ArchivFestivals / EventsLive

Ankkarock 2007

4.-5.8.2007, Korso, Vantaa, Finnland

Unweit von Helsinki locken die Entchen (Ankka) schon seit einigen Sommern wahre Menschenmassen an. Ankkarock besticht durch angenehme Größe, eine tolle Location im Park – also idyllisch, mit Teichen und dem namensgebenden Geflügel. Zwar lassen sich bei drei Bühnen Programmüberschneidungen kaum vermeiden, jedoch durch die bunte Mischung – Metal, Punk, Alternative, finnische und internationale Bands – bist du kaum mal gezwungen, schnell ne Münze werfen zu müssen, und für ist jeden was dabei. Theoretisch, da alle Bands mindestens eine Stunde spielen, könntest du dir sogar alle ansehen. Praktisch kann es bei 14.000 Besuchern am ersten und 17.000 am zweiten Tag schon länger dauern, sich durch all die Leute durch die engen und steilen Waldpfade durchzuschlängeln…

Ankkarock war gut organisiert und bestach durch stets geschmackvoll gekleidete Moderatoren… hüstel… jedoch sei Ortsunkundigen abgeraten, ohne Festivalplan anzurücken, denn schon der Weg zur Akkreditierung glich einer Expedition… Unbedingt auch was gegen Stechmücken einpacken – ganz schön lästig, die Biester. Bei der Hitze dieses Jahr wurde „muista juoda – vergiss nicht zu trinken!“ der Leitspruch des Festivals, was offensichtlich nicht alle Besucher auf WASSER bezogen hatten.

Interaktive Galerie / Flickr Link

ankkarock 025 Kopie

Samstag, 4. 8. 2007

Am ersten Tag dominierten finnische KünstlerInnen (Kotiteollisuus, Maija Vilkkumaa, Zen Cafe, Ismo Alanko), wobei die Gewinner des Ankanpoika (Entenküken) Bandwettbewerbs das Festival eröffneten. Dominant auch die kurzfristigen Absagen, u. a. von Poisonblack. Für die Russen Leningrad sprangen ihre Landsleute, die Rockabillies von Spitfire, ein.

Ankanpoikarock-Gewinner
Die School of Rock auf Finnisch! Ein paar Kids, die wahrscheinlich ohne Hilfe von Gene Simmons oder Jack Black ihre Instrumente gelernt haben, versuchten ihr rockendes Glück auf der größten Bühne des Festivals vor schon einem erstaunlich großen Publikum, größtenteils wohl Eltern, Mitschülern und Freunde. Gespielt wurden Coverversionen von Rockklassikern von Metallica über Alice Cooper bis hin zu Three Doors Down. Mutig, mutig! (KG)

I Walk The Poisonblack
Enttäuscht und mit Tränen in den Augen wurde die Nachricht aufgenommen, dass Ville Laihiala und seine Mannen krankheitsbedingt, was auch immer das in diesem Falle heißen mag, nicht auftreten können. Da hatte man sich wohl mal wieder ganz umsonst zu früh aus dem Bett gequält… Dafür sprangen dann aber ganz kurzfristig, die Retrorocker von I Walk The Line mit einem verkürzten Set ein. Die Musik war ganz nett und vor allem durch den Orgelsound geprägt. Viele Fans blieben dann doch bei der Band hängen, es gab ja sonst auch noch nicht so viel anderes auf dem Gelände als Alternative. (KG)

Von Hertzen Brothers
Bei den Brothers handelt es sich wirklich um drei Brüder, und zwar Mikko, Kie und Jonne von Hertzen. Mit ihren melancholischen, eingängigen Rocksongs bringen die Jungs regelmässig diverse Her(t)zen zum Schmelzen. Musik für die romantischen Momente im Leben. (KG)

Hanoi Rocks
Glam war noch nie so mein Fall, aber diese Veteranen des Genres haben nach wie vor noch live jede Menge drauf, von der sich manche junge Band ne Scheibe abschneiden kann. In Finnland scheint die Band nach Veröffentlichung des Albums „Another Hostile Takeover“ bzw. der neuen Single „Fashion“ auch wieder so etwas wie Superstar-Status zu haben. Der Spass auf der Bühne ist bei Hanoi Rocks nicht nur auf schrille Klamotten beschränkt, Michael Monroe zeigte sich stimmlich und konditional top und hüpfte in den Bühnengraben, der Bühnenaufbau hielt wieder für eine Klettereinlage her, sogar mehrmals, spielt auch schnell mal Saxophon – wahrlich ein Vollblut-Showman. Auch als Nicht-Hanoi Rocks-Fan bist du da beeindruckt. Als Zugabe wurde noch die klasse Coverversion des CCR Klassikers „Travelin´ Band“ geboten. (KW)

The Sounds
80er Synth-Sounds mit The Sounds! Auch klamotten- und frisurentechnisch sind die Schweden irgendwie im schrecklichsten aller Jahrzehnte stecken geblieben, wer trägt heute noch Lederpatchwork-Oberteile in Sackform? Der Auftritt war vor allem durch die grandiose Beinarbeit von Sängerin Maja Ivarsson geprägt. Die kesse Blondine zog in ihren Shorts alle Aufmerksamkeit auf sich und riss damit nicht nur die männliche Fanwelt in ihren Bann. Setopener war dann auch gleich ihr größter Hit “Living In America”, aber auch Songs wie “Painted By Numbers” wurden fesch vorgetragen. Gute Show und das obwohl die Instrumente laut Ivarsson erst 40 Minuten vor dem Gig aufgetaucht waren. (KG)

Apulanta, das Vorbild des diesjährigen Ankkarock-Postermotivs, wären sicher nen Besuch wert gewesen, da sich das Trio von rüden Punks zu musikalisch hochwertigen, aber immer noch harten Rockern entwickelt hatte und in ihrer Heimat sowas wie Superstar-Status hat – zu Recht. Jedoch ging diesmal der nahezu zeitgleich stattfindende The Gathering Gig, der letzte mit Anneke eindeutig vor… irgendwie hatte ich den Eindruck, dass nicht nur im Publikum, sondern auch auf der Bühne so mancher ne Träne im Augenwinkel hatte. Und zugegeben, mir sass auch kurz mal ein Kloß im Hals, diese gefühlvollen Songs, Annekes Ausnahmeorgan, die leidenschaftliche Darbietung, die Lichteffekte – und das zum letzten Mal???!!!??? Für euch hab ich extra viele Gathering-Fotos in die Ankkarock-Galerie gestellt. (KW)

The Gathering
Traurig, traurig, aber wahr, Anneke ist nicht mehr da! Ausgerechnet auf dem Ankkarock gab sie ihr letztes Konzert mit der Band. Die Bedingungen waren allerdings super, viele Fans waren von überall her erschienen, die Sonne lächelte und Anneke lächelte zurück. Sie schien immer noch sehr viel Spaß auf der Bühne, mit der Band zu haben, aber das Privatleben geht natürlich vor. Von fast allen Alben wurden Songs gespielt u.a. “Travel”, “Eleanor”, “Saturnine”, “Monsters”. Vor dem Encore gab’s dann noch ein paar Dankesworte an die Band für 13 Jahre geniale Musik und natürlich auch an die Fans. Bei Annekes stetigem Lächeln auf den Lippen, kann man kaum glauben, dass sie sich ihre Zukunft ohne die Band vorstellen kann, ich kann mir The Gathering jedenfalls nicht ohne Anneke vorstellen und hoffe, dass es doch noch irgendwann, so wie bei sooo vielen anderen Bands auch, zu einer Reunion kommen wird. Bis dahin, The Gathering Platten auf Dauerplay…(KG)

Sonntag, 5. 8. 2007

Nachdem erneut die Nachwuchsrocker eröffneten, hatten zunächst die Finnen das Sagen: Damn Seagulls, Maj Karma , Disco Ensemble, Lapko und Poets Of The Fall bedienten eher das Pop-lastige Publikum. Jedoch wurde der zweite Tag eher durch internationale Stars charakterisiert. Zunächst mal heimische Acts internationalen Formats:

Amorphis
Wieder mal eine tolle Show von Tomi „Medusa“ Joutsen mit einer Best Of-Setlist, die Klassiker und neue Songs gut gemischt enthielt, u. a. The Smoke, den Titeltrack vom Tuonela-Album, Uralthits wie Against Widows, Black Winter Day. Die Fans können gespannt aufs neue Album sein, das in Kürze am Markt sein wird. „Silent Waters“ gab es ja schon mal beim Ankka als Vorgeschmack. Tomi bewies auch Humor, als er auf Zurufe „spielt Paranoid“ reagierte, jedoch gab es stattdessen gottlob doch „House Of Sleep“ als krönenden Abschluss. (KW)

The 69 Eyes
Die finnische Hitfabrik zeigte auf der Ankka-Hauptbühne, dass sie auch bei Sauna-Außentemperaturen und Tageslicht das Goth´n´Roll Feeling rüberbringt. Der Einstieg mit Framed in Blood war schon mal gelungen, und mit u. a. Never Say Die, Dance d´Amour, Devils The Chair, Rockers, Feel Berlin, Gothic Girl, Brandon Lee, Wings&Hearts hatten die „Helsinki-Vampire“ ohnehin so viele Asse im Ärmel, dass die Menge sie nur ungern wieder von der Bühne ließ und als Draufgaben noch Perfect Skin und Lost Boys rausholte. (KW)

Dir En Grey
Ein neuer Tag, eine andere japanische Band, die die Mädels zum Kreischen bringt. Diesmal: Dir En Grey. Früher mal etwas mehr dem Visual Kei zugewandt, haben die Jungs aus dem Land der aufgehenden Sonne, sich nun eher dem amerikanischen Trend untergeordnet und treten in Jeans und Shirt auf, Sänger Kyo auch ganz gern mal ohne Shirt – dafür aber mit ein paar “Kriegsverletzungen”, die wohl von diversen anderen, etwas intensiveren Auftritten der Band herrühren. Die Musik ist auch eher dem amerikanischen Metalcore zuzuordnen u.a. ist die Band ja auch schon mit den Deftones getourt und da passt man sich ja gern an, vor allem wenn’s um die Eroberung des amerikanischen Marktes geht. Und jetzt alle: Aaaaaaahhhhhhh! “Sukiyo!” (KG)

The Ark
Zwar hatte mich der Songcontest ja bereits vorgewarnt, trotzdem lösten bereits die ersten Songs der Schweden bei mir den Fluchtreflex aus. Da kann Sänger Ola Salo noch so lieb lächeln und neckisch die Hüften schwingen… für mich bleibt das belangloser Bubblegum-Rock, zwar gut zum Mitträllern, aber sonst… Nungut, es gab launige Ansagen, Kostümwechsel (alle plötzlich ganz in Weiß) und artistische Einlagen, aber mir geht diese Band völlig am Allerwertesten vorbei. (KW)

Millencolin
Good ol Pop-Punk ohne große Hintergedanken aus Finnlands Nachbarland und wie es sich für wohlerzogene Schweden gehört, haben die Jungs von Millencolin auch ein paar finnische Vokabeln auf Lager. Na gut es reicht grad so für “kiitos” und “Suomi”, aber das ist an diesem Abend schon genug, um die Leute in Stimmung zu bringen. Passt auch alles gut zusammen, die Sonne scheint, das Publikum wird von Zeit zu Zeit von den Securities mit Wasser bespritzt und dazu Gute-Laune-Mucke zum Auf- und Abhüpfen. Sogar ne Circle-Pit soll’s laut Gitarrist und Eminem-Lookalike Erik Ohlsson gegeben haben. Die Leute hatten ihren Spaß und die Band auch. (KG)

Sonata Arctica
Eigentlich hätte ich bei Sonata Arctica gar keine Fotos machen brauchen, denn Tony Kakko hatte fast die gleichen Klamotten an wie schon auf dem Ruisrock-Festival vor einem Monat (siehe Fotos dort), hoffentlich aber in der Zwischenzeit gewaschen! Die Setlist hingegen war aber definitiv eine andere, und so wurde mein derzeitiger peinlichster Lieblingssong “Paid in Full” schon als zweites gespielt, und ich konnte mich im Bühnengraben kaum zwischen Mitgrölen und Fotos machen entscheiden. Irgendwie ist es immer unterhaltsam und lustig, die Band anzuschauen und mit Songs wie “Victoria’s Secret”, “Full Moon”, “Black Sheep” und natürlich dem genialen “ Don’t Say A Word” plus dem dazugehörigen Pyro- und Feuereinsatz kann die Band auch nichts falsch machen. Pure fun! (KG)

Nine Inch Nails
hatten akustisch und visuell einen gewaltigen – und gewalttätigen Einstieg, wo Fotografen in Gefahr waren, von rumfliegenden Mikroständern getroffen zu werden … Hatte ich vorher noch gezweifelt, dass NIN kaum die Lichtshow ihres Gigs in der Jäähalli Helsinki überbieten könnten (siehe STALKER Konzertberichte), wurde ich doch eines Besseren belehrt. Obwohl es noch nicht stockdunkel war, sorgte eine Riesen-LED Wand, hinter der sich die Musiker gelegentlich verbargen, für atemberaubende Effekte. Es gab kaum Ansagen, 2/3 der Show waren bereits vorbei, als Trent Reznor endlich ein paar Worte ans Publikum richtete, von wegen, dass NIN dieses Jahr so oft in Finnland spielen (hm, zwei Mal), sich bei allen Fans bedankte und vorschlug, das neue Album „Year Zero“ einfach zu klauen…

Nach dem Einstieg The Beginning Of The End, March Of The Pigs, Closer (Wanna Fuck You Like An Animal) bot die Best-Of-Setlist wohl keine Wünsche offen: Head Like A Hole, Only oder Survivalism und Great Destroyer vom aktuellen Album – ein Wechselbad aus brutalen Riffgewittern und nahezu psychedelischen Synth-Einlagen, das niemanden im Gelände unberührt ließ. Nach der rituellen Equipment-Zertrümmerung gab es noch „Hurt“ – von Trent solo am Keyboard vorgetragen, wobei ein etwas zu pünktliches Feuerwerk fast störte… kurze Improvisation, der Song wurde nicht unterbrochen, sondern steigerte sich langsam, bis die letzten Leuchtraketen verpufften – es passte also doch, ein total emotionaler Abschluss der Show, wobei das Publikum lauthals mitsang. Ein Klasse Act, immer wieder wert anzusehen, auch wenn es „so oft“ in einem Jahr ist … (KW)

Text und Fotos: Kathleen Gransalke (KG), Klaudia Weber (KW)

 

Contributors

Kathleen Gransalke

Redakteurin für Reviews - Übersetzungen, Reportagen, Fotos - - - Favorisierte Musikrichtungen? - Punk, Rock, Death Metal, Mathcore - - - Favorisierte Bands? - Coheed & Cambria, Black Dahlia Murder, Dillinger Escape Plan, Mastodon

Schreibe einen Kommentar