So, aber nun zum Gig..


STONEMAN
sind eine der hoffnungsvollsten Schweizer Bands in dieser Szene, die kurzfristig eingesprungen wieder mal im Z7 auf den Brettern stehen. Ihre Show ist wie immer abgefahren, und mit Songs wie „Devil in a Gucci Dress“ und dem sehr an Rammstein anlehnenden „Wer ficken will muss freundlich sein“ heizen sie dem Publikum so richtig ein. Und Sänger Mikki lässt mit seinem Lächeln und seinen heißen Bewegungen so manches Girly extrem schwitzen. Wieder mal schafft es die Truppe, mit ihrem Sound und dem Gesang die Meute mit zu reißen und so richtig warm zu machen.

AVA INFERI
Die aus Portugal stammende Band mit Sängerin, ist das absolute Gegenteil von Stoneman. verheißungsvoll mit Power und Tempo fängt der Sound an um dann zu langsamer Schlaf-Musik zu mutieren, was wohl am Gesang liegt, der von Opern mäßigen hohen Tönen ab und zu in tiefere Lagen fällt und die Sängerin das anscheinend nur in einem gewissen langweiligen Tempo kann. So tönt leider alles ungefähr gleich und die Stimmung in der Halle fällt rapide in den Keller. Ohne die paar enthusiastischen Fans der Band wäre der Auftritt für sie nicht gerade toll geworden.


THE 69 EYES
Endlich sind sie da, die finnischen Sexgötter! Was diese Männer leisten, hat vollen Respekt verdient. Unermüdlich und mit knisternder Erotik schmettern sie einen Hit nach dem anderen in die Menge und ihre Professionalität löst in unserem Gehörgang einen Orgasmus aus. Ha, bei einigen Mädels wohl auch die Sexy Bewegungen von Sänger Jyrki, aber nicht im Gehörgang. Es ist schon unglaublich, mit was für einem Charisma dieser Kerl sogar kleine Mädchen, deren Väter wohl nicht viel älter oder gleich alt wie er sind, zum Sabbern bringt. Geile Musik, geiler Gesang, geile Show einfach hammergeil. Nur die Soundeinstellung lässt zu wünschen übrig.


TIAMAT
Lang ist´s her seid die Schweden hier wahren, umso erfreulicher ist es sie endlich wieder zu sehn. Denn diese Band ist etwas ganz Spezielles, Außergewöhnliches, so wie ihr Sound, den sie perfekt in unser Gehirn hämmern. Und dann ist da noch einer, Johan Edlund, der nicht von dieser Welt sein kann, denn seine Stimme hat etwas Mystisches, ebenso wie seine Ausstrahlung. Auch wenn er heute mit Jeans, T-Shirt, Wollkäppi bekleidet ist und die Schminke eher aussieht wie der nette Kumpel von nebenan, der sich zum ersten Mal aus dem Schminkkästchen seiner Schwester bedient hat, nimmt das nichts von seinem Charme. Auch er verdient für seine Arbeit Respekt und Anerkennung. Den bekommt er heute Abend auch von all den vielen Fans, die mit Leib und Seele dabei sind. (SM)

text & photos: Andreas Torneberg, Sandy Mahrer
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Contributors

Sandy Mahrer

Fresh Act Redakteurin, Reportagen, Reviews, Fotos - - - Favorisierte Musikrichtungen? - Hard Rock, Heavy Metal und Pop-Rock, etc. Weniger Death, Black, Grind Core

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