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Black Light Discipline: Unergründliche Gezeiten

Ein weiterer Vertreter jener Richtung, die im weitesten Sinn als „Gothic“ bezeichnet werden kann, erregte unlängst STALKERs Aufmerksamkeit – die Finnen Black Light Discipline, mit ihrer CD „Empire“ und mit einem coolen Club-Gig. Sie selbst bezeichnen ihren Sound als „eine Art Renaissance des Elektro-Metal, wenn man es so sagen kann.“ Jedoch – typisch finnisch? – sind da auch nicht viel mehr Wortspenden über die Band zu finden, nicht mal auf der eigenen Homepage. Was liegt also näher als zu versuchen, den BLD Mitgliedern ein paar Worte mehr zu entlocken – und tatsächlich, Janne (synths) und Antti (guitars) stellten sich der Herausforderung eines Interviews…

Wenn es einen Wettbewerb für die kürzeste Band-Biographie gäbe, wärt ihr mit dabei 😀 Könnt ihr vielleicht etwas mehr über BLD erzählen, wie alles anfing?
Janne:Je kürzer desto besser… heh… Es fing vor drei Jahren an, als Toni, Veikka und Antti eingeladen wurden, in einer Band zu spielen, die aber nicht länger als 4,5 Proben lang bestand. Ich begann nebenbei an einem electro-industrial Song zu arbeiten und fragte Toni, ob er da Gesangslinien dazu ausprobieren wollte, da ich von Tonis Stimme sehr beeindruckt war. Ich und Toni steigerten uns da richtig rein mit dem Song („Your World Is Falling“), und bald fanden wir heraus, dass uns diese Art von Musik viel mehr interessierte.
Ich fragte Veikka und Antti, ob sie diesem Projekt beitreten wollen, da das ursprüngliche Projekt scheinbar ohnehin nicht weiterkam (der Songwriter übersiedelte nach Australien). Innerhalb eines halben Jahres hatten wir unseren ersten Gig und nahmen unsere erste EP „Same Story – Different People“ auf. Unser Bassist Iiro kam etwa einen Monat vor dem ersten Gig zur Band.

Die BLD Mitglieder – soviel ich in Erfahrung bringen konnte – haben unterschiedliche musikalische Wurzeln und in anderen Bands gespielt – welchen? Und seid ihr alle noch immer in anderen Projekten aktiv?
Janne: Ich und Veikka spielten gemeinsam in der Metal-Gothic Band Ancient Drive, die es schon lange nicht mehr gibt. Toni hat einige andere Bandprojekte, „The Closed“ und „New Dawn Foundation“, alle beide noch aktiv.
Ich bin nicht sicher, wie viele Bandprojekte Iiro hat, aber ich würde sagen, ungefähr fünf, und ich glaube alle in dem Metal-Rock-Gothic Genre.
Antti hatte vorher andere Bands und ist derzeit in einer Rock-Elektro Band namens Glenncoe aktiv.

Wenn du ein Tourist-Guide wärst, wie würdest du deine Heimatstadt beschreiben?
Janne: Netter Ort im Sommer, also würde ich raten, Kuopio zu besuchen, wenn es warm und sonnig ist.

Wie sieht die (Musik/Metal/Goth) Szene in Kuopio aus?
Janne: Eigentlich ganz gut, denn Kuopio ist keine grosse Stadt, aber trotzdem kommen viele Bands aus Kuopio, die sich schon zumindest in Finnland einen Namen gemacht haben: Turmion Kätilöt, Deathchain, Tarot, Verjnuarmu ..um einige zu erwähnen.
Antti: Die Stadt ist überraschend aktiv, wenn es darum geht, Rock und Metalbands hervorzubringen, die es in der finnischen Szene weit bringen. Jedes Jahr kommt was Neues.

Wie war der Gig mit Mortiis (Ende März, in Oulu)?
Janne: Der Gig selbst lief gut, obwohl nicht so viele Leute da waren. Wir trafen die Mitglieder von Mortiis nach unserer Show und hatten gemeinsam ein paar Drinks, echt nette Jungs.

Mit welchen Bands würdet ihr gerne gemeinsam auftreten / auf Tour gehen?
Janne: Wir würden gerne mit jenen Bands spielen, wo die Mitglieder mit beiden Beinen fest am Boden stehen und mit denen man gut auskommen kann. Auch mit einigen Bands wegen ihrer Musik, wie etwa Samael, Nine Inch Nails, Pain, Mortiis, Proteus, Turmion Kätilöt (mit den beiden letzteren sind wir schon auf Tour gewesen)..

In meiner Review hab ich als Vergleich Die Krupps in ihrer Metal-Phase herangezogen, wärt ihr damit einverstanden?
Janne: Ich glaube, dass das ein guter Vergleich ist. Vielleicht sind Die Krupps nicht so melodiös wie wir.
Eine Band, mit der wir oft verglichen werden, ist Pain. Ich würde sagen, dass Bands wie Rammstein, Nine Inch Nails, Pain, Marilyn Manson, David Bowie, Ulver, Die Krupps etc am meisten Einfluss auf unser Songwriting hatten.

Ihr tretet nicht so oft auf – warum eigentlich? Wegen euren Jobs, oder wegen anderen Bandprojekten?
Janne: Ich glaube, der Grund ist, dass wir in Finnland noch nicht wirklich bekannt sind und es daher schwierig ist, Gigs zu kriegen. Jedoch scheint es langsam vorwärts zu gehen, und es gibt Interesse von Organisatoren. Ein weiterer Grund ist, dass wir nicht so aktiv sind, was Gigs verkaufen betrifft.

Was macht ihr neben der Band (arbeiten, studieren)?
Janne: Wir alle haben Jobs, ausser Iiro, er studiert.

Black Light Discipline - Tides

Was ist euer Plan B, falls es mit der Musikerkarriere nichts wird?
Janne: Eigentlich ist die Musik der Plan B. Wir haben uns nie vorstellen können, das als Vollzeit-Job zu machen, aber ich schätze, davon träumen wir!
Antti: Ich glaube, es war irgendwie einfacher, mit den langsamen Fortschritten umzugehen, da wir alle andere Pläne für die Zukunft hatten, noch ehe es diese Band gab.

Was genau ist Osasto-A, da es mehr als nur ein Label zu sein scheint?
Janne: Hauptsächlich ein Label, und BLD war die erste Band, die gesignt wurde. Nun haben sie mehr Bands gefunden, und die Sache wird langsam aber sicher grösser.
Osasto-A ist eine Firma, die alles bietet, was mit Musik zu tun hat, wie Studioservices, Komponieren etc.

Wie habt ihr MC Raaka Pee als Produzenten gekriegt?
Janne: MC Raaka P ist der Besitzer von Osasto-A und unser Freund. Wir hatten einige Gigs mit Turmion Kätilöt gespielt und da kam uns die Idee, die nächste EP „Humanography“ in MC Raaka P´s Studio aufzunehmen. Wir fragten, ob er aufnehmen und mixen könnte.
Die Zusammenarbeit klappte so gut, dass er wohl unser Potential erkannte und uns bei Osasto-A unter Vertrag nahm.
Wir finden, dass das zu diesem Zeitpunkt auch der beste Deal war, den wir uns vorstellen konnten, denn wir können nun mit unseren Freunden zusammenarbeiten, ohne diese Bürokratie der grossen Labels dazwischen. Wir haben dieses Album gemeinsam produziert und keiner hat uns dazwischengefunkt, wie es klingen soll, was wir machen sollten – meiner Meinung nach die beste Art, im Studio zu arbeiten.

Wie gefiel euch die Show vor einigen Wochen beim Torture Torstai im Kuudes Linja Club in Helsinki? Tanzen die Leute üblicherweise bei euren Gigs?
Janne: Naja, sagen wir mal, dass es nicht einer unserer besten Gigs war! Ich glaube, dass es daran lag, dass es an einem Donnerstag stattfand, und am Alkohollevel im Blut. Üblicherweise tanzen die Leute oder Headbangen. Ich mag es, dass unsere Musik unterschiedlich empfunden werden kann.

Euer Video „Tides“ (= Gezeiten), wer hat den gedreht, und wessen Idee war es, wie lange dauerte das Drehen und – äh, war euch auf dem Schiff wirklich speiübel?
Janne: Das Ganze wurde vom finnischen Regisseur Jesse Jokela und seiner Crew gemacht, der Dreh dauerte drei lange und kalte Tage lang, in Helsinki. Wir sind alle sehr froh über das Ergebnis, und der Videocrew ausgesprochen dankbar, die viel mehr dabei geleistet hat als wir! Wir hatten so viel tolles Catering mit ungefähr 10 verschiedenen Kuchensorten etc, da kann es schon passieren, dass einem nach so viel Futtern schlecht wird!

Warum habt ihr euch diesen Track ausgesucht? Meiner Meinung nach geht ja „Tides“ nicht so leicht ins Ohr wie etwa der CD Opener „For All You Heavy-Hearted“…
Janne: Wir wählten „Tides“, denn für uns kombiniert dieser Track den Metal und den Dance-Floor-Stil wirklich gut. Wir glauben, dass dieser Song den meisten Leuten wirklich gut ins Ohr geht. Klar, viele Metaller haben damit sicher ein Problem.. aber du kannst nicht alles allen recht machen. Also war „Tides“ für uns zu diesem Zeitpunkt die beste Wahl.

Obwohl dieses „Tides“ Video oft im finnischen TV läuft, scheint es dennoch noch nicht so viel Rummel um die Band zu geben. Und ihr erwähnt da nur wenige Reviews auf eurer Homepage… wieso?
Janne: Wir sind einfach noch nicht wirklich bekannt, auch nicht in Finnland. Vielleicht sind wir auch ein bisschen faul, was Promotion betrifft! Ich glaube, wir sind zu sehr in Versuchung, uns einfach nur aufs Musikmachen zu konzentrieren, wenn wir uns eigentlich etwas professioneller mit Promotion befassen sollten.
Antti: Ja, das ist wahrscheinlich die negative Seite, wenn du die Band nur als sekundäre Einkommensquelle siehst. Du hast einfach nicht so das dringende Bedürfnis, viel Energie in Promotion und sagen wir mal die „langweiligeren“ Aspekte der Musik zu stecken. Du kannst dich einfach zurücklehnen und Musik machen und spielen geniessen.

Wie sieht es generell in Finnland für – sagen wir mal im weitesten Sinn „Gothic“ Musik aus? (Für mich ist die im Vergleich zu Deutschland echt klein und geht eher in Richtung Techno & japanischen Manga-Stil, bei den Outfits)).
Janne: Ja, so sehen wir das auch. Die Szene für diese Art von Musik ist wirklich klein.

Apropos Outfit – wie kamt ihr auf die Idee mit den eher „normalen“ Klamotten, aber dazu dieses dramatische Make-Up?
Janne: Das hat sich im Laufe der Bandgeschichte so entwickelt. Bei einigen der ersten Shows hatten wir schwarzes Latex in unsere Bühnenkleidung integriert. Und als wir später die Live-Fotos sahen, fiel uns auf, dass wir eher wie eine Black Metal Band aussahen und beschlossen daher, uns da etwas anderes einfallen zu lassen. Das Make-Up war irgendwie immer mit dabei. Wir versuchen, andere Sachen auszuprobieren und nicht bei jedem Gig gleich auszusehen.

Wie ich dem Booklet entnehme, sind 3 Leute bei den Texten involviert (Janne, Antti, Toni), also wie schreibt ihr die?
Janne: Für mich ist es einfacher, Texte zu schreiben, wenn mir etwas interessantes passiert ist. Ich mag es, gefühlsbetonte Texte zu schreiben, aus dem Augenblick heraus.
Antti: Für mich ist es auch wichtig, dass ich am Thema Interesse habe, aber ich mag Texte, die mehr als nur eine Bedeutung haben. Um dem Leser etwas mehr Freiheit zu geben, die Texte selbst zu interpretieren.

Die Texte – gibt es da ein bestimmtes Konzept, oder sind es sowas wie Kommentare zu dem, was rund um euch passiert, in den Nachrichten etc.?
Janne: Ja, es geht da hauptsächlich um Dinge, die um uns passieren und die Leute in unserem Umkreis.

Nun, meist such ich mir Bands für Interviews aus, die mir echt gefallen, und in letzter Zeit waren das die Finnen Before The Dawn, Black Sun Aeon, Beyond the Dream, und nun Black Light Discipline … äääh… fällt euch da auch was auf? Euer Kommentar dazu?
Antti: Nunja, vielleicht haben finnische Musiker das Bedürfnis, mit schwierigen und langen Bandnamen anzurücken, die mit einem B anfangen.

Apropos Bandname – irgendwie weigert sich mein Gehirn, euren zu speichern, habt ihr Tips, wie ich mir „Black Light Discipline“ leichter merken könnte?
Janne:Der Name beruht auf der Lichtsituation in unserem Proberaum. Wir mögen es, ein venig vage zu bleiben und den Leuten selbst die Interpretation zu überlassen.
Wir vertrauen felsenfest auf die menschliche Natur und den Intellekt, und wir glauben, dass jeder die Fähigkeit hat, drei aufeinanderfolgende Worte lernen zu können!

Welche ist eigentlich die peinlichste Platte / CD in eurer Sammlung, und auf welches Stück seid ihr am meisten stolz?
Janne: Vielleicht löst bei mir dieses Teil gleich beide Gefühle aus – das Demo meiner ersten Band „Ancient Drive – Romantic Funeral“..haha!
Antti: Ich besitze noch immer meine erste LP (und allgemein erstes Album), und das ist Still Loving You von den Scorpions! Das ist schon was, denke ich.

Auf welchen eurer eigenen Songs seid ihr am meisten stolz?
Janne: Ich würd sagen „For all you heavy-hearted“. Das ist der aktuellste Song auf der Empire CD und ich mag, wie heavy der abgeht.
Antti: Schwer zu sagen… vielleicht Same story – different people, das ist einer meiner Favoriten. Es hat ein bisschen was von Punk und viel Energie.

Was ist in naher Zukunft geplant?
Janne: Mehr Gigs spielen *) und es zu schaffen, dass unsere Musik etwas mehr Verbreitung findet. Wir haben auch vor, neues Material aufzunehmen. Wir werden wohl schon im kommenden Jahr ein neues Album aufnehmen.

Letzte Worte oder Kommentare?
Janne: Spread out the good word, thanks!
Antti: Kiitoksia!

Klaudia Weber

Rücksichts- und gnadenlose Diktatorin, kniet vor mir! Anders gesagt: Chefredakteurin, Übersetzerin, Webseiten- und Anzeigenverwaltung, also "Mädchen für alles" - - - Schwerstens abhängig von Büchern (so ziemlich alles zwischen Herr der Ringe und Quantenphysik) und Musik, besonders von Metal finnischer Prägung. Weiters Malen, Zeichnen, Film, Theater... also könnt ihr mit einer vielseitigen Website rechnen. Mag.phil., zwei in 5 Jahren parallel abgeschlossene Vollstudien (English & American studies, Medienkommunikation) und stolz darauf, denn als Mädel aus einer Arbeiterfamilie in einem erzkonservativ-katholischen Land ging das nur dank Stipendium und etwas später im Leben als andere....